Linkspartei debattierte über das grüne Profil der Sozialisten
Umwelt- und Energiepolitik genossen in den letzten Monaten enorme Aufmerksamkeit. Auch die Linkspartei hat das Thema nun für sich neu entdeckt. »Wie grün muss die Linke sein?« fragten sich Veranstalter und Teilnehmer auf der gleichnamigen Konferenz der Linkspartei und der Rosa-Luxemburg-Stiftung am Sonnabend im Haus am Franz-Mehring-Platz in Berlin.Wer sozialistisch denkt, muss auch ökologisch denken. Diesen Satz konnte man auf der von der Rosa-Luxemburg-Stiftung und der Bundestagsfraktion der Linkspartei organisierten Konferenz »Wie grün muss die Linke sein?« öfter hören. Zwar ließen die Veranstalter auch einige »Interventionen«, sprich parteiexterne Standpunkte zu Wort kommen, doch im Grunde blieben die Ökos der Partei unter sich und waren darin einig, dass das Profil der Partei grüner werden muss. Parteinahe, »wertkonservative Genossen«, - wie ein Podiumssprecher sich ausdrückte -, die mit Umweltpolitik recht wenig am Hut haben, waren dagegen nicht vertreten. Denn längst nicht alle in der Linken messen umweltpolitischen Fragen eine bedeutende Rolle bei. Die Berliner Senatorin für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, Katrin Lompscher, bezeichnete das auf der Konferenz als »wohlwollendes Desinteresse« einiger Genossen gegenüber der Umweltpolitik. Der ehemalige Umweltminister von Mecklenburg-Vorpommern, Wolfgang Methling, kritisierte, dass es in der Partei zwar gute Fachpolitiker gebe, das Thema aber noch längst nicht die Parteispitze erreicht habe.
Auch die Basis ist gespalten. Das berichtete Thomas Nord, Landesvorsitzender der Linkspartei.PDS Brandenburg. So gebe es zwei grundlegende Streitpunkte, an denen sich die sozialistischen Geister scheiden: Die Kohlefrage und die Grüne Gentechnik. Während bei letzterer mittlerweile jeder Kreisverband selbst entscheidet, ob er für oder gegen die neue Technologie zu Felde zieht, ist es bei der Kohle schwieriger. Hier stoßen sich soziale und ökologische Positionen und es kommt - so der Berliner Wirtschaftssenator Harald Wolf - zu einem harten Interessenkonflikt. Denn mit einer Absage an die Kohle würden Arbeitsplätze von Kohlekumpeln vernichtet. Doch auch, wenn es vielen in der Partei schwer fällt, ihre eigenen Wähler mit der Schließung von Gruben vor den Kopf zu stoßen, haben sich einige Linke, darunter der Landesverband Brandenburg, gegen die Kohle entschieden.
Doch nicht nur bei der Kohlefrage, sondern auch bei anderen umweltpolitischen Maßnahmen, wie der steuerlichen Belastung von CO2-intensiven Pkw oder der Ökosteuer, kollidieren soziale Ziele der Partei mit ökologischen Notwendigkeiten. Das unterscheidet die Linkspartei von anderen Parteien wie den Grünen. Diese haben das Problem erst gar nicht, denn sie sind nie mit sozialen Programmen in den Wahlkampf gezogen. »Ziel unserer Politik muss es deshalb sein, Gerechtigkeit mit Nachhaltigkeit zu verbinden«, beschwor Wolfgang Methling. Er plädiert dafür, mit ökologisch orientierten Parteien wie den Grünen zusammenzuarbeiten, statt sich zwanghaft abzugrenzen.
Dr. Brigitte Schmidt von Eurosolar und Mitbegründerin des Solarhauses Wietow in Mecklenburg-Vorpommern, glaubt dagegen, dass es einen Konflikt zwischen sozialen und ökologischen Interessen gar nicht wirklich gibt. »Erneuerbare Energien sind Energien für arme Leute - das sind Energien fürs Volk«, erklärte Schmidt. Die Linke sei also die prädestinierte Partei, diese freie Stelle in der politischen Landschaft zu besetzen. Erneuerbare Energien seien für die Menschen günstiger, weil sie dezentral erzeugt werden und die natürlichen Ressourcen »kostenlos« und in unendlichem Maße zur Verfügung stünden, während die fossilen Energieträger immer teurer würden. Außerdem kenne sie persönlich auch zahlreiche Kohlekumpel, die mittlerweile zu Windmüllern geworden seien. Mit Umschulungen könne man das Problem in den Griff bekommen, meinte Schmidt zuversichtlich. Das überzeugt allerdings nicht alle: Hans-Kurt Hill, energiepolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion und Linkspartei-Landesvorsitzender im Saarland, besteht auf einem Steinkohle-Sockelbergbau, um die Technologieunternehmen bei der Stange zu halten.
Doch nicht nur in der Linkspartei selbst ist man sich über den Stellenwert von ökologischen Fragen nicht »grün«. Auch nach außen hin scheint die Partei bis jetzt beim Thema Umwelt nicht gerade Punkte zu machen. Tilmann Heuser vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Berlin berichtete, dass in seinen Kreisen viele Menschen nicht wüssten, dass die Linke überhaupt umweltpolitische Ziele habe, geschweige denn, sich dafür einsetze. Bezeichnend sei für ihn das Bundestagswahlprogramm: Zwar gäbe es hier eine Passage zur Umwelt, die sich »traumhaft« lese, doch an keiner anderen Stelle tauche das Thema noch mal auf. Was die Linke aus seiner Sicht brauche, seien klare ökologische Positionen und intelligente Konzepte, die fachübergreifend diskutiert und angelegt werden müssten. Vor allem müssten konkrete Projekte angegangen werden. Statt sich mit endlosen Debatten aufzuhalten, könnten beispielsweise in einer Stadt wie Berlin die Preise für den öffentlichen Nahverkehr gesenkt werden.
Von Susanne Götze
Neues Deutschland, 14. Mai 2007