Stell dir vor, du arbeitest Schulter an Schulter mit deinen Kolleginnen und Kollegen, verdienst aber deutlich weniger, weil du gar nicht wirklich zur Belegschaft gehörst, sondern zu einem Verleihunternehmen. Diese Unternehmen verdienen ihr Geld damit, dass sie dich und andere Beschäftigte in verschiedene Betriebe „verleihen“ – insgesamt sind es derzeit über 800.000 Menschen. So erging es der Klägerin, die für einen vielbeachteten Rechtsstreit sorgte. Sie wurde in ein Einzelhandelsunternehmen verliehen und hat dort 9,23 Euro in der Stunde für ihre Arbeit bekommen – die dort festangestellten Beschäftigten aber verdienen 13,64 Euro. Das hat mit Equal Pay, wie es im Gesetz steht, natürlich nichts zu tun – ist aber Realität in der Leiharbeit.
Grundlage dafür sind Tarifverträge, die die Gewerkschaften mit den Unternehmensverbänden der Leiharbeitsbranche abgeschlossen haben. Die Klägerin wollte sich damit nicht abfinden und klagte sich durch die Instanzen. In einem Vorabentscheidungsersuchen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) entschied dieser im Dezember letzten Jahres, dass Tarifverträge, die eine schlechtere Entlohnung für Leiharbeitskräfte vorsehen, nur zulässig sind, wenn der Gesamtschutz gewährleistet ist. Das bedeutet: Es muss dann an anderer Stelle ein erheblicher Vorteil gewährt werden, beispielsweise mehr Urlaub oder kürzere Arbeitszeiten. Die Hoffnung war groß, dass das Lohndumping-Modell „Leiharbeit“ empfindliche Schrammen bekommen würde und gleicher Lohn für gleiche Arbeit schrittweise Realität werden könnte.