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Es gibt was zu verteilen!

Archiv Linksfraktion - Rede von Gesine Lötzsch,

Die große Koalition ist die Fortsetzung der rot-grünen Umverteilungspolitik mit den gleichen Mitteln und den gleichen Resultaten. Die finanzpolitischen Handlungsspielräume der Regierung sind unter anderem deshalb so eng, weil die alte wie die neue Regierung die Sozialsysteme mit ihren Reformen zerstört haben bzw. zerstören. Jetzt wundern sie sich, dass sie gigantische Beträge aus dem Bundeshaushalt in diese Systeme pumpen müssen. Ein wirkliches Desaster in diesem Zusammenhang ist die systematische Zerlegung von versicherungspflichtigen Arbeitsplätzen in Minijobs. Rede der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden und Haushaltspolitischen Sprecherin der Linksfraktion Dr. Gesine Lötzsch:

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jedes Jahr wird das Unwort des Jahres gekürt. Heute sollten wir die Lüge des Jahres küren. Sie lautet: Es gibt nichts mehr zu verteilen. Es gilt noch immer der Satz: Die Lüge muss nur groß genug sein, damit sie geglaubt wird. Die ehemalige rot-grüne Regierung hat zusammen mit CDU und CSU die größte Umverteilungsaktion in der Geschichte der Bundesrepublik eingeleitet. Mit der Mehrwertsteuererhöhung im Jahre 2007 ist der nächste Umverteilungscoup in Planung. (Beifall bei der LINKEN) Die große Steuerreform entlastet die Unternehmen und vor allem die Besserverdienenden um jährlich 52 Milliarden Euro. Jährlich werden 52 Milliarden Euro von unten nach oben verteilt. Das sind 52 Milliarden Euro, die nicht zur Verfügung stehen für neue Kindergärten, für modernere Schulen, für bessere Universitäten und neue Arbeitsplätze. Damit können wir uns nicht abfinden. (Beifall bei der LINKEN) Exfinanzminister Eichel sprach gern von einem Dreiklang von Strukturreformen, Haushaltskonsolidierung und Wachstumsimpulsen. Wie wir sehen, gibt es diesen Dreiklang nicht. Im Augenblick klingelt es nur in den Kassen von Herrn Ackermann und in den Kassen der Vorstände der DAX-Unternehmen. Das ist wirklich unanständig. (Beifall bei der LINKEN) Die Arbeitsmarktreformen von Herrn Hartz haben keine Arbeitsplätze geschaffen, die Verantwortlichen wurden von den Wählern abgewählt. Die Gesundheitsreform von Frau Schmidt führt nicht zu einer besseren Gesundheitsversorgung der Bürgerinnen und Bürger, sondern treibt die Ärzte auf die Straße und sogar außer Landes. (Beifall bei der LINKEN) Durch die Rentenkürzungen kommt es nicht zu mehr Sicherheit, sondern zur Enteignung der Aufbaugeneration und der Menschen, die heute noch fleißig in die Rentenkasse einzahlen. So viel zu den Strukturreformen. Sie gehen alle zulasten der Menschen in unserem Lande. (Beifall bei der LINKEN) Auch von einer Haushaltskonsolidierung sind wir meilenweit entfernt. Im Gegenteil es ist schon angesprochen worden , der Haushalt ist verfassungswidrig, weil die Regierung zu wenig investiert und den Staat durch die gewaltigen Steuergeschenke immer weiter in die Verschuldung treibt. Die alte und die neue Regierung haben bewiesen, dass sie mit dem Geld der Steuerzahler nicht ordentlich umgehen können und wollen. (Beifall bei der LINKEN Hartmut Koschyk (CDU/CSU): Aber Sie können das!) Selbstverständlich. Zum Dreiklang sollten auch Wachstumsimpulse gehören. Bei dieser niedrigen Investitionsrate ist von Wachstumsimpulsen aber nichts zu spüren. Meine Damen und Herren, sehr geehrte Gäste, (Eduard Oswald (CDU/CSU): Wir alle sind Parlamentarier und keine Gäste!) wir als Linke sagen ehrlich, dass auch wir für Umverteilung sind. Der Unterschied zu allen anderen Parteien besteht nur darin, dass wir die Richtung der Umverteilung um 180 Grad ändern wollen. Das ist nötig in diesem Land. (Beifall bei der LINKEN) Das nehmen uns die Politiker der anderen Parteien und ihre bestellten Professoren und Gutachter natürlich übel. Wir als Linke wollen ein Zukunftsinvestitionsprogramm, das diesen Namen wirklich verdient und durch das schon heute Arbeitsplätze geschaffen werden. Damit wirklich markante Wachstumsimpulse gesetzt werden können, wollen wir die Investitionsausgaben verdoppeln. Die Bundesregierung will lediglich 25 Milliarden Euro investieren. Das ist viel zu wenig. (Beifall bei der LINKEN) Wir wollen im gleichen Zeitraum ein Zukunftsprogramm Jugend und Innovation in Höhe von 50 Milliarden Euro auflegen. Das ist immer noch weniger als die jährliche Steuerentlastung von Unternehmen und Besserverdienenden. Ziehen Sie diesen Vergleich bitte selbst. (Beifall bei der LINKEN) Für die Zukunft unseres Landes wollen wir das ist nötig mehr Mittel für die Bildung, nämlich 2 Milliarden Euro, wir wollen Mittel für unentgeltliche Kindergärten und wir brauchen eine kommunale Investitionspauschale in Höhe von 1,5 Milliarden Euro, damit die Kommunen wieder handlungsfähig werden. Das sind unsere drei großen Ausgabeposten. (Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Jetzt gehen wir zu den Einnahmen!) Diese Investitionen werden in Zukunft mehr Rendite für die Menschen in diesem Land abwerfen als jede DAX-Aktie. Darauf können Sie heute schon Wetten abschließen. (Beifall bei der LINKEN) Die Linke will Hartz IV überwinden. Dazu haben wir Anträge eingebracht und Finanzierungsvorschläge auf den Tisch gelegt. Hartz IV ist eine Fehlkonstruktion. Dieses Gesetz führt zu Enteignung, Demotivation und zur Drangsalierung von Arbeitslosen, ohne dass neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Dem stellen wir uns entgegen. (Beifall bei der LINKEN) Den Haushaltsentwurf, der von Herrn Steinbrück vorgelegt und von dem abgewählten Herrn Eichel erarbeitet wurde, lehnen wir ab: (Carsten Schneider (Erfurt) (SPD): Überraschung!) Erstens. Durch diesen Haushalt werden keine ausreichenden Wachstumsimpulse gesetzt und es wird zu wenig Geld in die Zukunft investiert. Die Linke will die Investitionen verdoppeln. (Beifall bei der LINKEN) Zweitens. Die so genannten Arbeitsmarktreformen verschlingen sehr viel Geld, ohne dass durch sie neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Die Linke will Hartz IV überwinden und nicht durch schlechte Reformen verschlimmbessern. (Beifall bei der LINKEN) Drittens. Der Rüstungshaushalt ist der drittgrößte Ausgabeposten dieser Regierung. Das verkennt die Bedrohungslage. Arbeitsplätze in der Bundesrepublik Deutschland werden nicht durch die Taliban in Afghanistan, sondern durch eine falsche Wirtschafts- und Finanzpolitik gefährdet. Sie gehört geändert. (Beifall bei der LINKEN) Meine Damen und Herren, die finanzpolitischen Handlungsspielräume der Regierung sind unter anderem deshalb so eng, weil die alte wie die neue Regierung die Sozialsysteme mit ihren Reformen zerstört haben bzw. zerstören. Jetzt wundern sie sich, dass sie gigantische Beträge aus dem Bundeshaushalt in diese Systeme pumpen müssen. Ein wirkliches Desaster in diesem Zusammenhang ist die systematische Zerlegung von versicherungspflichtigen Arbeitsplätzen in Minijobs. (Beifall bei der LINKEN) Herr Steinbrück, Sie haben völlig zu Recht davon gesprochen, dass wir versicherungspflichtige Arbeitsplätze brauchen, aber Sie haben den Unternehmen das Tranchierbesteck doch selbst in die Hand gegeben, um hochwertige Arbeitsplätze in Mc-Jobs zu zerlegen. Das ist der wesentliche Grund für die riesigen Löcher in der Rentenkasse. (Beifall bei der LINKEN) Die große Koalition ist die Fortsetzung der rot-grünen Umverteilungspolitik mit den gleichen Mitteln und den gleichen Resultaten. (Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Jetzt aber! Dummes Zeug!) Abschließen möchte mit einem Zitat von Frau Merkel aus ihrer Haushaltsrede im Jahr 2005: Die Menschen in diesem Land sind auch ärmer geworden: ärmer an Hoffnung in eine Politik aus einem Guss durch diese Bundesregierung und das ist vielleicht das Bedrückendste ärmer an Vertrauen in die Gestaltungskraft der Politik insgesamt. Frau Merkel, seit Sie Kanzlerin sind, ist dieser Satz aktueller denn je. Vielen Dank. (Beifall bei der LINKEN)