Strategiekonzept sieht auch Raketenschild vor / Harsche Kritik von SPD und Opposition
Pläne der Union für eine neue »Sicherheitsstrategie für Deutschland« sind auf heftige Kritik beim Koalitionspartner SPD und der Opposition im Bundestag gestoßen.Berlin (Agenturen/ND). Neben dem Aufbau eines Nationalen Sicherheitsrats nach dem Vorbild der USA soll sich Deutschland nach dem Willen der Union für ein Raketenabwehrsystem über Europa stark machen. Bekräftigt wird zudem die Forderung nach Bundeswehreinsätzen auch im Inland. Das sieht laut Presseberichten der »Entwurf für eine Sicherheitsstrategie für Deutschland« vor, den die CDU/CSU-Bundestagsfraktion am Mittwoch vorlegen will.
SPD-Fraktionsvize Walter Kolbow nannte das Vorhaben verfassungswidrig. Er wandte sich ebenso wie Vertreter der Grünen und der LINKEN gegen eine drohende Entmachtung des Parlaments. »Die Union strebt offenbar eine Amerikanisierung der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik an«, sagte Kolbow dem »Handelsblatt«. Die Gründung eines Nationalen Sicherheitsrats passe aber nicht in die deutsche Struktur, in der Entscheidungen über den Einsatz des Militärs allein vom Bundestag getroffen werden müssen. Kritisch bewertete Kolbow auch eine Passage, nach der »für die Herstellung von Energiesicherheit und Rohstoffversorgung auch der Einsatz militärischer Mittel notwendig sein kann«. Die SPD befürchte eine »Militarisierung der Außenpolitik«.
Der Raketenschild soll Deutschland nach dem Willen der Union vor atomaren Angriffen schützen. Der CDU-Außenpolitiker Andreas Schockenhoff, Hauptautor der Strategie, begründete dies der »Welt am Sonntag« zufolge damit, dass Deutschland sich besser auf einen Nuklearangriff vorbereiten müsse.
Der Nationale Sicherheitsrat soll alle wichtigen Ressorts einbinden und dem Kanzleramt angegliedert sein. Er solle ressortübergreifend Bedrohungen für die innere und äußere Sicherheit analysieren, präventive Maßnahmen einleiten sowie die zivil-militärische Krisenbewältigung und Krisenprävention im In- und Ausland koordinieren. Die Sicherheitsstrategie ist laut »Welt am Sonntag« mit Kanzlerin Angela Merkel, Innenminister Wolfgang Schäuble und Verteidigungsminister Franz Josef Jung (alle CDU) abgestimmt. Erneut plädierte die Union auch für eine stärkere Vernetzung von äußerer und innerer Sicherheit. »Für Aufgaben des Heimatschutzes, wie beispielsweise Pionieraufgaben, Sanitätswesen und ABC-Abwehr, müssen aus dem Personalbestand der Bundeswehr ausreichend Soldaten zur Verfügung stehen«, zitierte die Zeitung aus dem Strategiepapier.
FDP-Chef Guido Westerwelle äußerte die Befürchtung, dass mit dem Unionsvorschlag »dem regelmäßigen Einsatz der Bundeswehr im Landesinneren der Boden bereitet werden soll«. Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin warnte davor, die Außenpolitik im Kanzleramt zu konzentrieren. Eine Entmachtung des Außenministers reduziere Steinmeier auf einen »Grüßaugust für die Vereinten Nationen«. »Die Innen- und die Außenpolitik sollen weiter militarisiert werden und die Grenzen zwischen beiden fallen«, erklärte Petra Pau für die Linksfraktion.
Neues Deutschland, 5. Mai 2008