Rede zur 2. und 3. Beratung des Bundeshaushalts 2014 - Einzelplan 16 - Ressort Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit
Sehr geehrter Herr Präsident! Geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Wenn ich den Einzelplan 16 beurteilen müsste, würde ich schreiben: Sie waren bemüht. Sie waren bemüht, aber Sie ignorieren vollständig, was passiert: die Dürren in Afrika, die Überschwemmungen in Bangladesch. Sie ignorieren, dass Menschen umsiedeln müssen, sie ihre Heimat verlieren, weil ihre Lebensgrundlagen zerstört sind, sei es durch den Klimawandel, sei es durch die rücksichtslose Ausbeutung der Natur.
Erinnern wir uns an unsere Jugendzeit. Wie oft gab es da starke Unwetter? Laut Wikipedia wurden in den 70er-Jahren vier Extremwetterereignisse in Europa registriert. In den 80er-Jahren waren es fünf, in den 90er-Jahren schon zwölf. Von 2000 bis 2010 waren es 17. Allein in den letzten vier Jahren gab es 14 Extremwetterereignisse. Der Klimawandel lässt grüßen. Aber was machen Sie? Insgesamt 400 Millionen Euro für den vorbeugenden Klimaschutz werden in verschiedenen Einzelplänen gestrichen; Sie werden uns erklären, wo Sie was wie versteckt haben. Dieses Geld fehlt nun für den vorbeugenden Klimaschutz, sei es in der Bundesrepublik, sei es in anderen Ländern. Bezahlen werden dies die Menschen, die nicht ausweichen können; bezahlen werden es die Ärmsten der Armen. Aber auch Ihre Klientel, die Wirtschaft, wird dafür bezahlen müssen. Wir finden, das ist eine nicht vorausschauende, eine rücksichtslose Politik. Diese lehnen wir ab.
Ihr wichtigstes Klimaschutzelement war der CO2-Zertifikate-Handel. Er funktioniert nicht; das wissen wir. Es sind auch keine Ansätze zu erkennen, weder im Haushalt noch in Ihrer Politik, dass sich das ändert. Aber dem Haushalt ist zu entnehmen, dass Sie den Industrieunternehmen jetzt die Kosten, die durch den Handel mit CO2-Zertifikaten entstehen, erstatten wollen. Das müssen Sie mir einmal erklären: Der Klimaschutz soll durch CO2-Zertifikate vorangetrieben werden. Die Wirtschaft soll motiviert werden, klimaschutzfreundlicher und ressourcensparender zu produzieren. Und jetzt entschädigen Sie die Wirtschaft, indem Sie die Kosten, die dadurch vielleicht entstehen könnten, in Höhe von 350 Millionen Euro übernehmen? Ich fordere sie auf: Streichen Sie diese Förderung aus dem Energie- und Klimafonds, und setzen Sie dieses Geld für echten Klimaschutz ein! Dann könnten wir sagen: Sie haben sich nicht nur bemüht, sondern wenigstens einen kleinen Schritt getan.
Beim vorbeugenden Klimaschutz haben Sie versagt. Wie sieht es nun beim Schutz vor den Auswirkungen des Klimawandels aus? Bei der Jahrhundertflut 2002 gab es in der Bundesrepublik Schäden in Höhe von 18 Milliarden Euro. 8 Milliarden Euro haben wir für die erneute Jahrhundertflut 2013 als Sofortmaßnahme bereitgestellt. Ja, das ist eine gute Leistung, die wir gemeinsam vollbracht haben; aber man muss sich, von den materiellen Schäden einmal abgesehen, fragen: Wie fühlen sich die Menschen an Elbe, Elster, Oder, Saale und Rhein, die bei jedem Regenguss Angst haben, und wie fühlen sich die Menschen in NRW angesichts der Unwetter, die gerade zu Pfingsten tobten, wenn sie hören, dass die Koordinierung des Hochwasserschutzes zwischen den Ländern nicht besser wird, weil Sie nicht einmal lächerliche 3 Millionen Euro für eine Koordinierungsstelle bereitstellen wollen? Das müssen Sie den Menschen erklären, ich kann es nicht.
Nicht nur beim Thema Hochwasser haben wir es mit mangelndem Schutz vor Wasser zu tun. Es betrifft auch ein ganz anderes Thema: In der Asse kommt das Wasser wahrscheinlich schneller, als Sie sich durchringen, etwas zu unternehmen. Zur sogenannten Lex Asse, nach der Sie 2033 eventuell so weit sein wollen, Müll herauszuholen, sage ich: Frau Hendricks, setzen Sie mehr Geld ein für eine Parallelforschung hinsichtlich der Lagerfindung! Setzen Sie Geld ein, damit der Müll endlich aus der Asse kommt und wir vor allen Dingen einen sicheren Verwahrort in der Bundesrepublik finden! Dafür können Sie das Geld einsetzen, das Sie weiterhin in die Totgeburt Gorleben und in den Schacht Konrad stecken. Nutzen Sie dieses Geld, schließen Sie Gorleben, und machen Sie damit den Weg frei für eine vernünftige Forschung, für eine vernünftige Lösung!
Nutzen Sie das Geld auch, um die Altlasten zu beseitigen, die aus der Urangewinnung von vor 1960 in Ostdeutschland resultieren und nicht von der Wismut GmbH erfasst werden!
Ich möchte aber auch einen positiven Aspekt der in den Haushaltsberatungen vorgenommenen Änderungen erwähnen. Dass Sie der Region rund um die Asse jetzt mehr Geld zur Verfügung stellen, auch wenn es nicht viel ist, damit die Region die Nachteile ausgleichen kann, mit denen sie seit Jahrzehnten leben muss, ist wirklich ein guter Schritt. Das begrüßen wir. Das ist ein kleiner Lichtblick in diesem Haushaltsentwurf.
Der Einbau von Rußpartikelfiltern sollte gefördert werden. Ich kann verstehen, dass Sie sagen: Alte Dieselfahrzeuge sollen weg. Es gibt aber Menschen in diesem Land, die sich neue Fahrzeuge nicht leisten können. Diese Menschen können ihre Fahrzeuge aufgrund von immer mehr Umweltzonen nicht mehr in jeder Stadt nutzen. Sie sollen aber flexibel auf den Arbeitsmarkt reagieren und dorthin gehen, wo es Arbeit gibt. Diese Menschen sind auf das Fahrzeug angewiesen. Sie unterstützen die Umrüstung der Fahrzeuge nicht. Das ist sozialpolitisch eine Katastrophe. Mit dieser Nichtunterstützung erhöhen Sie lediglich den Zwang, Neufahrzeuge zu kaufen. Das ist auch ressourcentechnisch schändlich. Ich sage Ihnen: Führen Sie die Rußpartikelförderung fort! Wir brauchen diese Förderung nur noch wenige Jahre. Damit entlasten Sie die Umwelt und die kleinen Leute, die nicht viel Geld haben. Damit unterstützen Sie uns alle und sorgen dafür, dass wir eine Gesellschaft bekommen, in der nicht nur die Interessen der Großindustrie vertreten werden, sondern auch die der kleinen Menschen.
Lassen Sie mich zum Schluss noch einen Punkt ansprechen, der mich geschockt hat. Am 19. Juni 2014 hat die Firma VW erklärt, das Kältemittel R1234yf doch einzusetzen. Es geht um eine Einsparung von 2 Gramm CO2 pro Kilometer; um so viel besser als andere soll dieses Kältemittel sein. Kommt es aber zu einem Fahrzeugbrand das geschieht pro Jahr 30 000 Mal in Deutschland , entsteht Flusssäure. Dadurch, dass Sie Daimler, VW und andere Firmen nicht in ihrem Vorhaben unterstützen, diese von der EU vorgegebene Umstellung nicht durchzuführen, riskieren Sie im Fall von Unfällen die Gesundheit von Tausenden von Menschen. Ich finde, das ist schändlich. Sie sollten all Ihre Kraft dafür einsetzen, bei der EU dafür zu kämpfen, dass dieses Mittel verboten wird. Ich wünsche mir, dass dieses Mittel vom Markt verschwindet.
Ich wünsche mir, dass Sie beim Entwurf des nächsten Haushalts Ihre Hausaufgaben machen, damit wir einen Haushalt bekommen, der für die Menschen und für die Umwelt gut ist und nicht für die Unternehmen.
Vielen Dank.