"Trotz dramatischer Todeszahlen investiert die Bundesregierung nach wie vor nur lächerliche Beträge in die Bekämpfung der so genannten 'vernachlässigten Krankheiten'. Deutschland trägt so - wie die meisten Industriestaaten auch - eine Mitschuld an dem unnötigen Tod hunderttausender Menschen", erklärt Niema Movassat, für DIE LINKE Mitglied im Bundestagsunterausschuss für Gesundheit in Entwicklungsländern, zum Welttuberkulosetag am 24. März. Der Entwicklungspolitiker weiter:
"Jährlich erkranken etwa 9 Millionen Menschen an Tuberkulose. Während die 'Schwindsucht' in Europa heutzutage praktisch nicht mehr vorkommt, sterben in den Entwicklungsländern immer noch bis zu 1,8 Millionen im Jahr an dieser weltweit tödlichsten Infektionskrankheit. Die Pharmaindustrie in den westlichen Industriestaaten wirft ein Wellness-Präparat nach dem anderen auf den Markt. Die Forschung an für Entwicklungsländer lebenswichtigen Medizininnovationen vernachlässigt sie - weil sie keine Profite bringt. So basiert der heute gängige Tuberkulosetest immer noch auf einem vor 120 Jahren entwickelten Verfahren. Die Forschung an einem verlässlichen Test sowie an Medikamenten gegen die multiresistente Form der Tuberkulose muss sofort massiv verstärkt werden."Petra Sitte, stellvertretende Vorsitzende und forschungspolitische Sprecherin der Fraktion, ergänzt: "Auch im Bereich des Wissenstransfers muss es ein Umdenken geben. Pharmainnovationen sollten ärmeren Ländern zu für diese tragbaren Konditionen zur Verfügung gestellt werden, erst recht, wenn sie aus öffentlichen Mitteln finanziert worden sind. Der Fall des Tuberkuloseimpfstoffes VPM 1002, der durch eine öffentlich finanzierte Agentur meistbietend ohne weitere Auflagen an einen Konzern verkauft werden soll, darf sich nicht wiederholen. Mit Steuermitteln finanzierte Forschung ist kein Privateigentum. Und auch privat gesponsorte Pharmaentwicklungen müssen zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten mehr beitragen: anstatt über die EU und Abkommen wir ACTA die weltweite Durchsetzung hiesiger Patente zu forcieren, sollte sich die Bundesregierung für den Einsatz neuer Lizenzmodelle wie Equatible Licensing im Interesse armer Regionen einsetzen. Deutschland kann sich den Namen 'Apotheke der Welt' am besten dadurch verdienen, dass die ärmsten Regionen vom hohen klinischen Forschungsniveau hierzulande profitieren."
Niema Movassat: "Um armutsbedingte Krankheiten wirksam zu bekämpfen, müssten die Industriestaaten etwa 0,1 Prozent ihres Bruttonationalprodukts in die Verbesserung der Gesundheitssituation in den Entwicklungsländern investieren. Derzeit liegt die Quote Deutschlands aber nur bei ca. 0,03 Prozent. Wir brauchen unbedingt eine deutliche Aufstockung der Entwicklungshilfegelder insgesamt und wir müssen dringend den Anteil erhöhen, der aus diesen Geldern in die Verbesserung der Gesundheitssituation in den Ländern des Südens fließt.
Um die finanzielle Beteiligung Deutschlands am Global Fund, den die G8-Staaten im Jahr 2000 zur Bekämpfung von AIDS, Malaria und Tuberkulose gegründet hatten, hatte die schwarz-gelbe Bundesregierung in ihrem aktuellen Haushaltentwurf dagegen für Verwirrung gesorgt. Auch wenn die ursprünglich zugesagten 200 Millionen Euro für 2010 nun schlussendlich gesichert sind, reicht dies bei Weitem nicht aus. Bei den Haushaltsberatungen im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat DIE LINKE deshalb einen Antrag auf Verdoppelung dieser Summe eingebracht."