„Standort Ostdeutschland - blühende Landschaften oder schleichende Verwüstung?“ Konferenz in Schwerin.
Was verbindet ein Westdeutscher mit der Deutschen Einheit? Diese Frage stellte Gregor Gysi, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE gestern im Schweriner Rittersaal und er lieferte auch postwendend die Antwort dazu. Westdeutsche, so Gysi, denken dabei eher an das viele Geld, das in den Osten geflossen sei und daran, dass es ihnen heute nicht besser, sondern eher schlechter ginge als vor dem Beitritt der DDR. Viele Bürger der alten Bundesländer verbinden mit der Vereinigung nicht Vorteile, sondern eher Nachteile. Ein wesentlicher Grund dafür sei, dass die herrschenden Politiker nicht bereit waren, Kindergärten, Polikliniken, Gemeinschaftsschulen und andere Errungenschaften der DDR in eine vereinigte Bundesrepublik zu übernehmen. „Jetzt fahren Politiker nach Finnland um sich über Kindergärten und Gemeinschaftsschulen zu informieren, das hätten sie schon vor 17 Jahren in der DDR lernen können.“ Der Mecklenburger Satiriker Korl griff den Gedanken von Gysi auf, als er die Abkürzung POS nicht als Polytechnische Oberschule, sondern als „Pisa ohne Schwierigkeiten“ auflöste.Der Organisator der Konferenz, der ehemalige Arbeitsminister von MVP, Helmut Holter, stellte seine zehn Thesen für die Entwicklung des Ostens vor. An der These „Gesetzlicher Mindestlohn mindert Abwanderung und stärkt Binnenkaufkraft“ entzündete sich die Diskussion. Dr. Joachim Ragnitz, ifo Institut für Wirtschaftsforschung Dresden, lehnte in seinem Beitrag den Mindestlohn für den Osten ab. Durch einen Mindestlohn würde aus seiner Sicht ein wichtiger Konkurrenzvorteil des Ostens gegenüber dem Westen verloren gehen. Helmut Markow, MdEP, wies darauf hin, dass gerade kleinere Unternehmen im Osten immer häufiger in Anbetracht der osteuropäischen Konkurrenz einen Mindestlohn fordern.
Dr. Kirsten Tackmann, MdB, hat ihre Erfahrungen als frauen- und agrarpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion eingebracht. Gerade Frauen in den ländlichen Regionen im Osten, seien von hoher Arbeitslosigkeit und von Armut besonders betroffen. Die Bundesregierung und die Landesregierungen in den ostdeutschen Flächenländern setzen bei ihrer Wirtschaftspolitik aber darauf, vermeintliche Leuchttürme zu fördern und hoffen, dass sich deren wirtschaftliche Strahlkraft auch förderlich in der Umgebung auswirkt. In der Realität funktioniere dies aber nicht, die Konjunktur sei auch im Osten gespalten. DIE LINKE. setzt sich stattdessen dafür ein, dass keine Region aufgegeben wird. Auch dünn besiedelte Landstriche sind förderungswürdig und die Menschen dort brauchen eine vernünftige Daseinsvorsorge wie Schulen oder öffentlichen Personennahverkehr.
Auch die weiteren Beiträge und die sich anschließenden Diskussionen mit dem zahlreich erschienen Publikum waren fruchtbar und lebhaft. Am Ende waren sich die Beteiligten einig, dass sich DIE LINKE auch weiterhin besonders für Ostdeutschland einsetzen muss, nicht nur wegen ihrer besonderen Verwurzelung im Osten, sondern auch weil sie als einzige Fraktion im Bundestag ostdeutsche Probleme ernst nimmt und immer wieder auf die Tagesordnung setzt.