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ELENA ist ein Stiefkind des Schicksals

Archiv Linksfraktion - Rede von Petra Pau,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich beginne mit einem historischen Exkurs. Als geistiger Vater von ELENA gilt ein gewisser Peter Hartz; Sie wissen, das nahm kein rühmliches Ende. Dann wurde ELENA ein Ziehkind von Kanzler Gerhard Schröder; auch das war für dieses Vorhaben kein gutes Omen. Später erhielt Interimsminister Michel Glos, CSU, eine zweifelhafte Auszeichnung für ELENA, nämlich den Big-Brother-Award. Kurzum, mit ELENA ist kein Staat zu machen. Wir sollten die Chance nutzen und ELENA endlich in den Ruhestand schicken.

(Beifall bei der LINKEN - Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Die ist noch zu jung!)

ELENA ist ein elektronisches System, mit dem persönliche Daten unbekannter Menge von zig Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zentral und auf Vorrat erfasst werden sollen. Ähnlichkeiten mit der Vorratsdatenspeicherung sind nicht zufällig. Das Bundesverfassungsgericht hat am 2. März 2010 geurteilt: Unbestimmte Vorratsspeicherungen sind verfassungswidrig.
Die Linke hält die ausufernde Speicherung von Arbeitnehmerdaten für verfassungswidrig. Ich muss ehrlich gestehen: Ich wünsche ELENA lieber einen schnellen Abgesang im Bundestag als einen üblen Nachruf in Karlsruhe. Viel zu oft musste dort in letzter Zeit repariert werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Es stimmt - man sieht es an der langen Geschichte: ELENA führte lange ein Schattendasein, bis offenbar wurde, dass nicht nur Gehalts- und Steuerdaten zentral gespeichert werden sollen, sondern auch Daten über Krankheiten, Streikteilnahmen, Kündigungen und anderes mehr. Das war vor drei Monaten. Die Empörung schwoll an, und flugs schwor die Regierung Besserung. Ich habe nachgefragt. Ich wollte wissen: Welche Daten werden denn nun wirklich erhoben und zentral gespeichert? Vor 14 Tagen erhielt ich eine schriftliche Antwort aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Der Verfasser dieser Antwort ist jetzt leider hier nicht anwesend. Die Antwort ist nichtssagend und eine Missachtung des Bundestages. Außerdem ist sie eine Irreführung der Bevölkerung. Wie die Bundesregierung mit ELENA und dem Nachbesserungsbedarf umgeht, den sie angeblich selbst erkannt hat, spricht Bände.

Nun hat heute die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragt, das Vorhaben ELENA auszusetzen und die vorgesehene Datenübermittlung strikt zu begrenzen. Dem wird die Fraktion Die Linke zustimmen. Aber unsere Forderung geht weiter. Wir wollen ein Moratorium für alle elektronischen Großprojekte, die datenschutzrelevant sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir wollen, dass die Bundesregierung auf den Boden des Grundgesetzes zurückkehrt. Ein solches Moratorium müsste ELENA betreffen, ebenso das SWIFT-Abkommen zur Weitergabe von Bankdaten, auch die elektronische Gesundheitskarte und die Passagierdaten, die auf Nimmerwiedersehen in die USA verschwinden.

(Beifall bei der LINKEN)

Zum Schluss, liebe Kolleginnen und Kollegen, noch eine Rechnung: ELENA soll einen finanziellen Nutzen von netto 85 Millionen Euro erbringen. Dafür sollen Daten von 40 Millionen Bürgerinnen und Bürgern erfasst und auf Vorrat gespeichert werden: Daten, die sich fortan jedweder Kontrolle der Beschäftigten entziehen, Daten, die, einmal angehäuft, große Begehrlichkeiten wecken werden, Daten, die laut Grundgesetz einen be¬sonderen Schutz genießen. Für lumpige 2 Euro Gewinn je Datensatz sollen also verbriefte Bürgerrechte von Millionen Bürgerinnen und Bürgern aufs Spiel gesetzt werden. Wir sehen: ELENA ist ein Stiefkind des Schicksals. Lassen wir es doch endlich ruhen.

(Beifall bei der LINKEN)