Sehr geehrter Herr Präsident,
werte Kolleginnen und Kollegen,
der Gesetzentwurf der Bundesregierung, der heute Gegenstand der Beratungen ist, sieht rechtliche Rahmenbedingungen für eine sichere und vertrauenswürdige Kommunikation zwischen den Bürgerinnen und Bürgern auf der einen, und der Wirtschaft und der Verwaltung auf der anderen Seite im Internet vor. In der Öffentlichkeit wird dieser Gesetzentwurf vor allem mit den Begriffen „de-mail“ und „de-safe“ diskutiert und transportiert.
E-Mails, so weit so richtig im Gesetzentwurf der Bundesregierung, sind zu einem Massenkommunikationsmittel geworden. E-Mails sind preiswert, schnell, einfach und ortsunabhängig, heißt es in dem Entwurf weiter. Dieser Aussage ist von Seiten der LINKEN nicht in allen Details zuzustimmen. Denn die Nutzung von E-Mails setzt meist die Bereitstellung geeigneter technischer Gerätschaften und Infrastrukturen voraus, über die wir hier im Plenum bereits mehrfach gesprochen haben. Denn nicht alle Regionen der Republik können entsprechende Infrastrukturen zur barrierefreien und schnellen Nutzung von E-Maildiensten bereitstellen. Zudem ist es vielen Bürgerinnen und Bürgern, vor allem aber sozial Benachteiligten, nicht möglich, die technischen Gerätschaften, die für die Kommunikation im Internet notwendig sind, zu erwerben oder bereit zu stellen. An diesen Punkt greift auch die Entschließung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 16. April des Jahres ein. Hierin wird kritisiert, dass durch den Gesetzentwurf eine Benachteiligung von Bürgerinnen und Bürgern, die über kein Bürgerkonto verfügen, nicht ausgeschlossen wird. Zu Recht mahnt die Bundesregierung die Kostenersparnis durch eine sichere Kommunikationsplattform im Internet für viele Bereiche des öffentlichen und privatwirtschaftlichen Lebens an. Dieses richtige Argument darf aber nicht den Blick darauf verstellen, dass sowohl aus finanziellen als auch aus sozialen und gesundheitlichen Gründen nicht alle Bürgerinnen und Bürger des Landes die ins Gespräch gebrachten Bürgerplattformen nutzen werden (können). Diesen darf jedoch daraus kein Nachtteil oder gar ein Zwang zur technischen Nachrüstung oder persönlichen Nachschulung entstehen. Dazu allerdings findet sich im Gesetzentwurf kein Wort.
Überhaupt hat die Konferenz der Datenschützer mehrere Kritikpunkte formuliert, die dringend beachtet werden müssen und ohne die der vorgelegte Gesetzentwurf das Parlament nicht passieren darf.
Zwar stellt der Entwurf darauf ab, dass Voraussetzung für eine Akkreditierung von Dienstanbietern von so genannten Bürgerportalen, der Nachweis der technischen und administrativen Sicherheit gegenüber dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ist, jedoch wird nicht geregelt, dass auch die tatsächliche Einhaltung der datenschutzrechtlichen Standards kontinuierlich vorgenommen wird. Gerade die Datenschutzverstöße bei der Bahn, der Telekom, Airbus, Müller, LIDL und Daimler haben uns allen vor Augen geführt, dass ein Datenschutzrecht gut und schön ist, aber es systematisch umgangen wird. Regelmäßige Kontrollen sind also nötiger, als jemals zuvor.
In Zeiten der zunehmenden Technisierung der Kommunikation steigt auch die so genannte Internetkriminalität besorgniserregend an. Vor allem im elektronischen Geschäftsverkehr kommt es vielfach zu Missbrauch und Betrugsversuchen. Dem einen Riegel vorzuschieben und die Nutznießer derartiger Kriminalität zur Rechenschaft zu ziehen, war auch immer Anliegen der konsequenten Bürgerrechts- und Datenschutzpolitik der LINKEN.
Um jedoch der Internetkriminalität das Leben zumindest etwas schwerer zu machen, reicht es eben nicht aus, wie vorgeschlagen, lediglich die Vertraulichkeit, die Integrität und die Authentizität von Nachrichteninhalten durch einen verschlüsselten Transport zu gewährleisten. Nein, vielmehr muss auch ausgeschlossen werden, dass Nachrichten bei den Portalbetreibern oder Dienstanbietern nicht von Dritten eingesehen, manipuliert oder gar gelöscht werden können. Hier besteht ein großes Defizit im Gesetzentwurf, das dringend behoben werden muss.
Auch die vorgesehene Möglichkeit der Anmeldung bei Bürgerportalen durch Passwörter, öffnet Angriffen durch Schadsoftware Tür und Tor. Dadurch wird das gesamte Projekt des sicheren Bürgerportals diskreditiert.
Für die weitere Debatte möchte ich deshalb auf die zahlreichen Stellungnahmen der Datenschützer in diesem Lande verweisen und hoffe, dass die Regierung nach den Beratungen in den Ausschüssen in der Lage ist, eine deutlich korrigierte Fassung ihrer im Grundsatz zu begrüßenden Initiative auf den Tisch zu legen. Andernfalls kann DIE LINKE diesem Gesetzentwurf nicht nur nicht zustimmen, sondern muss erneut darauf verweisen, dass die Bundesregierung den Datenschutz in diesem Lande lediglich mit Desinteresse und Unfähigkeit begegnet.
Bürgerportale grenzen aus und sind nicht sicher
Archiv Linksfraktion -
Rede
von
Jan Korte,