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Bürgergeld-Reform à la AfD: Arbeitszwang und Mobilitätseinschränkung

von Heidi Reichinnek,

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD versucht sich an den Themen „Arbeitsmarkt“ und „Sozialpolitik“ und scheitert bei beiden kolossal, wie zu erwarten war.

(Beifall bei der Linken)

Ein Beispiel: Um mehr Fachkräfte zu gewinnen, wollen Sie den Vermittlungsvorrang wieder einführen. Aber was heißt Vermittlungsvorrang? Na ja, dass Menschen den erstbesten Job annehmen müssen und eben nicht eine Aus- oder Weiterbildung ermöglicht bekommen, durch die sie ja erst zu Fachkräften werden. Sie merken schon, dass das ein Widerspruch ist, oder?

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Was wir brauchen, ist mehr Unterstützung bei der Weiterqualifizierung und nicht weniger.

Wirklich bemerkenswert finde ich auch, was Sie so unter „aktivierenden Anreizen“ verstehen. Sie von der AfD wollen allen Ernstes, dass Autos in Zukunft auf das Schonvermögen angerechnet werden.

(Matthias W. Birkwald [Die Linke]: Was?)

Aktuell ist das übrigens schon der Fall, wenn der Wert des Autos 15 000 Euro übersteigt. Eine Luxuskarosse ist also sowieso nicht drin. Dass Sie nun die Anrechnung des Kleinwagens wollen, ist völlig absurd. Ist das Ihr Versuch, nun doch einen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel zu leisten? Wissen Sie, wie oft ein Auto Voraussetzung für einen Job ist, gerade im ländlichen Raum?

(Beifall bei der Linken)

Es ist sicher richtig, mehr Menschen zur Nutzung des ÖPNV zu bringen, aber doch bitte nicht so.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Was wir brauchen, ist Mobilität für alle, und zwar unabhängig vom Geldbeutel.

Und selbstverständlich will die AfD Sanktionen und Arbeitszwang gleich dazu – ihr Motto: Wer nicht arbeiten will, der soll auch nicht essen. – Zum Glück hat das Bundesverfassungsgericht eindeutig geurteilt: Die Menschenwürde muss nicht erarbeitet werden.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Menschen hungern zu lassen, verstößt explizit gegen die Menschenwürde. Gut, ich weiß, mit der Verfassung haben Sie es nicht so, mit Menschenwürde auch nicht,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

und auch die Wissenschaft ist nicht Ihr Freund.

(Beifall bei der Linken)

Aber ich versuche es trotzdem mal: Zahlreiche Studien zeigen, dass Sanktionen nicht zur Vermittlung in Arbeit führen. Aber Ihnen geht es auch gar nicht um bessere Vermittlung, oder? Sie wollen vor allem nach unten treten. Was wir aber brauchen, ist vor allem ein starker Sozialstaat, der die Menschen unterstützt und nicht bestraft.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Und an die Ampel: Dass Sie sich bei diesem Thema von der AfD und der Union vor sich hertreiben lassen, finde ich eine Katastrophe. Ausgerechnet ein sozialdemokratischer Arbeitsminister hat die 100-Prozent-Sanktionen beim Bürgergeld wieder eingeführt.

(Maximilian Mordhorst [FDP]: Das ist gut so! Dank der FDP!)

Das betrifft wenige Tausend Personen, die häufig enorme psychische Probleme haben. Wem helfen diese Sanktionen? Was, glauben Sie, passiert, wenn Sie Menschen das Geld für Essen nehmen? Noch längere Schlangen an den überfüllten Tafeln, Diebstahl, Kredite, die nicht zurückgezahlt werden können:

Das ist doch eine Abwärtsspirale. Das ist doch nicht auf Ihrem Niveau.

Ich fordere Sie an der Stelle ganz klar auf, die Aushöhlung des Sozialstaates zu verhindern, statt denen da auch noch die Schaufeln dafür zu liefern.

(Beifall bei der Linken)