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Deindustrialisierung der Bundesrepublik in der Photovoltaik (Solarstrom) verhindern

Archiv Linksfraktion - Rede von Ralph Lenkert,

Frau Präsidentin!

Sehr geehrte Damen und Herren!

das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) ermöglichte das Entstehen von Firmen, die im deindustrialisierten Osten zu neuen Arbeitsplätzen und neuem Lebensmut führten.
Insbesondere dank der Solarbranche sank z.B. in der Region Erfurt die Arbeitslosigkeit von 19 Prozent 2005 auf 12 Prozent 2009 - ein Riesenerfolg.

Soweit, so gut - aber:

Zum 1. Januar 2010 sank die Einspeisevergütung für Solarstrom um 9 Prozent, zum 1. Januar 2011 wird sie, länger geplant, um weitere 9 -11 Prozent sinken.
Das ist viel und jetzt will die Regierung die Vergütung zum 1. Juli um nochmals 16 Prozent senken - das können die Firmen nicht verkraften.
Die Folgen sind Unsicherheiten bei Firmen und Ängste bei den Beschäftigten.
Geplante neue Fertigungsanlagen für Solarprodukte wurden nicht mehr gebaut und bestehende sind akut gefährdet. -

In einem Interview mit der Financial Times Deutschland vom 13. April ließ uns der Chef von Schott Solar, Martin Heming, wissen:

„Wegen der zum 1. Juli sinkenden Förderraten steigt der Druck, kostengünstiger zu produzieren, denkbar ist eine neue Fabrik in China.“ Und weiter: „Investitionen in neue Fabriken oder Erweiterungen in Deutschland sind wegen der politischen Lage nicht mehr geplant.“

Sie, meine Damen und Herren von CDU/CSU und FDP, ignorieren alle Einwände gegen die geplanten Kürzungen.
Sie ignorieren die Proteste der Beschäftigten und Gewerkschaften.
Sie wischen die Warnungen selbst von Industrieverbänden vor dem Verlust von Arbeitsplätzen und vor dem Verlust der Technologieführerschaft vom Tisch.

Ich frage:

WARUM ignorieren Union und FDP im Bundestag sogar die Bitte der CDU-Ministerpräsidentin Lieberknecht, Thüringen, und die Entschließung des Bundesrates?

Der Schutz der Verbraucher vor zu hohen Strompreisen kann es nicht sein.
2 Cent je Kilowattstunde zahlen wir zusätzlich für die erneuerbaren Energien, aber um 4 Cent je Kilowattstunde stiegen die Strompreise seit 2006 ohne Gegenleistung, ohne Kostengründe - nur zur Gewinnerhöhung, Bonussteigerung und Aktionärs-beglückung. ----
Ginge es Ihnen wirklich um die Verbraucher, hätten sie diesen Missbrauch der Marktmacht verhindert.

Auch heute geht es Schwarz-Gelb vor allem um Gewinnssicherung für Groß-Konzerne.
Mit geplanten Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke fing es an und jetzt geht es um die Sicherung des Strom-Erzeugungsmonopols für E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW, durch die Änderung des EEG.


Solarstrom hat das größte Potential, dezentral- monopolbrechend erzeugt zu werden.
Mit geringen Investitionsvolumen kann man Strom produzieren - nicht viel je Modul, aber an vielen Orten.
So lange, wie sich kleine Anlagen rechnen, kann man die dezentrale Erzeugung kaum verhindern.

Aber mit der radikalen Kürzung der Einspeisevergütung müssen die Anlagenkosten je installierter Kilowattstunde deutlich sinken.
Wer erhält die großen Preis-Rabatte bei Herstellern und Installationsfirmen?
Frau Meyer mit 20 Quadratmetern Dachfläche oder der Betreiber der 10.000 Quadratmeter im Solarpark?
Wo kann man dann bei den viel niedrigeren Zuschüssen für Solarstrom noch wirtschaftlich Strom erzeugen? Also auf Meyers Dach jedenfalls nicht. -

Dass bei ihrer Gewinnsicherung für die gierigen vier Konzerne ein paar mittelständische Solar-Unternehmen in Ostdeutschland mit 50.000 Beschäftigten hinten runterfallen, ist den Koalitionären egal - Kollateralschäden gab´s halt schon immer. - - -

Als Ausgleich spendieren sie eine zusätzliche Förderung der Solarforschung - 100 Millionen Euro in 4 Jahren.
Atomkraftwerke wurden laut Greenpeace in 60 Jahren mit 165 Milliarden Euro unterstützt.
Die Förderung der Solarindustrie erreicht bei dauerhafter Beibehaltung des jetzigen Gesamtniveaus dann die Höhe der Atomförderung - also 165 Mrd Euro- in nur 3.300 Jahren.

Oder anders: Sie fördern pro Jahr die Solarindustrie mit so viel Geld, wie der Castortransport kostet,
der je Jahr Laufzeitverlängerung der Atomkraft zusätzlich rollt.
Die 100 Millionen sind die 30 Silberlinge, damit die Landesregierungen stillhalten.


Die Linke fordert in ihrem eigenem Antrag, die verheerende Kürzung der Einspeisevergütung durch die Regierung zu verhindern.
Wir setzen auf eine kalkulierbare Verringerung der Einspeisevergütung.
Die Verringerung soll zur Vermeidung von Auftragsspitzen nicht einmal im Jahr, sondern in Schritten erfolgen.
Dieser Antrag brächte die notwendige Zeit für die Anpassungen in der Solarbranche.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

in den Solarbetrieben zwischen Ostsee und Bodensee, auch bei Schott in Jena, Q-cells in Thalheim warten Menschen auf das Resultat dieser Abstimmung.

Viele der jetzigen Beschäftigten der Solarbranche kamen aus jahrelangem ALG 2- oder Hartz IV-Bezug.

Manche haben Kinder, die 2009 das erste Mal in ihrem Leben mit ihren Eltern in einen Urlaub fahren konnten - von unserer Entscheidung hängt es ab,
ob das Schreckgespenst Hartz IV in die Wohnungen zurückkehrt oder ob es auch 2011 einen Familienurlaub gibt.

Ob die heute 500 Azubis dieser Branche in Thüringen zu Hause oder westwärts ihr Glück suchen müssen - auch das hängt von unserer Entscheidung ab.


Wir Abgeordnete sind nicht den Gewinnen der Konzernzentralen von E.ON in Düsseldorf, von EnBW in Karlsruhe von RWE in Essen oder Vattenfall in Stockholm verpflichtet.

Insbesondere meinen Kollegen aus Ostdeutschland, aus Thüringen sei gesagt.
Zerstören Sie nicht die Hoffnungen der Menschen in der Solarbranche, blasen sie einer Zukunftsindustrie nicht das Licht aus.


Danke