Wenn wir hier über Leitlinien der Innenpolitik reden, dann dürfen wir einen wichtigen Pfad nicht aussparen: den Kampf gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus. Kürzen Sie nicht die Mittel, die für die Initiativen vor Ort nötig sind, die sich für Demokratie und Toleranz engagieren! Schaffen wir gemeinsam eine Lösung zur Förderung der Strukturprojekte gegen Rechtsextremismus.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir hier über Leitlinien der Innenpolitik reden, dann dürfen wir einen wichtigen Pfad nicht aussparen: den Kampf gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus.(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir erleben gerade aktuell in den Wahlkämpfen in Berlin und in Mecklenburg-Vorpommern, wie rechtsextremistische Kameraden zunehmend aggressiv und gewalttätig agieren. Aber es geht hier nicht nur um Wahlkampf; es geht um den Alltag in Ost und West. Sie wissen: Wir fragen seit Jahren Monat für Monat nach den Straf- und Gewalttaten mit rechtsextremistischem Hintergrund. Allein der offizielle Befund ist alarmierend: Im Bundesdurchschnitt werden inzwischen stündlich drei rechtsextrem motivierte Straftaten registriert und täglich drei Gewalttaten.
Deshalb muss das ein Thema bleiben. Ich wünsche mir, dass wir dazu, auch im Plenum des Bundestages, eine konstruktive und ressortübergreifende Debatte zu Strategien und nachhaltigem Widerstand gegen diese Entwicklung führen.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRܬNEN])
Nun wurde in diesen Tagen wieder vorgeschlagen, die NPD verbieten zu lassen. Ich halte das im Moment für eine untaugliche Ersatzdebatte. Denn erstens wurde gerade ein Verbotsverfahren blamabel in den Sand gesetzt und zweitens reduzieren sich Rechtsextremismus und Rassismus keineswegs nur auf Mitglieder dieser Partei oder den rechten Rand.
Ich will das an einem aktuellen Beispiel aus dem Berliner Alltag illustrieren. In Pankow-Heinersdorf tobt derzeit ein Streit, ob eine seit 1924 hier in Berlin ansässige muslimische Gemeinde dort eine Moschee bauen darf. Viele Bürgerinnen und Bürger sind verängstigt. Sie erhalten - gewollt oder ungewollt - Flankenschutz von der NPD und von rechtsextremen Kameradschaften. Und sie erfahren großzügiges Verständnis von Teilen der Berliner CDU. Ich finde das verantwortungslos. Natürlich muss man die Sorgen von Bürgerinnen und Bürgern ernst nehmen. Aber man darf sie nicht noch schüren und schon gar nicht darf man Bestrebungen unterstützen, nach denen Pankow-Heinersdorf eine Enklave sei, wo das Grundgesetz, das Toleranzgebot und die Religionsfreiheit nicht gelten.
Das ist keine alleinige Angelegenheit von Teilen der Berliner CDU oder der Berliner Politik, sondern der Bundespolitik. Schauen Sie nur einmal, welches Bild von Muslimen und anderen Bevölkerungsgruppen alltäglich gezeichnet wird. Sie erscheinen viel zu oft synonym für Gewalt und Terror. Damit werden Millionen Mitbürgerinnen und Mitbürger in eine gefährliche Sippenhaft genommen, für die es keinerlei Grund gibt.
Auch die gestern auf der Innenministerkonferenz beschlossene Antiterrordatei droht ein weiterer Baustein dafür zu werden.
(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Das beschließen wir hier!)
Ich will jetzt nicht über die Datei an sich reden; dazu werden wir noch viel Zeit haben. Aber durch die Aufnahme solcher Daten wie Religionszugehörigkeit wird eine große Bevölkerungsgruppe unter Generalverdacht genommen. Ich finde, das schafft ein Klima, das für eine weltoffene und tolerante Gesellschaft Gift ist. Deshalb ist die Linke prinzipiell dagegen.
Nun noch ein abschließender Gedanke zum Geld; denn wir führen ja hier eine Haushaltsdebatte. Ich kann namens der Linken im Bund und in den Ländern nur inständig appellieren: Kürzen Sie nicht die Mittel, die für die Initiativen vor Ort nötig sind, die sich für Demokratie und Toleranz engagieren! Schaffen wir gemeinsam eine Lösung zur Förderung der Strukturprojekte gegen Rechtsextremismus.
(Beifall bei der LINKEN)
Denn wir brauchen sie wie das tägliche Brot. Gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus hilft letztendlich nur eines: eine couragierte Zivilgesellschaft, die ihre Demokratie, ihre Bürgerrechte und damit ihr Grundgesetz verteidigt.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)