Von Uwe Kalbe
Es konnte nicht ausbleiben, dass die Frage auch von Franz Müntefering Besitz ergreift: Es muss Ursachen geben für die Wahlniederlage der SPD! Viel weiter ist er allerdings noch nicht gekommen. Denn den, der ihm eingefallen ist bei der Fehlersuche, konnte er schon vorher nicht leiden. Oskar Lafontaine sei der Schuldige am Niedergang der Partei, meint Müntefering und unterstellt ihm dabei niedere persönliche Motive. Müntefering gibt damit einen peinlich berührenden Einblick in die Begrenztheit der ihm bekannten Beweggründe für politische Karrieren. Und über deren Einfluss. Wenn es einem Mann gegeben ist, etwa zehn Millionen Wähler zu bewegen, von der Wiederwahl der SPD abzusehen, der sie 1998 ihre Stimme gaben, fragt man sich, wieso wir nicht längst von Uri Geller regiert werden. Und was Franz Müntefering eigentlich von der Qualität der Demokratie hält, die er den »Kindern und Enkeln der SED« noch immer nur zögernd zu öffnen bereit ist.Auch die Frage, wieso die Wähler einem derart niederträchtigen Mann zuliebe der Sozialdemokratie den Rücken kehren sollten, kommt Müntefering offenbar nicht. Viel zu halten scheint er von den Wählern nicht mehr nach dem Ergebnis der SPD. Doch auch aus einem anderen Grund wirkt sein Abgesang peinlich. Seinen Nachfolgern wirft der scheidende Parteichef vor, zu früh Signale auszusenden in Richtung Lafontaines. Das nennt er armselig, weil die PDS ohne Lafontaine nie im Westen angekommen wäre. Heißt das etwa, dass er die PDS ohne Lafontaine nie als politischen Faktor anerkannt hätte, mit Lafontaine aber nicht mehr anerkennen kann? Es wird wirklich höchste Zeit für Müntefering.
Neues Deutschland, 15. Oktober 2009
Peinlicher Abgesang
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