Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Patientinnen und Patienten, ganz besonders die, die schon lange für die Durchsetzung ihrer Rechte kämpfen, wie Herr Glanzer oder Frau Zimmermann! In unserem komplizierten und von wirtschaftlichen Interessen durchsetzten Gesundheitssystem brauchen Patientinnen und Patienten Orientierung. An wen wende ich mich denn, wenn die Krankenkasse die notwendige Reha verweigert? Oder wen frage ich als Krebspatientin, ob das neue Medikament wirklich großen Nutzen für mich hat oder doch nur die Kassen der Pharma-Aktionäre füllt?
(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Mein Gott! Klischee-Feuerwerk hier wieder!)
Wer hilft, wenn ich vermute, dass bei meiner Operation etwas schiefgegangen ist, dass da gepfuscht worden ist, aber ich nicht gleich eine Anwältin bezahlen kann oder will? In diesen Situationen soll die Unabhängige Patientenberatung, kurz: UPD, Rat und Orientierung geben. Deshalb ist es gut, dass die durch den damaligen Patientenbeauftragten und jetzigen NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann privatisierte UPD nun endlich wieder in die Hände der Patientenorganisationen übergeben werden soll. Das unterstützt Die Linke; denn die Patientenorganisationen wissen aus ihrer täglichen Arbeit doch am besten, wo der Schuh drückt und welche Themen die Patientinnen und Patienten umtreiben.
(Beifall bei der LINKEN)
Aber wir müssen auch über die Arbeitsweise, die Finanzierung und die Strukturen der UPD reden. Und da fällt unsere Bilanz für den Vorschlag aus dem Hause Lauterbach erheblich negativer aus.
Wir hatten ja Anfang November im Gesundheitsausschuss eine Anhörung zu unserem Antrag, in dem wir unsere Vorstellungen dargelegt haben. Die geladenen Sachverständigen hatten da viel Kritik an den Plänen dieser Regierung für eine UPD-Stiftung. Die Patientenorganisationen kritisieren, dass die Krankenkassen die Stiftung finanzieren sollen. Das gefährde ihre Unabhängigkeit, also das große U in der UPD; denn schließlich kontaktieren viele Menschen die UPD gerade wegen Problemen mit den Krankenkassen. Unser Vorschlag, die Stiftung aus Steuermitteln zu errichten, ist da deutlich nachhaltiger. Und es wäre auch wichtig, dass wir dafür nicht 15 Millionen Euro, sondern 20 Millionen Euro jährlich vorsehen, damit nicht schon am Anfang eine Unterfinanzierung eingeplant ist. Ich meine, 25 Cent pro Kopf und Jahr für Patientenberatung können wir uns als Staat schon leisten.
(Beifall bei der LINKEN)
Bei der Ausgestaltung der Gremien sehen wir ebenfalls Nachbesserungsbedarf. Wir wollen keine staatliche Patientenberatung, sondern eine unabhängige. Die übermächtige Beteiligung von Bundestag und Bundesregierung im Stiftungsrat ist problematisch, weil der Stiftungsrat nach dem vorliegenden Entwurf sehr weitgehend Einfluss auf strategische Entwicklungen und personelle Entscheidungen nehmen kann. Das sehen wir skeptisch.
Ein weiterer Punkt. Auch wir halten eine Evaluierung für nötig. Aber wer eine gute prozessbegleitende Evaluierung haben möchte und nicht nur eine stumpfe Auflistung von Beratungsvorgängen, der fordert nicht einen jährlichen Evaluierungsbericht, schon gar nicht im ersten Jahr. Im sozialen Bereich kann man Projekte auch zu Tode evaluieren, und das wäre in diesem Fall besonders schade.
Uns wäre es auch wichtig, die Patientenberatung und Einrichtungen der Pflegeberatung des SGB XI sowie Beratungsstellen für Menschen mit Behinderungen enger zusammenzuführen und besser zu verzahnen, weil Menschen ja häufiger erleben, dass sie von Pontius zu Pilatus geschickt werden. Das mit den von Minister Lauterbach geplanten 1 000 Gesundheitskiosken zu verbinden, halte ich immer noch für eine gute Idee. Aber glaubt an dieses Projekt eigentlich noch irgendjemand von Ihnen?
Für die Beratung des Gesetzentwurfs drängt jetzt leider die Zeit, wenn am 1. Januar nächsten Jahres die neue UPD startklar sein soll. Wir sollten uns in den Ausschussberatungen die Zeit nehmen, diesen Gesetzentwurf besser zu machen, damit das U in der UPD nicht unter die Räder kommt.
(Beifall bei der LINKEN)