1. ELENA ist der Kosename für einen elektronischen Einkommens-Nachweis. Er soll helfen, Bürokratie abzubauen. Vorerst, wenn es um staatliche Sozialhilfen geht. Was später kommt, gilt noch als Verschlusssache. Aber das „später“ wird kommen. Es wurde bereits angedeutet. Und was dann kommt, kann alles andere als rosig sein.
2. Was ist des Pudels Kern? Die Einkommen aller Bürgerinnen und Bürger sollen elektronisch erfasst und zentral gespeichert werden. Für die meisten quasi auf Vorrat. Spätestens bei den Wörtchen „Vorrat“ und „zentral“ aber läuten alle Alarmglocken. „Vorratsdatenspeicherung“ ist inzwischen ja geradezu ein Synonym für drohendes Unheil geworden.
3. Vorerst soll der elektronische Einkommensnachweis in acht konkreten Fällen helfen, etwa beim Arbeitslosengeld I, beim Wohngeld oder beim Erziehungsgeld. Die so genannten Arbeitgeber brauchen keine Papier-Bescheinigung mehr ausfüllen. Und die Ämter erhalten über eine Zentrale einen schnelleren Zugang zu allen relevanten Lohn- und Gehaltsdaten.
4. Zugleich sagen Sachverständige: Diese minimale Anfangs-Variante lohnt kaum den Aufwand. Der rechne sich nur, wenn immer mehr, mindestens 45 Anwendungen zusammen kommen. Perspektivisch werden also immer mehr Behörden auf immer mehr Einkommensdaten zugreifen können. Und die Bürgerinnen und Bürger werden so immer gläserner.
5. Dasselbe politische Verfahren erleben wir übrigens mit der elektronischen Gesundheitskarte. Auch hier sagen die Experten: Ohne „Mehrwert“, ohne zusätzliche Daten und Nutzer, wird sie ein Flop. Also geht es um viel mehr, als bislang offiziell zugegeben wird. Auch hier droht also die Gefahr, dass sich die schöne Helena als böser Belzebub entpuppt.
6. Der Mega-Trend ist: Immer mehr Daten von Bürgerinnen und Bürger werden erfasst, gespeichert, zentralisiert, vernetzt und zusammengeführt: Gesundheitsdaten, Sozialdaten, Verkehrsdaten, Bewegungsdaten, Kommunikationsdaten. Im günstigen Fall führt das alles zu Datenpannen. Im schlimmeren Fall endet das alles in einer Total-Überwachung.
7. Spätestens nach den aktuellen Datenskandalen bei der Telekom und bei anderen wäre die einzig vernünftige Reaktion: „Stopp! Moratorium! Wir verordnen uns alle eine Denkpause und wir setzen alle Vorhaben aus, die das Zeug dazu haben, aus dem Ruder zu laufen!“ Aber so viel Vernunft ist derzeit weder bei der CDU/CSU noch bei der SPD zu haben.
8. Weit über 50.000 Bürgerinnen und Bürger demonstrierten übrigens am 11. Oktober in Berlin genau gegen diese politische Ignoranz. Deshalb wären alle Parteien gut beraten, wenn sie endlich zur Kenntnis nähmen: Längst gibt längst es eine dritte große Konfliktlinie zwischen der offiziellen Politik und den zunehmenden Sorgen einer engagierten Gesellschaft.
9. Immer weniger Bürgerinnen und Bürger sind bereit, die zunehmenden sozialen Ungerechtigkeiten als Zukunftsmodell zu akzeptieren. Immer weniger lassen sich die Außenpolitik der Bundesrepublik als Friedenspolitik verkaufen. Und immer weniger nehmen es hin, dass ihre Bürgerrechte für eine vermeintliche Sicherheit getilgt werden.
10. Übrigens: Fragen Sie mal Klein- und Mittelständler, was diese von ELENA halten. Nichts! Denn sie müssen ihre minimale Bürokratie-Entlastung mit erheblichen IT-Kosten erkaufen. Auch aus diesem Grund:
DIE LINKE fordert ein Moratorium für alle datenschutz-relevanten Vorhaben, die mehr Gefahren bergen, als Nutzen. ELENA gehört dazu.
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DIE LINKE fordert ein Moratorium, auch für ELENA
Archiv Linksfraktion -
Rede
von
Petra Pau,