Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
ITER ist, wie schon gesagt, ein internationales Fusionsexperiment. Diese Anlage soll durch Verschmelzung von Wasserstoffkernen Energie erzeugen; Herr Röspel hat das erklärt. Allerdings soll bei ITER zum ersten Mal mehr Energie erzeugt werden, als zum Betrieb aufgewendet wird. Ziel des Megaprojektes soll langfristig eine neue Form der Energiegewinnung sein.
Aus dem Lateinischen übersetzt heißt ITER „Weg“. Wenn man diesen Weg verfolgt, stellt man fest: Er ist in der Tat lang, steinig und ausgesprochen verschlungen, und keiner kann heute sagen, ob man das Ziel jemals erreicht.
In den Schätzungen hinsichtlich einer kommerziellen Nutzung dieser Erzeugungsform das ist schon gesagt worden geht man vom Jahr 2050 aus. Physiker haben das auch schon vor 50 Jahren gesagt. Nun sind diese 50 Jahre vorbei, aber an dieser Prognose des Zeithorizonts hat sich nichts geändert.
Was sich aber geändert hat, sind die Rahmenbedingungen, und das ist das Problem. Durch ITER kann aktuell eben nichts nachhaltig zur Reduzierung der Klimaerwärmung der Erde beigetragen werden. Wir haben diese Zeit nicht mehr. Im Jahre 2050 ist der Point of no Return lange überschritten. Die Experten sagen und so steht es auch in den internationalen Vereinbarungen , dass bereits in den nächsten zehn Jahren die wichtigsten Maßnahmen für die Energiewende gegriffen haben müssen.
ITER dauert nicht nur ultralang, sondern ist auch, wie meine Kollegen schon ausgeführt haben, megateuer. Regelmäßig erhalten wir im Ausschuss neue Kostenschätzungen. Angesichts der globalen Finanzkrise hat auch die Projektfinanzierung natürlich einen kritischen Punkt erreicht, wenn die Summe dafür heute dreimal so hoch wie ursprünglich angenommen ist.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Mitgliedstaaten wollen diese Kosten nicht tragen; das kann ich auch nachvollziehen. Die Bundesregierung hat uns die jüngste Information gegeben, wonach alles aus dem EU-Haushalt finanziert werden soll. Es ist also völlig klar, dass darunter andere Programme leiden werden, insbesondere im Forschungsbereich. Das möchten wir nicht; wir möchten vorher genau Auskunft darüber haben, was man dort eigentlich ins Auge fasst.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Linke hat die Entwicklung des Projektes schon lange kritisch betrachtet. Die Fusionstechnologie ist grundsätzlich natürlich eine ausgesprochen interessante Technologie, allerdings werden aufgrund der ITER-Milliarden zum gegenwärtigen Zeitpunkt und unter den jetzigen Rahmenbedingungen für andere Projekte weniger Gelder zur Verfügung gestellt, zum Beispiel für Projekte für Energieeinsparung und effizientere Speicherformen und andere klimafreundliche Erzeugungsformen.
Die Koalition tritt zeitgleich auch noch auf die Bremse, wenn es um den nachhaltigen Umbau der Energieversorgung geht. Es werden in diesem Bereich nämlich die Mittel reduziert. Zudem wollen Sie die Einspeisevergütung für Solarenergie kürzen, wodurch beispielsweise bei uns im Osten - ich komme aus Sachsen-Anhalt; „Solar Valley“ ist bei mir um die Ecke - massiv Arbeitsplätze gefährdet werden. Das heißt, Schwarz-Gelb ist nicht nur eine Warnfarbe, sondern Schwarz-Gelb will unter diesen Bedingungen auch noch die Laufzeiten von Kernkraftwerken verlängern. Das heißt natürlich auch, dass genau wie bei ITER ein Missverhältnis zwischen öffentlichen Aufwendungen und privatem Engagement entsteht. Wenn selbst die FDP sagt, die Wirtschaft müsse hier stärker einsteigen, dann kann man dem nichts mehr hinzufügen. Der Staat investiert, und die private Energiewirtschaft schöpft später die Gewinne ab.
Schon jetzt wir sehen es täglich wird durch Monopolisten der Energiewirtschaft am Markt nicht nur der Ausbau dezentraler Strukturen, sondern eben auch eine sozial gerechte und transparente Preisgestaltung erschwert. Das muss bei künftigen Netzstrukturen, insbesondere bei ITER, in Rechnung gestellt werden. Durch kommerzielle Fusionskraftwerke wird dieser Zentralisierungseffekt nämlich verstärkt.
Das alles sind gewichtige Gründe dafür, das Gesamtprojekt zur Diskussion zu stellen. Für uns ist der Antrag der Grünen mit der Konsequenz, aus den Verträgen auszusteigen, ein erster Schritt. Die Frage nach der Verlässlichkeit stellt sich eben nicht nur für die Forscherinnen und Forscher sowie hinsichtlich der Forschung, sondern auch in Bezug auf die öffentlichen Haushalte.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der LINKEN)