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Foto: Rico Prauss

Bosnien-Herzegowina braucht Demokratie und Perspektive statt Bundeswehreinsätze

Rede von Dietmar Bartsch,

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir alle erinnern uns noch daran, dass 1995 der Bundestag das erste Mal, und zwar zu Recht, einem friedenssichernden Auslandseinsatz der Bundeswehr in Bosnien-Herzegowina zugestimmt hat, nämlich IFOR – später dann den EU-Missionen SFOR und EUFOR Althea. Seit über 30 Jahren, mit Unterbrechung, schickt unser Parlament Soldatinnen und Soldaten nach Bosnien-Herzegowina, um den Staatsaufbau militärisch abzusichern. Bei allem berechtigten Dank an die Soldatinnen und Soldaten frage ich: Wie viele Jahrzehnte sollen die deutschen Militärmissionen dort noch weitergehen? Es ist ja richtig, dass wir jetzt evaluieren, und ich wünsche mir, dass wir hier zu einem anderen Ergebnis kommen.

Meine Damen und Herren, was ist Bosnien-Herzegowina für ein Staat, der unter EU-Patronage aufgebaut worden ist? Zwei Drittel des staatlichen Budgets dieses Landes gingen nur dafür drauf, Verwaltungsjobs für die politischen Eliten der drei Volksgruppen – die serbische, die kroatische und die bosniakische – zu schaffen. Da werden sich Jobs zugeschanzt. Ein Drittel – ein Drittel! – der Bevölkerung von Bosnien-Herzegowina lebt im Ausland, die meisten als Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigranten in Westeuropa. Und über all dem thront dann noch ein deutscher De-facto-Gouverneur,

(Zuruf des Abg. Boris Mijatovic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

der Gesetze mit einem Federstrich beschließen, ändern und wieder abschaffen kann. Das ist ein unhaltbarer Zustand.

Meine Damen und Herren, die Bundesregierung sollte besser daran arbeiten, die Wirtschaft in diesem armen Land auf Vordermann zu bringen. Ein Staatskonstrukt mit Jobs für die politische Elite und neoliberalen Experimenten für die breite Masse bringt keine Stabilität nach Bosnien-Herzegowina. Die grundlegenden Ansätze der deutschen Politik für das Land müssen geändert werden.

Meine Damen und Herren, die Menschen in Bosnien-Herzegowina brauchen ein demokratisches politisches System – da haben Herr Mijatović und Herr Nietan völlig recht – und endlich wirtschaftliche Perspektiven und keine weitere Verlängerung des Auslandsmandats.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der Linken)