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Der Mittelstand braucht den Mindestlohn, den die Regierung verhindert

Archiv Linksfraktion - Rede von Gregor Gysi,

Gregor Gysi in der Debatte über den Antrag von Union und FDP »Gestärkt aus der Krise - Der deutsche Mittelstand als Motor für Wachstum, Wohlstand und Innovation«

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Sie wundern sich, dass die Linke zum Thema Mittelstand spricht. Wir sind die eigentliche Mittelstandspartei. Ich werde Ihnen das gleich erklären.

(Beifall bei der LINKEN - Lachen bei der CDU/CSU und der FDP - Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) (CDU/CSU): Sie sind noch nicht mal Mittelmaß, Herr Gysi!)

Eines steht nun einmal fest: Der Mittelstand ist das Rückgrat unserer Wirtschaft:

(Zuruf von der CDU/CSU: Der Auftakt zu einer Büttenrede!)

70 Prozent aller Beschäftigten und 80 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten arbeiten in Unternehmen und im Handwerk mit weniger als 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. 90 Prozent der 1,4 Millionen Jugendlichen werden in mittelständischen Unternehmen ausgebildet. Die Zahl der kleinen und mittleren Unternehmen hat zwischen 2001 und 2008 um über 300 000 auf nunmehr 3,75 Millionen zugenommen.

(Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) (CDU/CSU): Sie haben ja unser Infoblatt gelesen! Sehr gut!)

Allerdings gibt es darunter 2,3 Millionen Soloselbstständige. Darüber müssen wir uns ein anderes Mal unterhalten.

Die Mehrzahl der kleinen und mittleren Unternehmen arbeitet auf dem Binnenmarkt. Sie brauchen deshalb zahlungskräftige Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen. Daran mangelt es in Deutschland ganz erheblich; denn der Aufschwung geht an der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger vorbei.

Jetzt müssen Sie sich die Zahlen anhören; das tut mir leid: 22 Prozent der Beschäftigten in Deutschland arbeiten im Niedriglohnsektor. Diese nutzen dem Mittelstand gar nichts, um es einmal ganz klar zu sagen. Jede dritte Neueinstellung im sogenannten Aufschwung erfolgt in Leiharbeit. Leiharbeit ist eine moderne Form der Sklaverei.

(Beifall bei der LINKEN)

Nicht nur die Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter werden ausgebeutet. Vielmehr werden damit auch noch die Löhne der anderen Beschäftigten gedrückt. Für die Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter gibt es nicht einmal einen Mindestlohn, und zwar dank der FDP, weil sie mit allen Mitteln versucht, den Mindestlohn zu verhindern.

Rund die Hälfte der Neueinstellungen erfolgt nur mit befristeten Arbeitsverträgen. Die Zahl der Aufstockerinnen und Aufstocker stieg um 100 000 auf 1,4 Millionen. Übrigens auch ganz interessant: Unter den Aufstockern sind 92 000 Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter. Frau Merkel und andere finden das Aufstocken toll. Ich sage Ihnen Folgendes: Wenn jemand einen Vollzeitjob hat, gute Arbeit leistet und danach zum Sozialamt gehen muss, um sein Existenzminimum zu sichern, dann ist das für die Bundesrepublik Deutschland ein Skandal.

(Beifall bei der LINKEN - Zurufe von der FDP: Oh!)

Präsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Kollege Gysi, nun haben Sie sich ja beinahe eine Zwischenfrage bestellt. Die Frage ist, ob Sie diese zulassen wollen.

Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE):
Es wird zwar keine Frage werden; aber ich lasse sie natürlich zu. Herr Präsident, Sie müssen aber die Uhr anhalten.

Präsident Dr. Norbert Lammert:
Sie werden doch nicht auch nur andeuten wollen, dass ich Ihnen jemals auch nur zehn Sekunden gestohlen hätte.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und der SPD)

Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP):
Lieber Kollege Gysi, haben Sie eine Berechnung - es wird doch eine Frage -, wie viele Aufstocker es gäbe, wenn wir Ihrem Modell, das einen Hartz-IV-Regelsatz in Höhe von 500 Euro pro Person vorsieht, folgen würden?

(Zuruf von der LINKEN: Mindestlohn!)

Haben Sie einmal ausgerechnet, Kollege Gysi, dass, wenn man den von Ihnen geforderten Mindestlohn in Höhe von 11 Euro oder 10 Euro - ich weiß nicht, wie der Tageskurs bei Ihnen gerade ist - einführen würde -

(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)

Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE):
Ich schicke Ihnen unsere Programme zu, damit Sie das genau wissen. Das ist kein Problem.

Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP):
- gerne -, eine vierköpfige Familie etwa 1 000 Euro weniger hätte als eine Familie in Hartz IV, die nach Ihrem Modell einen Regelsatz von 500 Euro pro Person erhalten würde?

(Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE): Rechnen müsste man können!)

Ihre Forderungen bezüglich eines Mindestlohns und Hartz IV müssen Sie zusammen betrachten. Wie viele Aufstocker würde es dann geben? Haben Sie das einmal ausgerechnet?

Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE):
Aufstocker gäbe es nach unserem Modell überhaupt nicht, weil wir einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn verlangen, der dies eindeutig verhindern würde.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Sie müssen unsere Vorstellungen immer im Zusammenhang sehen. Den Regelsatz, den wir für Hartz-IV-Empfängerinnen und Hartz-IV-Empfänger als eine soziale diskriminierungsfreie Grundsicherung fordern, ist das eine; der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn ist das andere.

(Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP): Das passt nicht zusammen!)

Dann wäre das Lohnabstandsgebot eingehalten, und dann gäbe es all die Probleme nicht, die Sie dadurch anrichten, dass Sie sowohl die Steigerung des Regelsatzes als auch die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns verhindern.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Mittelstand braucht den flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn, den Sie verhindern. Er braucht auch steigende Löhne. Jetzt müssen Sie sich - auch Sie, Herr Brüderle - einmal mit der Tatsache auseinandersetzen, dass es nur eine kapitalistische Industriegesellschaft auf der Welt gibt, die in den letzten zehn Jahren einen Verlust beim Reallohn zu verzeichnen hatte, nämlich Deutschland: minus 4,5 Prozent - das gab es weder in den USA noch in Großbritannien noch in Frankreich noch in Skandinavien. Damit müssen Sie sich einmal auseinandersetzen. Deshalb sage ich Ihnen: Wenn wir dem Mittelstand helfen wollen, brauchen wir jetzt Lohnsteigerungen von mindestens 5 Prozent; besser wären 10 Prozent.

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von der FDP: 20! 30! 40!)

- Nein, wir übertreiben ja nicht.

Ich sage Ihnen noch etwas zu höheren Sozialleistungen; dazu gehört auch Hartz IV. Schauen wir uns doch einmal dieses einzigartige Schauspiel an, das Union, SPD, FDP und Grüne diesbezüglich geliefert haben. Das Bundesverfassungsgericht hat gestern vor einem Jahr entschieden, dass das Gesetz, in dem die Hartz-IV-Leistungen geregelt sind und das von diesen vier Fraktionen verabschiedet wurde, grundgesetzwidrig ist und dass es bis zum 31. Dezember 2010 eine Neuregelung geben muss. Sie haben versagt; es gibt bis heute keine Neuregelung.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN - Zuruf von der CDU/CSU: Stimmen Sie doch zu!)

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, in dem - auch das ist interessant - alle diskriminierenden und diffamierenden Strukturen von Hartz IV beibehalten wurden. Die Steigerung des Regelsatzes um 5 Euro hatten Sie schon vor zwei Jahren angekündigt; dafür hätten Sie gar nichts berechnen müssen. Sie haben ja auch gar nichts neu berechnet, sondern einfach die 5 Euro genommen. Wenn das so einfach ist, warum haben Sie den Gesetzentwurf nicht vor der Sommerpause vorgelegt?

(Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE): Richtig!)

Warum so spät? Warum haben Sie das absichtlich verzögert? Sie wollten, dass das Gesetz nicht zustande kommt.

(Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE): Das ist der Punkt!   Zuruf von der CDU/CSU: Thema verfehlt!)

Dann haben Sie auch noch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts missachtet. Es liegt keine Berechnung des Bedarfs für Kinder vor, obwohl das Bundesverfassungsgericht dies verlangt hat.

(Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU): Was hat das denn mit Mittelstandspolitik zu tun? - Gegenruf der Abg. Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE): Sehr viel!)

- Das kann ich Ihnen sagen: Der Mittelstand braucht Kaufkraft, und diese verweigern Sie dem Mittelstand. Das ist das Problem.

(Beifall bei der LINKEN - Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Sie haben die verdeckten Armen nicht aus der Berechnung herausgenommen, und Sie haben bei der Vergleichsberechnung nicht mehr die unteren 20 Prozent der Einkommen, sondern nur noch die unteren 15 Prozent einbezogen, um die 5 Prozent, die etwas besser verdienen, nicht in der Vergleichsrechnung zu haben. Damit verfolgen Sie ein Ziel: Es sollen nicht mehr als 5 Euro werden. Das alles halte ich für grundgesetzwidrig. Das bedeutet, dass das Bundesverfassungsgericht erneut angerufen werden wird.
Nun haben Sie dieses Gesetz beschlossen, der Bundesrat lehnte es ab, die Bundesregierung berief den Vermittlungsausschuss ein, und dieser bildete eine Arbeitsgruppe. Dann passierte das Übliche. Union, SPD, FDP und Grüne waren sich einig: In diese Arbeitsgruppe nehmen wir die Linke selbstverständlich nicht mit hinein.

(Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP): Richtig! Das bringt ja auch nichts!)

Warum fürchteten Sie uns dort? Aus zwei Gründen: erstens, weil Sie keine prinzipielle Kritik an Hartz IV hören wollten   denn Sie vier sind sich einig, was Hartz IV dem Grundsatz nach betrifft  , und zweitens, weil Sie befürchteten, dass die Linke dann erfährt, welche Nebendeals dort verabredet werden.

(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Oh! - Na, na! - Quatsch!)

Also haben Sie alle einmütig beschlossen: Die Linke darf nicht daran teilnehmen.

(Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Weltverschwörung!)

Daraufhin haben wir das Bundesverfassungsgericht angerufen und eine einstweilige Anordnung beantragt, und das Bundesverfassungsgericht hat dem Vermittlungsausschuss Fragen gestellt. Diese Fragen waren so gestellt, dass dem Vermittlungsausschuss klar war: Die einstweilige Anordnung wird höchstwahrscheinlich ergehen.

(Birgit Homburger (FDP): Zum Thema! - Thomas Strobl (Heilbronn) (CDU/CSU): Irgendwann müssen Sie aber auch noch etwas zum Mittelstand sagen!)

Daraufhin hat Herr Altmaier von der Union dem Bundesverfassungsgericht mitgeteilt, dass die Linke natürlich in diese wunderbare Arbeitsgruppe aufgenommen wird.

(Peter Altmaier (CDU/CSU): Was wir auch gemacht haben!)

  Ja, natürlich; das haben Sie auch gemacht.
Am 19. Januar dieses Jahres haben Sie dann   weil Sie ärgerte, dass die Linken jetzt doch von den Nebendeals erfahren

(Birgit Homburger (FDP): Mein Gott! Wovon reden Sie denn da?)

und Sie sich immer wieder unsere prinzipielle Kritik anhören mussten   eine illegale Gruppe außerhalb der Arbeitsgruppe gebildet. Diese illegale Truppe sollte alles vorbereiten: für den Vermittlungsausschuss, für den Bundestag und für den Bundesrat. Das Problem ist nur: Ohne uns ist selbst diese illegale Truppe zu keinem Ergebnis gekommen. Damit haben wir es jetzt zu tun.

(Thomas Strobl (Heilbronn) (CDU/CSU): Mit illegalen Truppen haben Sie ja Ihre Erfahrungen! Damit kennen Sie sich aus! Das ist wahr!)

  Ich sage Ihnen eines: Sie sollten einmal darüber nachdenken, warum Ihre Fraktion nie die Hilfe des Bundesverfassungsgerichts benötigt, um ihre Rechte zu bekommen, und warum nur die Linke immer wieder den Weg zum Bundesverfassungsgericht gehen muss. Das liegt an Ihrer grundgesetzwidrigen Einstellung im Verhältnis zur Linken. So ist das.

(Beifall bei der LINKEN - Peter Altmaier (CDU/CSU): Vielleicht liegt das auch an Ihnen!)

  Damit haben Sie, Herr Altmaier, übrigens auch das Versprechen, das Sie gegenüber dem Bundesverfassungsgericht abgegeben haben, gebrochen. Ich weiß, dass die Bundesverfassungsrichter so etwas nicht mögen.

Jetzt gibt es, wie gesagt, kein Ergebnis. Das bedeutet: 6,5 Millionen Betroffene wissen eigentlich nicht, woran sie sind.

(Thomas Strobl (Heilbronn) (CDU/CSU): Sagen Sie auch noch mal etwas zum Mittelstand?)

Das Gesetz, das es einmal gab, ist grundgesetzwidrig und gilt nicht mehr. Ein neues Gesetz liegt aber nicht vor. Unter den 6,5 Millionen Betroffenen sind 1,8 Millionen Kinder.

(Dieter Jasper (CDU/CSU): Mittelstand!)

Schon jetzt steht fest: Für drei Monate ist ihnen der Zuschuss zum Mittagessen unersetzlich entzogen.

(Ernst Hinsken (CDU/CSU): Reden Sie gerade über die Kinder von Mittelständlern?)

Ich finde das alles skandalös. Wenn der einzige Unterschied zwischen SPD und Grünen auf der einen Seite und Union und FDP auf der anderen Seite darin besteht, dass die einen eine Regelsatzerhöhung um 5 Euro und die anderen eine Erhöhung um 11 Euro wollen, muss ich Ihnen sagen: Auch für arme Leute ist das eine Verhöhnung. Darum kann es im Prinzip nicht gehen.

(Beifall bei der LINKEN - Thomas Strobl (Heilbronn) (CDU/CSU): Da hat Ihnen jemand definitiv die falsche Rede aufgeschrieben! Sehr schade!)

Wieder einmal wird die Aufgabe, Politik zu machen, dem Bundesverfassungsgericht übertragen. Die FDP tut alles, um Lohnniveau, Renten- und Sozialleistungen zu senken. Ich sage Ihnen: Das ist eine mittelstandsfeindliche Politik.

Interessant ist auch Folgendes: Die Interessenverbände des Mittelstands fordern Steuervereinfachung und Bürokratieabbau. Im Unterschied zur FDP fordern sie nicht Steuersenkungen, sondern Steuervereinfachung und Bürokratieabbau.

(Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Ja! Das machen wir ja gerade! Darum kümmern wir uns!)

Dabei haben sie in uns einen Partner.

(Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ach ja? Interessant! Seit wann kümmert sich denn die Linke um Bürokratieabbau und Steuervereinfachungen?)

  Es gibt wunderbare Steuervereinfachungen: höherer Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer, linearer Tarifverlauf, endlich ein Abbau des Steuerbauches für die durchschnittlich Verdienenden, der überhaupt nicht gerechtfertigt ist, und eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes bei der Einkommensteuer von 42 auf 53 Prozent für alle Einkommen, die man oberhalb von 72 000 Euro erzielt. Ja, dann müssten wir alle mehr Steuern zahlen. Dazu kann ich aber nur sagen: Na und? Das würde für mehr Gerechtigkeit sorgen und das Allgemeinwohl stärken.

(Beifall bei der LINKEN)

Im Übrigen würde das auch Existenzgründerinnen und Existenzgründern nützen.
Was machen Sie? Lassen Sie mich ein Beispiel nennen: die Abgeltungsteuer. Die Reichen müssen nach der Abgeltungsteuer 25 Prozent Steuern zahlen, unter anderem auf Zinseinnahmen. Das ist Geld von Geld. Ein Unternehmen, das Gewinn gemacht hat und investiert, muss viel höhere Steuern zahlen. Erklären Sie doch einmal, wieso man fürs Nichtstun, wenn man also Geld bekommt, so viel weniger Steuern zahlen muss, als wenn man etwas tut. Nein, da haben Sie gar nichts verbessert.

(Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP): Das ist doch schon versteuert!)

  Ich kenne die FDP-Argumentation. Wissen Sie, wie Ihre Argumentation immer lautete? Sie lautete: Weil es so viel Steuerhinterziehung gibt, muss man den Steuerhinterziehern entgegenkommen.

(Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Ach! So ein Quatsch! Aber dieses Geld wurde doch schon versteuert!)

Ich sage Ihnen: Dieses Entgegenkommen gegenüber Kriminellen nutzt Ihnen gar nichts   ganz im Gegenteil.

(Beifall bei der LINKEN - Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP): Sie verstehen gar nichts!)

  Ja, es kann schon sein, dass Sie viel mehr von allem verstehen. Aber die Ergebnisse Ihrer Politik sehen wir, und die sind katastrophal, lieber Herr Lindner.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sage Ihnen: Auch Ihre Steuerpolitik ist mittelstandsfeindlich.
Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass wir gut ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchen. Hier ist Ihnen allerdings ein großer Vorwurf zu machen. Es gibt in Deutschland 16 verschiedene Schulsysteme.

(Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Wir sind gerade bei der Mittelstandspolitik, Herr Gysi! Nur mal ganz nebenbei!)

Ich habe Ihnen schon einmal erklärt: Das ist 19. Jahrhundert. Wir brauchen ein Top-Bildungssystem von Mecklenburg-Vorpommern bis Bayern. Davon sind wir meilenweit entfernt. Sie trennen die Kinder so früh wie möglich, um soziale Ausgrenzung zu betreiben. Das ist nicht der Weg, um ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu bekommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Allerdings sage ich auch, dass die kleinen und mittelständischen Unternehmen zu wenig ausbilden. Wir brauchen erstens Topschulen. Wir brauchen auch eine Ausbildungsumlage für Unternehmen, die jene Unternehmen bezahlen müssen, die ausbilden könnten, es aber nicht tun. Wir brauchen verbindliche Vereinbarungen über die Zahl der Ausbildungsplätze und ausreichende Studienplätze, und zwar ohne Studiengebühren. Dazu sage ich Ihnen noch etwas: Die ärmeren Leute in Bayern studieren inzwischen in Berlin, weil es in Berlin keine Studiengebühren gibt. Sie können nicht alles zulasten Berlins regeln. Das will ich Ihnen auch einmal so deutlich sagen.

(Beifall bei der LINKEN – Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir werden in Berlin keine Studiengebühren einführen, selbst wenn Sie sie in Bayern erhöhen. Ich glaube allerdings, dass wir von den Studiengebühren wegkommen müssen.
Die Forschungsförderung, die Sie planen, planen Sie übrigens zu 80 Prozent für Konzerne und nur zu 20 Prozent, lieber Herr Brüderle, für die kleinen und mittelständischen Unternehmen; das sind gerade einmal 300 Millionen Euro. Warum erfolgt diese Ungerechtigkeit?   Leider läuft meine Zeit ab. Ich hätte Ihnen noch so viel zu sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der CDU/CSU: Das ist eine gute Nachricht!)

  Ich wusste es. Wissen Sie, ich bekomme so selten Beifall von Ihnen, dass ich ab und zu einen solchen Satz sagen muss, um ihn doch zu bekommen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der FDP: Gut, dann machen wir das noch einmal!)

Lassen Sie mich den letzten Satz sagen. Die größten Hemmnisse sind übrigens die Banken, die so gut wie keine Kredite an kleine und mittelständische Unternehmen vergeben. Diese Unternehmen haben größte Schwierigkeiten, Kredite zu bekommen. Sie unternehmen nichts dagegen. Die größten Hemmnisse für den Mittelstand sind die Deutsche Bank und die sich nach ihr richtende Politik dieser Bundesregierung.
Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN   Ernst Hinsken (CDU/CSU): Sie reden von Schulen! Thema verfehlt! Note sechs!)