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ELENA ist grob verfassungswidrig

Archiv Linksfraktion - Rede von Jan Korte,

Jan Korte [DIE LINKE]:

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der Redebeitrag der FDP gerade war ja wirklich nicht schlecht. - Zur Sache: Bundeskanzlerin Angela Merkel ist ja nicht gerade dafür bekannt, dass sie etwas entscheidet, und wenn sie etwas entscheidet, dann meistens das Falsche. In diesem Fall hat sie wieder einmal nichts entscheiden wollen. Sie hat 2010 Folgendes gesagt: „Ich unterstütze ausdrücklich, dass ELENA nochmals überprüft wird.“ Dann gibt es ein Schreiben aus dem Hause von der Leyen vom Staatssekretär vom Frühjahr 2011 - das war also vor kurzem -, in dem steht: Derzeit findet eine Prüfung hinsichtlich des weiteren Vorgehens im ELENA-Verfahren statt, die noch nicht abgeschlossen ist. - Das kommt aus Ihrem Hause. Das ist typisch für diese Regierung. Es wird gelabert und gelabert, aber nichts wird vorgelegt. Dasselbe haben wir hier gestern beim Thema Wahlrecht erlebt. So geht es nicht. Der Antrag, der hier heute eingebracht wurde, ist daher sinnvoll.
[Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]

Im Gegensatz zu Ihnen hat sich die Linksfraktion entschieden, wie sie ELENA einschätzt: Wir lehnen das Verfahren rundheraus ab
[Max Straubinger (CDU/CSU): Wie immer!]
und stehen für ein ganz klares Nein zu einer Vorratsdatenspeicherung von bis zu 40 Millionen sensibler Daten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Das hier ist übrigens noch viel schlimmer als die eigentliche Vorratsdatenspeicherung, die vom Bundesverfassungsgericht mit deutlichen Worten kassiert worden ist; denn die Daten sollen zentral gespeichert werden. Allein aus diesen Gründen ist ELENA vehement abzulehnen.
[Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)]

Ich will Ihnen weitere Gründe nennen, aus denen ELENA abzulehnen ist. Ein Grund ist der Schutz des einzelnen Arbeitnehmers, der sich in Zeiten der prekären Beschäftigung, die Sie in diesem Land maßgeblich voranbringen, bekanntermaßen sowieso in einem immensen Abhängigkeitsverhältnis befindet. Es geht überhaupt nicht, dass Sie dann auch noch sensible Daten von ihm speichern, um ihn möglicherweise kontrollieren zu können.

ELENA ist im Übrigen nach Auffassung von führenden Experten und Staatsrechtlern grob verfassungswidrig. Die Klagen laufen an. Ich kann einfach nicht verstehen, warum man das nicht zur Kenntnis nimmt und sich bei diesem Thema die nächste Klatsche in Karlsruhe holen will.
[Zuruf der Abg. Doris Barnett (SPD)]
- Sie von der SPD schütteln gerade den Kopf. Es ist unfassbar: Seit Sie in der Opposition sind, sagen Sie, Sie seien die Arbeitnehmerpartei und wollten die Interessen der Arbeitnehmer vertreten.
[Doris Barnett (SPD): Deswegen wollen wir das auch durchführen!]
Mit Ihrem Larifari-Kurs machen Sie das Gegenteil. Die Position der Sozialdemokraten in diesem Punkt hat nichts mit dem Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu tun.

Der nächste Aspekt, den ich ansprechen will, wurde auch schon erwähnt. Die FDP, die große wirtschaftsliberale Partei, sollte sich einmal anhören, was die kleinen und mittelständischen Unternehmen und die Unternehmerverbände zu ELENA sagen. Sie wissen überhaupt nicht, wie sie das finanzieren sollen. Für einen großen Konzern mit den entsprechenden Abteilungen und IT-Systemen ist das kein Problem. Für die kleinen Unternehmen, für die Sie sich angeblich stark machen, ist das der blanke Horror. Dasselbe gilt übrigens für die Kommunen. Sie sollten sich einmal anhören, was die kommunalen Spitzenverbände sagen.
[Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die FDP kann überhaupt nicht zuhören!]
Kollege Döring, Sie sind doch auch Kommunalpolitiker, Sie müssen das doch zur Kenntnis nehmen. Sie müssen für Ihre Landeshauptstadt Hannover doch etwas tun. Das, was Sie hier machen, ist katastrophal. Auch deswegen muss ELENA abgelehnt werden und könnten Sie dem Antrag zustimmen; das ist doch nicht so schwer.
[Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]

Zusammenfassend: Das Ganze ist unnötig; das haben die Erfahrungen empirisch bewiesen. Es ist ein massiver Anschlag gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht. Deswegen brauchen wir hier, wie auch für andere Großprojekte, ein Moratorium. Gerade in Zeiten prekärer Beschäftigungen sollte man die Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerrechte stärken und ausbauen und sie nicht beschränken. Dafür steht die Linke. Deswegen stimmen wir dem Antrag zu. Trotz Ihrer katastrophalen Politik wünsche ich ein schönes Wochenende.

Danke.
[Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]