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Eröffnung der Ausstellung „Für die Rechte der Frauen – 100 Jahre Internationaler Frauentag“,

Archiv Linksfraktion - Rede von Petra Pau,

Sehr geehrte Herren, liebe Frauen,
zur Eröffnung der Ausstellung „Für die Rechte der Frauen – 100 Jahre
Internationaler Frauentag“ begrüße ich sie herzlich im Deutschen Bundestag.
Es fällt mir nicht leicht über dieses Thema zu sprechen. Haben wir doch alle die
schrecklichen Bilder im Kopf, die wir seit Tagen aus Japan empfangen. Aber
niemandem, auch keiner Japanischen Frau wäre geholfen, würden wir diese
Ausstellung absagen. Gleichwohl sind unsere Gedanken bei ihnen.


Wir sind musikalisch eingestimmt worden. Dafür danke ich Frau Hülsmann. Sie
wird am Piano von Herrn Fry begleitet. Und sie werden es ahnen: Die
ausgewählten Titel passen zum Thema. Wir hörten gerade „Mein Herr“ aus dem
Musical „Cabaret“, es spielt in den 1930er Jahren. Ironisch oder direkt brechen auch die dann folgenden Songs mit alten, aber mitnichten völlig überwundenen Klischees über Frauen: „Das bisschen Haushalt“ von Johanna von Koczian aus dem Jahre 1977 und „Ich will alles“ von 1982, vielen sicher bekannt durch Gitte Haenning.

Genau betrachtet eröffnen wir nicht eine Ausstellung, sondern drei Ausstellungen in einer. Dahinter steckt ein Teamwork und ich bedanke mich bei allen beteiligten.
Wir bekommen so Einblicke in das Leben von Frauen im 19. Jahrhundert. Wir
können die Geschichte des Internationalen Frauentags nachvollziehen. Und wir
geraten ins Spannungsfeld zwischen dem, was die vier Mütter des Grundgesetzes gewollt haben, und dem, was der Alltag noch immer bereit hält.
Ich empfehle ihnen: Nehmen sie sich hinreichend Zeit für eine illustrierte Reise
durch eine widersprüchliche Geschichte. Es lohnt sich.

Nun könnte ich ihnen viele Ereignisse und Stationen aus der Frauenbewegung in
Erinnerung rufen. Ich möchte es aber bei wenigen Geschichten belassen, die mir
einfielen, als ich mir gestern die Ausstellung ansah.
Die erste Geschichte betrifft den Internationalen Frauentag: Er geht wesentlich
auf Clara Zetkin zurück. Die Straße, die vom Osten kommend auf das  Reichstagsgebäude zuläuft, war übrigens bis 1995 nach ihr benannt. Ihr Name
wurde getilgt und durch den einer Prinzessin ersetzt, nachdem klar war, dass der
Bundestag von Bonn nach Berlin umziehend wird.
Umso mehr habe ich mich über ein Plakat zum Internationalen Frauentag aus
dem Jahre 1996 in dieser Ausstellung gefreut. Es zeigt Clara Zetkin und Rosa
Luxemburg und es kommt – nicht von der Linkspartei – sondern von der SPD.
Die zweite Geschichte: „Männer und Frauen sind gleichberechtig“, heißt es seit
1949 im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. In der Verfassung der
DDR war übrigens zudem das Recht auf gleichen Lohn bei gleicher Arbeit
verankert.
Tatsächlich ist das mit der Gleichberechtigung bis heute so eine Sache.
Immerhin: Schon 1955 hatte das Bundesinnenministerium es Frauen freigestellt,
ob sie sich Frau oder Fräulein nennen wollen. Das war revolutionär.
Etwa aus derselben Zeit stammt ein Plakat, das ebenso hier zu sehen ist. Es
verkündet die fromme Botschaft: „Die Frau als Hüterin der christlichen Familie
wählt CDU!“
Danach hat es noch einmal 20 Jahre gedauert bis Frauen ohne Einwilligung des
Ehemannes selbstbestimmt einen Beruf wählen durften. Und bis heute erhalten
Frauen durchschnittlich fast ein Viertel weniger Lohn, als Männer.
Die dritte Geschichte betrifft ein Plakat, das nicht hier hängt. Es stammt aus
dem Jahre 1990 – vom UFV, dem Unabhängigen Frauenverband der DDR,
einem Kind der politischen Wende und ein Motor der Wende.
Die Botschaft: „Alle Frauen sind mutig, stark und schön!“ Das Bild zeigt
ironisch eine Frau, die den Märchenfrosch schön küsst, eine andere Frau, die
stark den Haushalt meistert, und eine dritte Frau, die mutig als Hexe dazwischen
funkt. Es war ein Plakat, das gegen alle Stereotype angrinste. Anders als so manches
Fernseh-Format heute, wo junge Frauen in Schönheits-Gitter gepresst und
öffentlich wie dumme Hühner vorgeführt werden.
Kurzum: Die Ausstellung ist nach vorne offen und sie muss offen sein, weil die
Gleichstellung und Gleichberechtigung der Frauen – bei allen erkämpften
Fortschritten - noch lange nicht erreicht ist: nicht in den Köpfen, nicht im Leben.
Eine abschließende Geschichte: Im Winter 1912 streikten zwanzigtausend
Textilarbeiterinnen in Massachusetts (USA). Viele von ihnen waren
Migrantinnen. Sie wurden ausgebeutet und diskriminiert.
Dieser Kampf um soziale Gerechtigkeit und um Bürger-Rechte ging als „Brot und
Rosen-Streik“ in die Geschichte ein. „Brot und Rosen“ hieß ein Gedicht von
James Oppenheim, das ein Jahr zuvor veröffentlicht wurde.
„Brot“ stand synonym für gute Arbeit und „Rosen“ für ein schönes Leben.
Wer will, kann es sich im Internet auch als Lied anhören. Es endet mit der Botschaft:
„Wenn wir zusammen gehen, kommt mit uns ein bess'rer Tag.
Die Frauen, die sich wehren, wehren aller Menschen Plag.
Zu Ende sei, dass kleine Leute schuften für die Großen.
Her mit dem ganzen Leben - Brot und Rosen!“
Auch in diesem Sinne wünsche ich der Ausstellung viel Erfolg.

Das Buffet ist eröffnet. Die Rosen nahen.

Werten sie beides bitte nicht nur als freundliche Ausstellungs-Geste,
sondern vor allem als einen politischen Alltags-Anspruch an uns alle.