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Die Bundesregierung betreibt Geheimpolitik

Archiv Linksfraktion - Rede von Gesine Lötzsch,

Rede zur Einbringung des Bundeshaushaltes 2011

Diese Bundesregierung macht nicht das, wofür sie von den Steuerzahlern bezahlt wird. Sie soll dem Land dienen und Schaden von ihm abwenden. Genau das Gegenteil geschieht. Im Windschatten der Sarrazin-Debatte werden der Hypo Real Estate 40 Mrd. € neue Bürgschaften in die Hand gedrückt. Einigen scheint Sarrazin gelegen zu kommen, um von den gigantischen Krisenlasten und deren Verursacher abzulenken.

Dass die Bundesregierung kein Interesse hat, die Finanzkrise aufzuarbeiten ist in zwischen allgemein bekannt, dass aber auch die zuständigen Abgeordneten ihre Kontrollaufgaben nicht wahrnehmen, ist erklärungsbedürftig. Der Vertreter der LINKEN im Finanzmarktgremium, Roland Claus, hat im Sommer immer wieder Sitzungen des Gremiums gefordert.
Am 26. Juli, am 16. und 30. August waren Sitzungen des Finanzmarktgremiums geplant und wurden abgesagt.
Die Begründung lautete: …“da die erforderliche Mindestzahl von drei Mitgliedern, die eine Sitzung wünschen, nicht erreicht wurde.“ Also: Weder Vertreter der Regierungsfraktionen noch Abgeordnete von SPD und Grüne hatten Zeit und Lust, sich über die skandalösen Vorgänge in der HRE zu informieren. Offensichtlich sind die Kollegen von SPD und Grünen im Augenblick mehr mit der langfristigen Regierungsübernahme beschäftigt als mit harter Oppositionspolitik. DIE LINKE fordert ein Ende der Geheimpolitik der Bundesregierung.
Diese Geheimpolitik widerspricht den Grundregeln der Demokratie! Die unzähligen Bankenskandale dürfen nicht mehr in Geheimgremien vertuscht werden, sondern müssen hier im Plenum des Bundestages verhandelt werden. Es ist doch absurd, dass diese Koalition in größter Selbstzufriedenheit auf die Konjunktur schaut und schon wieder Steuersenkungen verspricht.
Die Wirtschafts- und Finanzkrise hat riesige Löcher in die Haushalte des Bundes und der Länder gerissen, so dass Schulen nicht saniert, Kitas nicht gebaut, Straßen nicht repariert und Bibliotheken geschlossen werden müssen.
Das ist das Gegenteil von Generationengerechtigkeit!
Der größte Skandal aber ist, dass diese Regierung die Haushaltslöcher nicht mit dem Geld der Banker und Spekulanten stopfen will, sondern mit dem Geld der Steuerzahler.
Der Haushalt zerfällt in zwei Teile: In einen Lobbyteil und in einen Kürzungsteil.
Eine alleinerziehende Mutter mit einem Kind muss mit Einkommenseinbußen von bis zu 32% rechnen! Stellen Sie sich vor, Herr Ackermann müsste auf 32% seines Einkommens verzichten. Jede Regierung, die das vorschlagen würde, würde mit Großanzeigen aus dem Amt gefegt werden. Auch wir sind da in unseren Forderungen bescheidener.
Wir wollen nur eine 5prozentige Vermögensabgabe für Millionäre. Zur Finanzierung der Krisenkosten fordern wir außerdem eine Finanztransaktionssteuer und eine Bankenabgabe.
Die Bundesregierung hat es zwei Jahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise nicht geschafft, die Banken und Spekulanten zur Kasse zu bitten. Die Finanzhilfen für die Banken wurden innerhalb einer Woche im Bundestag gegen die Stimmen der LINKEN beschlossen, die Regulierung der Banken steht nach zwei Jahren immer noch am Anfang. Das ist kein Zufall, das hat System!
Wenn es nach der Bundesregierung geht, dann werden die Verursacher der Krise 0% Einkommenseinbußen haben. Die Krise müssen die bezahlen, die noch nie am Tisch der Kanzlerin gesessen haben und dort auch nie sitzen werden.
Das Elterngeld für Arbeitslose soll ersatzlos gestrichen werden. (450 Mio/p.a.).
Der befristete Zuschlag für ALG-II-Empfänger (210 Mio/p.a.) soll genauso ersatzlos wegfallen, wie die Rentenversicherungsbeiträge für Langzeitarbeitslose (1,85 Mrd. €)
Auch der Heizkostenzuschusses für Wohngeldempfänger steht auf der Streichliste (70 Mio/p.a.) der Bundesregierung. Das ist nach dem letzten harten Winter ein besonders zynischer Vorschlag. In der Summe sind das knapp 2,6 Mrd./p.a., die diese christlich-liberale Koalition den Menschen nehmen will, die keine Schuld an der Finanzkrise tragen.
Allein die Commerzbank bekam von der Bundesregierung in Form von einer Eigenkapitalspritze, Aktien und Garantien 23,2 Mrd. € - also fast das 10fache der genannten Kürzungssumme! DIE LINKE fordert die Rücknahme aller Sozialkürzungen und die Aufstockung des ALG-II-Satzes zu allererst für Kinder!

Ich komme jetzt zum Lobbyteil des Haushaltes. Es ist schon jetzt klar, dass der Finanzminister von den Atomkonzernen nicht die 2,3 Mrd. €/p.a. Kernbrennstoffsteuer bekommt, die er im Haushalt eingeplant hat. Es ist schon jetzt klar, dass der Finanzminister auch von der stromfressenden Industrie nicht die geplante Energiesteuer von 1,34 Mrd. €/p.a. erhält. Und es ist auch schon jetzt klar, dass der Finanzminister von den Banken nicht die Finanzmarkttransaktionssteuer von 2,0 Mrd. €/p.a. bekommt, wie er sie im Haushalt eingestellt hat.
In jedem Fall hat der Finanzminister gegen die Lobby verloren. Ich habe den Eindruck, dass er auch nicht wirklich gekämpft hat. Doch darüber will die Bundesregierung nicht diskutieren, sie will lieber über die Entmündigung armer Familie und ihrer Kinder palavern. Das ist eine zynische Diskussion. Alle Kinder könnten ein Instrument lernen oder in einem Sportverein Fußball spielen, wenn nicht diese Bundesregierung die Kommunen aushungern würde. Wenn wir eine Bankenabgabe nach dem Obama-Modell in Deutschland einführen würde, dann hätten wir jährlich 12 Mrd. Euro, die wir den Kommunen zur Verfügung stellen könnten.
Auch wenn Frau von der Leyen vorgibt, immer das Beste für die armen Kinder zu wollen, das Ergebnis wird sein, dass wir eine große und teure Chipkartenbürokratie haben werden und arme Kinder und Eltern stigmatisiert werden.Das Haushaltsprinzip dieser Regierung ist: „Nach oben katzbuckeln und nach unten treten.“
Das wird die LINKE niemals akzeptieren. DIE LINKE will nicht nur die Krisenverursacher zur Kasse bitten, wir sehen auch große Einsparpotentiale in dem Haushaltsentwurf der Bundesregierung.
Der Verteidigungsminister hat eine Bundeswehrreform vorgeschlagen, die nachweislich kein Geld spart, dafür aber klar regelt, wer in Zukunft auf den Schlachtfeldern sterben soll.
Herr zu Guttenberg will aus der Bundewehr eine Freiwilligenarmee machen, um angeblich die Wehrungerechtigkeiten zu beseitigen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Die Bundeswehr wird zur Hartz-IV-Armee umgebaut. Wer sich Studiengebühren leisten kann, der darf studieren. Wer arbeitslos ist, darf weltweit sein Leben aufs Spiel setzten.
So sieht Ihre Wehrgerechtigkeit aus!

Richtig Geld kann man nur sparen, wenn man große Rüstungsprojekte streicht.
Ich denke an den Eurofighter, an den Transporter A 400M oder an das Raketensystem MEADS. Natürlich lehnen wir weiterhin den milliardenschweren Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan ab. Dieses Geld wäre als Entwicklungshilfe besser angelegt, doch genau da will die Bundesregierung Geld zur Bekämpfung von AIDS und Malaria streichen.

Fazit: Diese Regierung wird immer mehr von mächtigen Lobbyisten aus der Atom-, Rüstungs- und Pharmaindustrie gesteuert. Sie hat jedes Gefühl für die Bürgerinnen und Bürgern verloren. Diese Regierung grenzt Millionen arbeitende und arbeitslose Menschen aus und privilegiert eine Hand voll von Superreichen. Das widerspricht eklatant dem Amtseid, den Sie hier vor dem Parlament geschworen haben.