Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Landwirtschaft, die Bäuerinnen und Bauern müssen entlastet werden. Alle sind sich einig – von Schwerin bis Stuttgart. Aber dann kommt die Frage: Wie genau? Wie viel? Und reichen die Vorschläge, die hier vorliegen? – Da gehen die Meinungen dann auseinander. Die Koalition spricht in ihrem Entschließungsantrag zur GAP-Konditionalität sogar von einem Entlastungspaket – Zitat –, „wie es seit Jahren nicht auf den Weg gebracht wurde“.
In diesem Paket befinden sich Umsetzungen von EU-Recht im Arbeitsrecht, die sowieso hätten kommen müssen, Umsetzungen der EU-UTP-Richtlinie in deutsches Recht, die sowieso hätten kommen müssen, und marginale Änderungen und Anpassungen im Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetz plus in verschiedenen Änderungsanträgen Kompensationen für Wetter und Ökodienstleistungen. Die Landwirte werden sich über diese Kombimogelpackung gewiss nicht freuen. Heiße Luft und Füllstoff und kaum etwas übrig von den 194 Vorschlägen für Bürokratieabbau und Entlastung.
(Dr. Franziska Kersten [SPD]: Wir arbeiten dran!)
Minister Özdemir, Sie haben sich beschwert, dass Sie nicht genug gelobt werden. Aber loben tun Sie sich selbst genug; und das ist einfach unangebracht.
(Beifall bei der Linken)
Aus Sicht der Linken sind diese Gesetzentwürfe eine doppelte Farce. Sie suggerieren Megaentlastungen für die Landwirtschaft, wo fast keine sind. Und Sie simulieren aktives Handeln als Beweis für Regierungsarbeit, die kaum stattfindet.
(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Das ist aber nicht die CDU jetzt! Das sind genau die gleichen Redebausteine! – Gegenruf des Abg. Dieter Stier [CDU/CSU]: Wo sie recht hat, hat sie recht!)
Denn Entlastungen für die Landwirtschaft wäre vielmehr,
(Beifall bei der Linken)
Bedingungen dafür schaffen, dass die Bauern von ihrer Arbeit auch leben können – bei Einzelbauern ist Selbstausbeutung oft an der Tagesordnung –;
(Beifall bei der Linken)
und das wäre mit politischem Willen auch in den von Ihnen behandelten Gesetzen durchaus auch möglich, zum Beispiel durch eine Generalklausel gegen unfaire Handelspraktiken oder eine unabhängige Preisbeobachtungsstelle oder ein Kaufverbot unter Produktionskosten oder die angemessene Vergütung von Ökosystemleistungen in der Landwirtschaft und die Knüpfung der GAP-Direktzahlungen an Sozialstandards. Das hingegen machen sie alles nicht – und das ist mehr als eine vertane Chance.
(Beifall bei der Linken)
Wir Linken sagen: Wenn Sie etwas für die Landwirtschaft tun wollen, dann schaffen Sie endlich die Marktmacht des Lebensmitteleinzelhandels ab! Und, Herr Hocker, selbst die Linken wollen den Handel nicht verstaatlichen, sondern die Marktmacht brechen.
(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Ja, wie denn genau? Sagen Sie doch mal!)
Und darum geht es: Landwirtschaft, Wirtschaft, Umwelt als Aufgabe für uns alle zu betrachten, für den Staat, für den Berufsstand, für die Gesellschaft. Und das kann man nicht oft genug wiederholen.
(Beifall bei der Linken)
Ja, dazu gehört auch der Bürokratieabbau, von dem hier auch alle reden. Aber er funktioniert eben nicht über punktuelle Kleinigkeiten,
(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Wenn es nach Ihnen ginge, würden wir noch im Konsum einkaufen!)
sondern über bessere Regelungen, einheitliche Normen, einfache Förderkriterien, zentrale Datenerfassung, Datensicherheit und Datenaustausch.
(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Intershop!)
Das wären gezielte Entlastungen.
(Beifall bei der Linken)
Ich fordere: Weniger Milliarden für Militarismus, sondern Mittel für die Wiederherstellung der Natur, für eine nachhaltige Landwirtschaft, für Sozialleistungen, zum Beispiel auch für die Unfallversicherung in der Landwirtschaft, für gerechte Einkommensstrukturen für landwirtschaftliche Betriebe – kurzum mehr Geld für tatsächlich wichtige Dinge und gerade auch für die Landwirtschaft.
Vielen Dank.
(Beifall bei der Linken)