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Bundesregierung darf Asylkompromiss 2.0 nicht zustimmen!

Archiv Linksfraktion - Rede von Clara Bünger,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Morgen jährt sich die Verabschiedung des sogenannten Asylkompromisses. Am 26. Mai 1993 beschloss der Bundestag nach 14-stündiger Debatte bis dahin ungekannte Asylrechtsverschärfungen. Im Kern ging es um die Einführung einer Drittstaatenregelung. Da alle Nachbarländer der Bundesrepublik für sicher erklärt wurden, hatte, wer auf dem Landweg einreiste, faktisch kein Recht mehr auf Asyl in Deutschland.

Jetzt, 30 Jahre später, steht eine Asylrechtsverschärfung von noch größerem Ausmaß bevor. Am 8. Juni werden die EU-Innenminister/-innen, darunter Nancy Faeser, in Brüssel über die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems abstimmen. Es geht um ein beispielloses Programm der Entrechtung von allen Menschen, die in Zukunft Schutz in der EU suchen. Die Pläne sehen vor, an den EU-Außengrenzen verpflichtende Grenzverfahren einzuführen und Schutzsuchende massenhaft zu inhaftieren, sogar Kinder. Und das steht klar im Widerspruch zur UN-Kinderrechtskonvention.

(Beifall bei der LINKEN)

Außerdem soll die Drittstaatenregelung massiv verschärft werden, diesmal auf europäischer Ebene. Dies würde ermöglichen, Asylsuchende pauschal an angeblich sichere Drittstaaten zu verweisen, ohne ihre Asylanträge inhaltlich zu prüfen. Das ist ein gefährlicher Schritt hin zur Beseitigung des Rechts auf Asyl in der EU.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Schon jetzt werden auf den griechischen Ägäis-Inseln unzählige Menschen inhaftiert, die nichts weiter getan haben, als einen Asylantrag zu stellen. Ich habe vor Ort Rechtshilfe auf der Insel Chios gegeben. Dort habe ich selbst erlebt, wie verheerend die Zustände in den Haftlagern vor Ort sind. Selbst Kinder unternehmen Suizidversuche in diesen Lagern. Der Horror, der im Rahmen des EU-Türkei-Deals erprobt wurde, soll jetzt überall in der EU Realität werden. Seit Ende April wissen wir, dass die Bundesregierung – SPD, Grüne und FDP – die Pläne der EU-Kommission im Großen und Ganzen befürwortet. Das widerspricht diametral den Vereinbarungen in Ihrem Koalitionsvertrag.

(Beifall bei der LINKEN)

Zur Erinnerung: Sie wollten das Leid an den Außengrenzen beenden. Jetzt sind Sie auf dem Weg, es zu verschlimmern. Mehr als 50 Organisationen warnen in einem gemeinsamen Appell an die Bundesregierung vor der Entwertung europäischer Grund- und Menschenrechte und der Erosion rechtsstaatlicher Grundsätze. Dem kann ich mich als Linke und Juristin nur anschließen.

(Beifall bei der LINKEN)

Grund- und Menschenrechte fallen nicht vom Himmel. Sie müssen erkämpft und in schwierigen Zeiten entschlossen verteidigt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt ist der historische Moment, das zu tun. Wir alle müssen um diese Grund- und Menschenrechte kämpfen; sonst haben wir Sie bald nicht mehr.

Ich komme gleich zum Schluss.

Heute hätten die Abgeordneten der SPD, FDP und Grünen die Gelegenheit gehabt, unserem Antrag zu zuzustimmen. Dass Sie die Sofortabstimmung verhindert haben, lässt tief blicken und gibt mir keine Hoffnung, dass Sie an Ihrer Position noch etwas ändern,

(Stephan Brandner [AfD]: Hallo! Ein Satz!)

und das ist eine Schande.

(Beifall bei der LINKEN)