Zum Hauptinhalt springen

Berufsbildungsbericht offenbart Ausbildungskrise

Rede von Nicole Gohlke,

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Es ist absurd: In nahezu allen Branchen stehen wir vor einem krassen Fachkräftemangel, aber Deutschland leistet sich fast 3 Millionen junge Menschen ohne Berufsabschluss: 19 Prozent der 20- bis 34-Jährigen. Das besagt der aktuelle Berufsbildungsbericht. Wir leisten uns, dass immer mehr junge Menschen die Schule verlassen und dann wirklich im Nirgendwo stranden, etliche von ihnen übrigens mit einem durchaus guten Abschluss, aber trotzdem ohne Perspektive, wie es für sie weitergehen kann. Sie sind schon in jungen Jahren frustriert und entmutigt. So etwas leisten wir uns, und gleichzeitig wissen wir aber nicht, wie wir den Mangel an Pflegekräften und Erziehern, an Handwerkerinnen und Handwerkern oder Technikern beheben sollen. Das ist völlig verrückt!

(Beifall bei der Linken)

Die Wahrheit ist: Das Schul- und Ausbildungssystem gehört reformiert und aufgepäppelt. Es gehört in die Lage versetzt, seinem Bildungsauftrag nachzukommen und nicht nur den Notbetrieb aufrechtzuerhalten.

(Beifall bei der Linken)

Da gehört Geld reingesteckt. Die Arbeitsbedingungen für die Lehrenden gehören attraktiv gemacht, und die Bildungseinrichtungen müssen natürlich auch modern und inklusiv werden.

(Zuruf von der FDP)

Das ist die Antwort, wenn wir nicht jedes Jahr noch schlimmere Zahlen lesen wollen.

(Beifall bei der Linken)

Ich finde es fatal, wenn den jungen Menschen immer wieder eingeredet wird, sie seien selbst schuld, wenn sie keinen Ausbildungsplatz bekommen. Nein, wenn jedes Jahr 250 000 junge Menschen keinen Ausbildungsplatz finden und dann in einem Übergangssystem ohne Aussicht auf einen Berufsabschluss landen, dann läuft da gewaltig etwas schief, und zwar im System und nicht bei den Jugendlichen. Was es jetzt vor allem braucht, ist ein Rechtsanspruch für jeden jungen Menschen auf eine voll qualifizierende Ausbildung

(Beifall bei der Linken)

und nicht nur eine halbgare Ausbildungsgarantie für eine Handvoll Jugendliche. Das ist an dieser Stelle zu wenig.

Was es zudem braucht, ist mehr Commitment vonseiten der Unternehmen und der Betriebe. Es sind keine 19 Prozent der Betriebe mehr, die überhaupt noch ausbilden; aber die fertig ausgebildeten Arbeitskräfte werden dann natürlich ganz gerne von allen genommen. Deswegen müssen wir darüber reden, wie wir mehr Unternehmen dazu bringen, auch selbst auszubilden.

(Beifall bei der Linken)

Deswegen sage ich: Legen Sie endlich ein Konzept vor für eine solidarische Ausbildungsplatzumlage, damit die Betriebe, die ausbilden, gut unterstützt werden können, der Rest sich aber nicht weiter aus der Verantwortung stehlen kann.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken)