Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Studierende auf der Besuchertribüne! Endlich kommt mal Schwung in die BAföG-Debatte. Die Reformen, die mit der 27. Novelle endlich angegangen werden, sind überfällig. Man muss es wirklich noch einmal sagen: Es war ein schweres Versagen der letzten Bundesregierungen, das BAföG nicht schon viel früher angepackt zu haben.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Laura Kraft [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Dieses Versäumnis hat Zehntausende junge Menschen in den letzten Jahren Zeit, Geld, Nerven und Gesundheit gekostet. Viele hat es sogar das Studium oder den Abschluss gekostet – ein unfassbarer Umgang mit Begabungen, Perspektiven und Lebensträumen. Das muss hier einfach noch einmal ausgesprochen werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Nun kommen also endlich die Erhöhung der Altersgrenze von 30 auf 45 Jahre, die Erhöhung der Elternfreibeträge, die Erhöhungen bei der Wohnpauschale und den Bedarfssätzen. Frau Ministerin, es ist gut – ganz klar –, dass Sie hier endlich tätig werden. Dieses Engagement unterstützen wir voll und ganz.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Nun liegt die Tücke aber natürlich wie immer im Detail. Denn leider wird auch diese Reform an vielen Stellen gar nicht so viel verändern, wie hier vielleicht versprochen wird. Die Bedarfssätze werden auch weiterhin den realen Bedarf nicht decken. Das ist die Situation. Die Erhöhung der Bedarfssätze um 5 Prozent wird durch die Inflationsrate von derzeit mehr als 7 Prozent komplett aufgefressen. Das heißt im Klartext, dass auch das neue BAföG unterhalb der Armutsgrenze und unter Hartz‑IV-Niveau liegen wird. Das, Frau Ministerin, können Sie nicht als großen Wurf und bildungspolitischen Aufbruch verkaufen. An diesem Punkt reihen Sie sich schlichtweg ein in die Reihe derer, die die Axt ans BAföG angelegt haben. Das ist die Wahrheit.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich weiß auch ehrlich gesagt nicht, welche Studis in welchen Städten und welche Mietpreise Sie vor Augen haben. Mit den realen Mietpreisen haben Ihre Zahlen nichts zu tun, sonst wären Sie vielleicht endlich auf die Idee gekommen, den Mietkostenzuschuss analog zum Wohngeld regional zu staffeln, weil die Miete in München oder in Stuttgart oder in Berlin eben teurer ist als vielleicht in Cottbus. Das wäre doch mal eine gute Idee. Warum gehen Sie da eigentlich nicht endlich ran, Frau Ministerin?
(Beifall bei der LINKEN)
Es braucht auch endlich eine automatische Anpassung der BAföG-Sätze an die Inflationsrate, statt wie bisher in völlig willkürlichen Abständen und je nach Stimmungslage in der jeweiligen Koalition die Sätze zu erhöhen, ohne dass systematisch geprüft wird, ob die Summe, die am Ende zur Verfügung steht, den eigentlichen Zweck, die eigentliche Bestimmung des BAföG überhaupt erfüllt. Die eigentliche Bestimmung des BAföG ist, Lebensunterhalt und Ausbildung bedarfsgerecht zu sichern. So steht es in § 11 des BAföG. Das ist der Auftrag des BAföG. Dem müssen Sie endlich nachkommen.
(Beifall bei der LINKEN)
Bei aller Freude über die deutliche Anhebung der Elternfreibeträge muss man zumindest fragen, ob dadurch die Zahl der BAföG-Beziehenden tatsächlich relevant steigen wird. Denn man muss einmal nach den Gründen fragen, warum Studierende, die jetzt schon förderberechtigt sind, die Förderung nicht in Anspruch nehmen. Das liegt meist daran, dass entweder die Fördersummen so gering sind, dass sich der Aufwand gar nicht lohnt, oder – zweiter Grund – weil die jungen Menschen Angst vor Verschuldung haben.
Damit bin ich bei meinem letzten Punkt, den ich hier ansprechen möchte. Wir müssen endlich wieder zurück zum Vollzuschuss. Der Darlehensteil muss dringend gestrichen werden. Die Frage, ob man sich für die Ausbildung oder ein Studium verschulden muss, ist zentral beim Abbau von sozialer Ungleichheit. Dieses Leitmotiv – Abbau von sozialer Ungleichheit – muss sich durch die Politik und ganz besonders durch die Bildungspolitik ziehen. Der Staat muss Diskriminierung abbauen und darf keine neuen Hürden aufbauen. Diesem Leitmotiv wird die Ampelregierung leider noch nicht gerecht. Das muss sich dringend ändern.
Vielen Dank fürs Zuhören.
(Beifall bei der LINKEN)