Die Vorsitzenden der Gruppe Die Linke im Bundestag, Heidi Reichinnek und Sören Pellmann, sowie der parlamentarische Geschäftsführer, Christian Görke, haben einen Brief an alle Bundestagsabgeordneten der anderen demokratischen Fraktionen verfasst. In diesem fordern sie die Abgeordneten auf, dem Gesetzentwurf der Gruppe Die Linke zum Verzicht auf die geplante Diätenerhöhung zuzustimmen:
"Liebe Kolleginnen und Kollegen,
In Zeiten, in denen gut ein Viertel der Deutschen ab dem Zwanzigsten des Monats zwischen warmer Wohnung und warmem Abendessen entscheiden muss, weil für beides das Geld nicht reicht, sollen wir, deren gewählte Repräsentantinnen und Repräsentanten, nun die größte Diätenerhöhung seit rund 30 Jahren erhalten. Das ist ein Zerrbild.
Deswegen bitten wir Sie: Setzen Sie mit uns ein Zeichen der Solidarität, ein Zeichen des echten Zusammenhalts und verzichten Sie auf die anstehende Erhöhung Ihrer Diäten. Die 635,50 Euro, die es von nun an für jeden von Ihnen mehr geben soll, liegt über dem Höchstbetrag des Bürgergeldes. Wir, die Gruppe Die Linke, nehmen Sie als Abgeordnete des deutschen Bundestages unabhängig von politischen Differenzen ernst: In den letzten Wochen und Monaten hörten wir fraktionsübergreifend immer wieder die Sorge, dass die Demokratie in Gefahr sei. Man müsse, so sagten viele ganz richtig, alles dafür tun, der Spaltung der Gesellschaft etwas entgegenzusetzen. Die Gruppe DIE LINKE schließt sich dieser Forderung uneingeschränkt ein. Allerdings ist es so: Es reicht nicht, von Demokratie zu sprechen, man muss sie auch machen.
Demokratisch wäre es, in einer Zeit, in der die Bevölkerung bei jeder sich bietenden Gelegenheit darauf eingeschworen wird, „den Gürtel enger zu schnallen“, in Zeiten, in denen immer wieder auf eine schlechte Haushaltslage verwiesen wird und bei den Ärmsten gekürzt wird, mit positivem Beispiel voranzugehen und auf die anstehende Erhöhung der Diäten zu verzichten. Die Ereignisse, die sich zuletzt auf Sylt abgespielt haben, machen doch ganz deutlich: Wenn der eigene Wohlstand so groß wird, dass man mit dem Rest der Bevölkerung kaum mehr etwas gemeinsam hat, kann es schnell passieren, dass man glaubt, sich alles erlauben zu können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte setzen Sie mit uns ein Zeichen dafür, dass der Bundestag nicht über den Menschen steht, die er vertritt. Dass das Parlament nach wie vor einen Realitätsbezug hat. Dass nicht immer nur die Bürgerinnen und Bürger den Gürtel enger schnallen müssen! Deshalb unsere aufrechte Bitte: stimmen Sie unserem Antrag zu, reichen Sie einen eigenen ein - wir unterstützen gerne jeden Vorstoß-, aber tun Sie etwas gegen diesen Irrsinn. Es ist Zeit für eine Diätenbremse.
Mit kollegialen Grüßen
Heidi Reichinnek, Sören Pellmann, Christian Görke"