Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Erweiterung der EU war richtig und bleibt richtig. Die entscheidende Frage ist, unter welchen Vorzeichen die EU weiter wächst. Setzen sich diejenigen durch, die in der EU lediglich ein Vehikel sehen, um die eigenen nationalen Interessen besser durchzusetzen, oder diejenigen, die Europa tatsächlich weiter zusammenführen und es dazu besser gestalten wollen?
Die europäische Integration ist im Kern eine fortschrittliche, eine linke Idee.
(Beifall bei der Linken)
Die Wirklichkeit sieht oft anders aus. Statt guter Nachbarschaft diktieren die großen den kleinen Staaten den Kurs. Statt humaner Aufnahme von Geflüchteten gibt es immer mehr Abschottung. Statt Kern einer Friedensordnung zu sein, setzt Europa immer mehr auf das Militärische. Statt mehr soziale Rechte wird den Interessen der Wirtschaft Vorrang eingeräumt.
Aber auch wenn das alles so ist, so heißt das doch gerade nicht, dass wir zu den alten Verhältnissen zurückkehren müssen. Soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz, Frieden – all das sind übergreifende Herausforderungen. Sie lassen sich nicht allein mit nationaler Politik bewältigen.
(Beifall bei der Linken)
Statt sie auszuhöhlen, gilt es, die europäische Idee voll zur Geltung zu bringen. Die Bundesregierung bleibt hier deutlich hinter dem zurück, was möglich und notwendig wäre. Die gemeinsame Währung wird bis heute nicht durch eine gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik unterfüttert. Dem Schutz von Unternehmen steht bis heute kein vergleichbarer europaweiter Schutz der Beschäftigten gegenüber. Selbst Verbesserungen im Detail kommen nicht bzw. erst spät zustande. Bei der Lieferkettenrichtlinie, beim Aus für Verbrennerautos oder bei den Abgasregeln für Lkw: Immer wieder steigt die Ampel auf die Bremse.
Es ist ein Irrglaube, zu meinen, weniger Europa würde die Skeptiker besänftigen und den antieuropäischen Populisten von Orbán bis Wagenknecht das Wasser abgraben.
(Beifall bei der Linken – Zuruf von der CDU/CSU)
Das Gegenteil ist der Fall: Weil Brüssel hinter dem zurückbleibt, was den Menschen nützen und was sie schützen würde, gewinnen die Antieuropäer an Zulauf. 20 Jahre Osterweiterung sind daher nicht nur ein Anlass zum Feiern; sie sind eine Verpflichtung, das halbvolle Glas weiter zu füllen.
(Beifall bei der Linken)
Eine Arbeitsschutzrichtlinie zum Schutz vor Stress und körperlicher Überlastung, eine europäische Erwerbslosenversicherung, eine soziale Fortschrittsklausel, um sozialen Grundrechten Vorrang gegenüber Unternehmensinteressen zu geben: Das und anderes mehr würde Europa in den Köpfen und Herzen der Menschen stärken.
(Beifall bei der Linken)
Und das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es, worauf es ankommt.
Vielen Dank.
(Beifall bei der Linken)