Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin!
Auf den ersten Blick scheint dieser Antrag vor allem aus dem Arbeitsalltag von Abgeordneten zu erwachsen. Die FDP will, was ich verstehen kann, zu einer von ihr als sinnvoll erfahrenen Berichts- und Informationspraxis zurückkehren. Es ist gesagt worden, dass der Bundesforschungsbericht mit Länderteil, der dazugehörige Faktenbericht und der Bericht zur technologischen Leistungsfähigkeit Deutschlands als Studie von außen in verschiedenen Abständen wieder vorgelegt werden sollen. Meine Vorrednerin hat gerade etwas zur Qualifizierung dieser Berichte gesagt. Insgesamt gesehen ist das schon der Griff zur Fernbedienung. Er hat aber seine Berechtigung, auf der einen Seite unter dem Blickwinkel der Informations- und Kontrollrechte des Parlaments, auf der anderen Seite unter dem Blickwinkel, dass Tausende Informationen auf der Ebene der Bundesregierung zusammenlaufen. Aber wer diese Monumentalstudien schon einmal gelesen hat, ahnt den Riesenaufwand bei der Aufreihung dieser Tausenden Informationen
(Beifall der Abg. Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
und stöhnt, wie ich, noch nachträglich über die Lesezeit. Ich habe die Berichte einmal auf meine Waage gelegt: Sie wogen über 1 Kilogramm. Zumindest der Umfang dieser Berichte ist ein Indiz dafür, dass die Forschungsförderungspolitik von Bund und Ländern einer dringenden Reform zur Effektivierung der Förder- und Vergabepraxis bedarf. Aber auch darüber besteht hier offensichtlich in gewisser Weise, wenngleich mit unterschiedlichen Nuancen, wie mir scheint, Einigkeit. Wenn Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen mehr Antrags- und Managerkompetenzen statt Forschungsleistungen zu Geldern verhelfen, dann sollte der Antrag, den Frau Pieper begründet hat, allemal auch Anlass sein, auf Änderungen zu drängen. Es sind Berichte aus der Vogelperspektive. Das merkt man deutlich, wenn man sie liest und sie mit seinen Gesprächen vor Ort vergleicht. Sie sind rein betrachtender Natur. Das halte ich für problematisch, weil kritische Urteilsfähigkeit hier nicht herausgefordert wird und weil die Gründe für die Prioritätensetzung nicht wirklich nachvollziehbar sind.
Die Frage, was warum förderungswürdig ist, spielt in diesen Berichten wie auch in der Begründung des Antrages der FDP nur unter dem Blickwinkel der Marktfähigkeit eine Rolle.
(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Dann müssten Sie noch zwei Kilo mehr lesen!)
Das erscheint mir aber problematisch, weil es hier um öffentliche Forschungsförderung geht. Daher sollten auch die Interessen der Adressaten dieser Förderpolitik stärker in den Mittelpunkt gestellt werden. Gemeint sind einerseits die Erfahrungen von Forscherinnen und Forschern und von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Wissenschaftseinrichtungen insbesondere auch wegen ihrer Verantwortung für künftige Generationen sowie die Erfahrungen dieses Kreises, da es einen Rechtfertigungsdruck bei der Begründung für die Ausgabe dieser Gelder gibt. Wir wissen alle, wie schwer es ist, Gelder für diese Bereiche gegenüber den Ansprüchen aus anderen Bereichen zu verteidigen. Gemeint sind andererseits auch die vitalen Interessen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und des Gemeinwesens schlechthin, die letztlich Nutznießer dieser Forschungsleistungen sein sollten. Es geht also auch um Forschung an wesentlichen sozialen und ökonomischen sowie an wesentlichen kulturellen und ökologischen Widersprüchen dieses Landes. Gemeint sind letztlich auch die eher explosiven Produkte des Genius.
Aber als „Beipackzettel zu Risiken und Nebenwirkungen“ von Forschungsergebnissen sind diese Berichte leider ungeeignet. Das heißt, sie sind ungeeignet, um Orientierungs- und Sinndebatten auf gesellschaftlicher Ebene anzustoßen. Nun kann man durchaus sagen, das alles sollten die Berichte nicht leisten. Dann frage ich aber: Warum eigentlich nicht, wenn wir schon einen solchen Aufwand betreiben? Warum sollen diese Berichte nicht an dieser Stelle ansetzen, die entsprechenden Interessen berücksichtigen und damit an Aussagekraft gewinnen? Es ist allemal höchste Zeit, dass mehr Transparenz bezüglich des Umgangs mit unserem Gesellschaftsvermögen hergestellt wird. Danke schön. (Beifall bei der LINKEN)