Die Unionsfraktion ist sich sicher, der neue elektronische Personalausweis bringt mehr Sicherheit. Fragt sich nur, welchen Vergleichsmaßstab die Fraktion angelegt hat, um diese eigenartige Aussage treffen zu können. Auf Evaluationen der Nutzung von Ausweisdokumenten mit biometrischen Merkmalen kann die CDU/CSU nicht zurückgegriffen haben. Eine solche, beispielsweise für den sogenannten E-Pass, wurde bislang nicht durchgeführt. Entsprechende Forderungen der Linksfraktion haben die Damen und Herren von der Law-and-Order-Fraktion bislang hartnäckig ignoriert. Als Vergleichsmaßstab kann also nur der derzeit verwendete Personalausweis herangezogen worden sein. Ist dieser so unsicher, dass es eines chipkartengroßen Ausweisdokumentes mit biometrischen Merkmalen bedarf?
Die Antwort auf diese Frage gab unlängst die Bundesregierung. So bezifferte sie für die Jahre 2001 bis 2007 die Zahl der Urkundendelikte in Sachen Personalausweis auf gerade mal 495! Hinter dieser Zahl verbergen sich im Detail 88 Totalfälschungen und 128 Verfälschungen. Nun könnte man zu dem Schluss kommen, dass diese Anzahl von Fälschungen gravierend hoch sei. Doch Irrtum, denn: Die 495 Urkundendelikte sind gegen 62 Millionen Personalausweise, die ausgegeben wurden, aufzurechnen. Prozentual ist die Zahl der Fälschungen demnach kaum noch messbar. Die Aussage also der CDU/CSU-Fraktion, der neue Personalausweis würde mehr Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger bringen, ist vor diesen Fakten nicht haltbar und führt demnach in die Irre.
Im Kern geht es der Regierungskoalition mit der Einführung dieses neuen Ausweisdokumentes um die Totalerfassung der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land. Und die SPD beteiligt sich an diesem Vorgang. In Ihren Augen haben Sie jedoch einen bürgerrechtlichen Sieg errungen, indem die Speicherung von Fingerabdrücken auf dem neuen elektronischen Personalausweis freiwillig erfolgen soll. Bürgerinnen und Bürger die von diesem „Sieg“ Gebrauch machen möchten, sollen - laut Koalition - dadurch keinerlei Nachteile erhalten. In der Realität jedoch ist dies kaum zu gewährleisten. Wer sich nicht total erfassen lassen möchte, macht sich in Zeiten des sogenannten und völlig zügellosen Kampfes gegen den internationalen Terrorismus verdächtig. Gleichzeitig, so lobt sich die Koalition vorsichtshalber gleich selbst, sollen der elektronische Dienstleistungsverkehr und das sogenannte E-Government mit dem neuen Ausweisdokument sicherer und einfacher werden. Von wegen, die letzten Datenschutzskandale bei Telekom und LBB haben plastisch vor Augen geführt, dass der Datenstrom im Internet alles andere als sicher ist.
Bevor also die Koalition derartige Versprechen in die Welt bläst, sollte sie endlich die gesetzlichen Voraussetzungen für den sicheren Verkehr von personenbezogenen Daten schaffen. Hier wird allerdings vonseiten der Koalition und der Regierung nur geredet, beschwichtigt und vertröstet. Die gemeinsame Beschlussempfehlung zum Tätigkeitsbericht des Datenschutzbeauftragten wurde auf das nächste Jahr verschoben, Gesetzesinitiativen zur Stärkung des Datenschutzes wurden nach den Protesten der Wirtschaftslobbyisten zurückgezogen und auf Nimmerwiedersehen zu den Akten gelegt.
Wir sollen also am heutigen Abend die Einführung eines neuen Ausweisdokumentes beschließen, das weder mehr Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger bringt, das zudem hohe Kosten verursacht und auf einer völlig unausgereiften und fälschungsanfälligen Technik basiert.
Das ist keine seriöse Sicherheits- und Innenpolitik, die sich an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger orientiert. Der elektronische Personalausweis ist ein weiterer Baustein für die Mauern des Überwachungsstaates, deren Last das Grundgesetz und die Menschen in diesem Land kaum mehr (er)tragen können.
Die Linke lehnt daher die Einführung des elektronischen Personalausweises ab und bekräftigt erneut ihre Forderung nach einem sofortigen Sicherheitsgesetzmoratorium.
Elektronischer Personalausweis ist teuer und nutzlos
Archiv Linksfraktion -
Rede
von
Jan Korte,