Mieterbund kritisiert Tatenlosigkeit der Regierung: Klimaschutzziele in weiter Ferne
Von Gabriele Oertel
Der Mieterbund hat die schwarz-gelbe Bundesregierung der Tatenlosigkeit in der Klimaschutz- und Energiesparpolitik gegeißelt. Vollmundig angekündigten Zielen folgten keinerlei Taten, erklärte Mieterbund-Direktor Lukas Siebenkotten am Wochenende.
Es war einer der wenigen Punkte im 2009 abgeschlossenen Koalitionsvertrag, den Mieterbund-Präsident Franz-Georg Rips damals positiv bewertete. Er lobte das Bekenntnis von Union und FDP zum Klimaschutz und der Gebäudesanierung, für den Einsatz erneuerbarer Energien im Wärmebereich und die Ankündigung, das CO2-Gebäudesanierungsprogramm fortzusetzen, wirkungsvoller auszugestalten und Sanierungsquoten zu steigern. Aber schon vor zwei Jahren muss dem Mieterbund geschwant haben, dass damit noch kein Blumentopf zu gewinnen ist, denn Rips verwies zugleich auf fehlende verbindliche Vorgaben.
Heute konstatiert Mieterbund-Direktor Siebenkotten, nachdem die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der SPD eingeräumt hat, dass es kein Klimaschutzgesetz in dieser Legislaturperiode mehr geben wird: »Die Bundesregierung steht vor dem Scherbenhaufen ihrer Klimaschutz- und Energiepolitik.« Ohne gesetzliche Vorgaben und ausreichende öffentliche Förderung sei das Energiekonzept – mit dem die Bundesregierung den Wärmebedarf für Gebäude bis 2020 um 20, bis 2050 um 80 Prozent senken und dabei den Anteil jährlich energetisch sanierter Gebäude mehr als verdoppeln will – nicht realisierbar. Der Dachverband von 322 Mietervereinen unterstütze die Zielvorstellungen nach wie vor, aber es gebe weder ordnungsrechtliche Vorgaben, noch eine Aufstockung öffentlicher Fördermittel und schon gar keine Idee, wie die Modernisierungskosten sozialverträglich zwischen Mietern, Vermietern und öffentlicher Hand aufzuteilen sind.
Nachdem bereits die Mittel für die Städtebauförderung erheblich gekürzt worden waren, warnte gestern der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen vor einem Stopp des Programms »Altersgerecht Umbauen«, weil die Bundesregierung im Haushaltsplan 2012 keinerlei Mittel mehr dafür vorsieht, obwohl eine Studie – übrigens im Auftrage des von Bundesbauminister Peter Ramsauer geleiteten Hauses – kurzfristig einen Mehrbedarf von 2,5 Millionen altersgerechter Wohnungen voraussagt.
»Kürzen, streichen, abschaffen, die Wohnungs- und Städtebauförderung kommen komplett unter die Räder«, klagt Siebenkotten. Die wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Heidrun Bluhm, kritisiert die unsolide Haushaltpolitik von Schwarz-Gelb, die zudem auf Kosten der Länder gehe. Weder Mietern noch Vermietern sei klar, wohin die Reise in Sachen energetischer Erneuerung geht, weshalb die Nachfrage viel geringer sei, als das Fördervolumen für 2011 hergeben würde. Und wenig charmant setzt die Linkspolitikerin hinzu: »Das Volumen des zweitgrößten Investitionsetats der Bundesregierung wird durch den Minister in keiner Weise fachpolitisch repräsentiert.«
Neues Deutschland, 30. August 2011