Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Linke bewertet das vorliegende Gesetzespaket – Herr Schäuble, Sie haben es noch einmal umfangreich dargestellt – so, wie Sie das von uns kennen: differenziert. Wir sehen Positives und Kritisches. Ich war überrascht, wie viel Kritisches Sie in kluger Formulierung zum Schluss doch festgestellt haben. Ich teile im Übrigen, dass wir wirklich etwas tun müssen, damit diese Beziehungen geregelt sind, und zwar im Interesse aller Ebenen. Ich glaube, dass das sehr notwendig ist, und Sie haben mehrfach vom Kompromisscharakter des Gesetzeswerks gesprochen.
Ich will mit dem Positiven beginnen: Erstens ist es überhaupt positiv, dass es eine Fortsetzung der Ausgleichszahlungen für finanzschwache Länder gibt. Dass das erzielt worden ist, ist gut.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Wortführer des Ellbogenföderalismus, die insbesondere in einem südlichen Land sitzen, sind gestoppt worden. Das ist auch ein Verdienst der Linken im Bundesrat, wo wir durchaus an Ihrer Seite waren, Herr Schäuble. Es ist gut für die Menschen in diesem Land, wenn die Linke in den Ländern regiert. Ich glaube, das hat sich da deutlich gezeigt.
(Beifall bei der LINKEN)
Das Zweite, das man festhalten muss, ist, dass das sogenannte Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern in der Bildungspolitik mit dem Paket zumindest an einer Stelle ein bisschen gelockert wird.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir hätten es am liebsten ganz und gar aufgehoben, aber das können wir ja im September gegebenenfalls nachholen. Immerhin werden so Investitionen in Schulen möglich. Das ist ein Schritt nach vorne, auch wenn das natürlich zu wenig ist. Der Investitionsstau in den Schulen ist mit 34 Milliarden Euro viel höher.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Wofür haben wir denn Länder?)
Natürlich ist es auch so, dass die Gegenfinanzierung der Kommunen schwierig ist.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Wofür haben wir Länder?)
Aber Investitionen von der Bundesebene in die Zukunft der Kinder und in die Bildung sind möglich. Das ist vernünftig. – Damit habe ich das Positive hier ordentlich abgehandelt.
Ich habe auch an anderer Stelle schon gesagt – das ist eben ein Ausdruck des Ganzen –, dass die Große Koalition – letztlich mit den Ländern – hier ein großes Reformprojekt eben nicht auf den Weg gebracht hat.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Eine Logik ist erhalten geblieben, und das ist die Logik der Schuldenbremsenpolitik. Die besteht weiter fort, und damit werden am Ende des Tages die negativen Folgen bei den Kommunen abgeladen, meine Damen und Herren.
Stichwort „Investitionsstau“: Der Bund hat mit dem Stabilitätsrat, den Sie hier so gelobt haben, de facto eine Troika für die Länder geschaffen. Die Folgen der Troika und deren Ergebnisse kennen wir alle. Ich glaube, dass das überhaupt kein guter Weg ist.
(Beifall bei der LINKEN)
Ein aus der Sicht der Städte und Gemeinden gedachter, solidarischer Finanzausgleich hätte wirklich anders aussehen müssen. Jetzt wird man ja den Eindruck nicht los – Sie haben das eben noch einmal geschildert –, dass Bund und Länder die kommunale Selbstverwaltung als einen Gnadenakt betrachten. Das ist aber nicht unsere Aufgabe, sondern unsere Aufgabe ist, eine angemessene Finanzausstattung zu gewährleisten. Eine wirklich gerechte und zukunftsorientierte Neuordnung der Finanzverteilung zwischen Bund und Ländern ist von Ihnen offensichtlich nicht beabsichtigt worden. Dafür muss man auch wirklich an die Steuern herangehen; dafür braucht man Mehreinnahmen für Bund und Länder. Wir haben da mit unseren Steuerkonzepten Angebote gemacht.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich will aber jetzt zum Schluss zu einem Kernpunkt kommen, den Autobahnen, Herr Schäuble. Die Bundesfernstraßengesellschaft ist offensichtlich ein Geschenk an Versicherungen und Anlagefonds und deren Renditeerwartungen. Es drohen weiter Teilprivatisierungen. Sie haben das zwar eben klug formuliert, aber sie drohen weiter, und vor allen Dingen droht ein erheblicher Einschnitt in die parlamentarischen Rechte des Bundestages und auch der Länder, meine Damen und Herren. Das wird im Übrigen auch in dem Gutachten des Bundesrechnungshofes ganz deutlich sichtbar. Meine Fraktion hat die Autoren zu sich eingeladen. Dort wurde das sehr deutlich gemacht.
Da will ich auch an die Kollegen der SPD appellieren. Der Anführer der APO, also der außerparlamentarischen Opposition der SPD gegen die eigene Regierungsverantwortung, der Spitzenkandidat Martin Schulz,
(Heiterkeit bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
redet zu Recht über mehr soziale Gerechtigkeit. Das ist ein erheblicher Fortschritt. Das ist auch sehr gut. Nur müssen wir beim Inhalt in dieser Frage noch einmal deutlich zulegen; denn jetzt wird ein Gesetzespaket eingebracht, nach dessen Inkrafttreten kaum noch rückgängig gemacht werden kann, dass solche Teilprivatisierungen möglich sind.
(Johannes Kahrs [SPD]: Haben Sie das schon mit Frau Petry abgeklärt, ob das eine gemeinsame Position sein kann? – Gegenruf von der LINKEN: Unverschämtheit!)
Das ist die Realität. Es geht in diesem Land ungerecht zu, aber mit den Privatisierungen wird die Ungerechtigkeit noch größer, meine Damen und Herren. Denn am Ende bezahlen die Autofahrerinnen und Autofahrer die Renditeerwartungen, die mit dieser Privatisierung verbunden sind. Da täuschen Sie im Übrigen auch die Öffentlichkeit. Nach den ersten Medienberichten wurde gesagt, das sei alles überhaupt nicht möglich. Das ist aber schlicht unwahr.
(Johannes Kahrs [SPD]: Was hat denn der Herr Ramelow dazu gesagt, Herr Bartsch?)
DGB, Verdi, die Bauwirtschaft usw. kritisieren diese Grundgesetzänderungen.
(Johannes Kahrs [SPD]: Was hat der Herr Ramelow dazu gesagt?)
Sie reiten ein Trojanisches Pferd über die Autobahn, Kollege Kahrs. Das ist die Realität.
(Beifall bei der LINKEN – Johannes Kahrs [SPD]: Herr Ramelow hat zugestimmt! Die Linke hat doch zugestimmt!)
Diese Grundgesetzänderungen können zur mittelbaren Privatisierung über ÖPP führen. Das ist das ganz große Problem.
(Johannes Kahrs [SPD]: Sagen Sie doch mal, warum Herr Ramelow zugestimmt hat!)
Deswegen sollten Sie das jetzt nicht tun. Sie sollten damit warten und die Privatisierung nicht zulässig machen. Das können wir alles zu einem späteren Zeitpunkt vernünftig machen. Haben Sie den Mut, und hören Sie hier mehr auf Ihren Kanzlerkandidaten!
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)