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Die Möwenpick-Demokratie

Archiv Linksfraktion - Rede von Gesine Lötzsch,

Präsident Dr. Norbert Lammert:
Die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch hat nun das Wort für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir diskutieren seit heute Morgen darüber, wie schwarz-gelbe Politik funktioniert: Reiche Leute können sich per Großspende ihre Politik direkt bestellen. Arme haben keine Chancen. Mövenpick zahlte vor Beginn der Koalitionsverhandlungen eine Millionenspende an die FDP. Daraufhin beschloss die Koalition, dass der Mehrwertsteuersatz für Übernachtungen gesenkt wird. Dieses Beispiel zeigt, dass Politik nicht mehr gewählt wird; sie wird bestellt. Eine Verkäuferin bei Lidl hat nicht die Möglichkeit, per Großspende Politik zu bestellen. Darum werden ihre Interessen von Schwarz-Gelb auch nicht berücksichtigt.
(Beifall bei der LINKEN)
Wer so handelt wie Schwarz-Gelb Politik nach Spendenhöhe , der legt die Axt an die Wurzel der Demokratie. Damit finden wir uns nicht ab.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir brauchen ein Gesetz, das die Bestechung von Parteien und Abgeordneten verbietet.
(Beifall der Abg. Dr. Barbara Höll (DIE LINKE))
Der FDP kann ich nur empfehlen, die Millionenspende für einen gemeinnützigen Zweck zu spenden; denn wenn Sie diese Spende behalten, dann werden Sie zu Recht als Mövenpick-Partei in die Geschichte eingehen.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Konstruktionsfehler dieses Haushaltes sind schnell erklärt: Erstens. Der Koalitionsvertrag von Schwarz-Gelb sieht in den nächsten Jahren Steuersenkungen in Höhe von 24 Milliarden Euro vor. Das ist nichts anderes als die Fortsetzung der Umverteilung von unten nach oben. Dies ist die falsche Politik.
(Beifall bei der LINKEN)
Zweitens. CDU/CSU und SPD haben eine Schuldenbremse beschlossen, die eine jährliche Kürzung des Haushaltes um 10 Milliarden Euro erzwingt. Drittens muss der Bund allein in diesem Jahr über 100 Milliarden Euro neue Schulden machen. Wer versucht, diese drei Punkte in Einklang zu bringen, der wird scheitern.
Die Regierung hat beschlossen, dass sie den Bürgerinnen und Bürgern vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen nicht die Wahrheit sagen wird. Wir sagen ihnen aber die Wahrheit. Es gibt nur zwei Lösungsansätze: entweder wie wir es fordern ein gerechtes Steuersystem mit Börsenumsatzsteuer, Vermögensteuer, Millionärsabgabe und Erbschaftsteuer sowie höherer Besteuerung für Besserverdienende oder die Kürzung von Sozialleistungen. Die Regierung das müssen wir hier in aller Offenheit sagen hat sich intern schon für die Kürzung von Sozialleistungen entschieden. Wir als Linke werden alles dafür tun, damit die Regierung mit solchen Vorhaben scheitert.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir wollen Steuererhöhungen für die, die uns diese Krise eingebrockt haben und jetzt schon wieder dicke Gewinne einfahren und Millionen an Banker-Boni bekommen. Wenn es darum geht, die Ackermänner zur Kasse zu bitten, dann ist diese Regierung auf einmal völlig unentschlossen. Die Kanzlerin ist für alles offen und kann sich alles vorstellen, möchte aber eine internationale Lösung. Das soll im Klartext heißen: Wenn man sich nicht international einigen kann, dann geht alles weiter wie bisher.
Genau das ist schon jetzt der Fall. Das Finanzkasino ist wieder eröffnet. Die Regierung hat rein gar nichts unternommen, um eine Wiederholung der Krise zu verhindern. Im Gegenteil: Sie bereitet mit ihrer Politik die nächste Krise vor. Die Krönung ist, dass sie strengere Regelungen gegen Steuerhinterziehung, die noch durch die CDU/CSU-SPD-Regierung beschlossen wurden, nicht anwenden will, mit der Begründung, es gebe angeblich keine Steueroasen mehr. Ist das nicht unglaublich?
Fazit: Diese Regierung tut nichts, um eine Wiederholung der Finanzkrise zu verhindern. Sie tut nichts, um die zur Rechenschaft zu ziehen, die die Krise verursacht haben, und sie tut nichts, um die Einnahmen des Staates zu stabilisieren. Damit gefährdet sie den sozialen Zusammenhalt in unserem Land und die Zukunft der Mehrheit der Menschen.
Wir als Linke sagen deutlich, wofür wir Geld brauchen: für bessere Bildung, für ein Gesundheitssystem für alle und für die Menschen, die aus dem Arbeitsleben herausgedrängt wurden und jetzt von Transferleistungen leben müssen. Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich: Wir als Linke werden uns mit Hartz IV niemals abfinden.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir wollen auch verhindern, dass die Bundesregierung die Kommunen weiter in den Ruin treibt. Wir wollen, dass auch weiterhin Schwimmbäder beheizt werden und Theater bespielt werden können.
Wir haben aber nicht nur Vorschläge für Ausgaben. Wir als Linke haben eine ausreichende Zahl an Vorschlägen dafür, wie der Haushalt entlastet werden kann. Ich will nur zwei Beispiele nennen.
Erstens. Eine wesentliche Entlastung des Haushaltes und eine große sozialpolitische Maßnahme wäre es, wenn wir endlich einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland einführten.
(Beifall bei der LINKEN)
Das würde nicht nur den Haushalt entlasten, sondern auch den Menschen, die jeden Tag arbeiten gehen und trotzdem als Aufstocker zum Amt gehen müssen, um sich Geld zu holen, ihre Würde zurückgeben. Wir wollen, dass die Menschen in unserem Land in Würde leben können.
(Beifall bei der LINKEN)
Zweitens. Wir wollen den Verzicht auf Prestigeobjekte. Wir brauchen keinen Militärtransporter für über 8 Milliarden Euro.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir brauchen keine Kriegseinsätze der Bundeswehr. Die Mehrheit der Menschen in unserem Land teilt die Auffassung, dass solche Projekte unsinnig sind.
Wir als Linke fordern die Bundesregierung auf, den vorliegenden Haushaltsentwurf zurückzuziehen. Er enthält falsche Lösungsansätze für die Probleme unseres Landes. Er ist ein Haushalt von und für Lobbyisten. Wir brauchen aber einen Haushalt der sozialen Gerechtigkeit.
(Beifall bei der LINKEN)