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Ampel verpasst es, das BAföG armutsfest und existenzsichernd zu gestalten

von Nicole Gohlke,

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Ja, das BAföG war mal das Instrument für Bildungsaufstieg und Chancengerechtigkeit. Und ja, das BAföG war mal das Vorzeigeprojekt der Sozialdemokratie. Aber es hat einen so gravierenden Bedeutungsverlust erfahren, dass es nicht verhindern kann, dass mittlerweile 36 Prozent der Studierenden in Armut leben. Ich finde es schon bezeichnend, dass alle Redner der Ampel, die sich hier zu Wort melden, erzählen, wie toll das BAföG mal war. Da werden die 70er- und die 80er-Jahre hervorgekramt.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir haben auch über die Zukunft gesprochen! – Sönke Rix [SPD]: Leider haben Sie nicht zugehört!)

Ja, da war das BAföG natürlich noch gut. Aber das Problem ist doch, dass es heute nicht mehr gut ist und dass die Ampel daran nichts ändert. Das ist das Problem.

(Beifall bei der Linken – Ria Schröder [FDP]: Das stimmt doch nicht!)

Das BAföG ist mittlerweile so schlecht und unzureichend, dass die Studis es schon gar nicht mehr in Anspruch nehmen. Sie scheuen den bürokratischen Aufwand bei der Antragstellung. Sie haben Angst, sich damit zu verschulden für etwas, das am Ende noch nicht mal zum Leben reicht.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Sie schüren diese Angst!)

Die Wahrheit ist: Das BAföG führt schon lange nicht mehr aus der Armut heraus, sondern treibt die Studierenden, weil es eben nicht armutsfest ist, aufgrund der Verschuldung noch mal tiefer in sie hinein. Daran ändert die Ampel nichts, und das ist verrückt in diesen Zeiten.

(Beifall bei der Linken sowie des Abg. Stephan Albani [CDU/CSU])

Was läge näher für eine Bundesregierung, die sich selbst zur Fortschrittskoalition erkoren hat, die ein Jahrzehnt der Bildungschancen ausgerufen hat, als das BAföG endlich mal wieder richtig auf Vordermann zu bringen? Aber trotz anhaltender Krisen, trotz Wohnungsnot, trotz Inflation, trotz der Tatsache, dass die Armutsquote unter Studierenden noch mal deutlich über derjenigen für die Gesamtbevölkerung liegt, geht die Ampel eine echte Strukturreform nicht an. Die Anhebung der Bedarfssätze um 5 Prozent und die Erhöhung des Wohngeldzuschusses um 20 Euro sind keine genügenden Hilfen, genauso wenig wie die Rücknahme der zuerst geplanten Erhöhung des Darlehensanteils. Leute, das ist maximal ein bisschen weniger unverschämt als Ihre Idee, dass die Studis sich noch mehr verschulden sollen.

(Beifall bei der Linken)

Es ist falsch, dass die Schülerinnen und Schüler schon wieder überhaupt keine Rolle spielen. Vor zehn Jahren wurden noch 312 000 Schülerinnen und Schüler mit dem BAföG gefördert – jetzt sind es 45 Prozent weniger.

(Sönke Rix [SPD]: Können Sie mal was zum Strukturwandel sagen?)

Dabei wissen wir doch, dass Armut natürlich schon vor dem Studium beginnt: Jedes fünfte Kind wächst in Armut auf. Von 100 Grundschülern aus nichtakademischen Elternhäusern beginnen nur 21 ein Studium. Jetzt führt die Ampel eine Studienstarthilfe ein, die gerade mal 15 000 der Studierenden – das sind 3 Prozent – erreichen wird. Ich meine: Merkt ihr noch was? Das ist völlig an dem vorbei, was es braucht.

(Beifall bei der Linken – Ria Schröder [FDP]: Das ist zielgerichtet!)

Kolleginnen und Kollegen, diese 29. Novelle war wohl die letzte Chance für die Regierung, das Versprechen einer Strukturreform einzulösen.

(Sönke Rix [SPD]: Sie sind in Ihrer Rede nicht auf die Strukturreform eingegangen!)

Diese Chance wurde vertan, und Politik wurde unglaubwürdig gemacht. Die Wahrheit ist, dass alles, was mit echten Bildungschancen zu tun hat, dieser Regierung zu teuer ist, weil sie nicht bereit ist, die Schuldenbremse anzutasten oder an das viele Geld ranzugehen, das auf den Konten der Superreichen rumliegt. Das ist Chancenverhinderung und keine Chancengerechtigkeit.

(Beifall bei der Linken)

Die Linke hat Vorschläge gemacht, wie das BAföG armutsfest und existenzsichernd werden kann und wie es wieder die erreicht, die es auch brauchen. Der Darlehensanteil muss fallen. Das BAföG muss wieder zum Vollzuschuss werden.

(Beifall bei der Linken)

Ich appelliere an die Abgeordneten mit Bauchschmerzen: Stimmen Sie unseren Anträgen zu!

(Sönke Rix [SPD]: Hier hat keiner Bauchschmerzen!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken)