Nicht mit der Rente an der Börse zocken!
Die Bundesminister für Arbeit und Soziales und für Finanzen, Hubertus Heil (SPD) und Christian Lindner (FDP), haben das so genannte Rentenpaket II vorgestellt. Damit will die Ampel bis 2039 ein Rentenniveau von 48 % eines Durchschnittslohns garantieren und das Beitragswachstum abbremsen. Zur Finanzierung sollen Milliarden am Kapitalmarkt angelegt und aus den Erträgen ab Mitte der 2030er-Jahre Zuschüsse an die Rentenversicherung gezahlt werden, kündigte Heil und Lindner in ihrer gemeinsamen Pressekonferenz an.
"Die Aktienrente ist aus der Zeit gefallen und komplett neoliberal. Anstatt für höhere Löhne zu sorgen oder DAX-Manager und Politiker endlich in die Rentenkasse einzahlen zu lassen, soll es nun der Finanzmarkt richten. Damit wird die Kernkompetenz des Sozialstaats schlechthin - die gesetzliche Rentenversicherung - teilprivatisiert und der Spekulation des Finanzmarkts unterworfen", warnt Christian Görke, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Linken im Bundestag: "Besonders brisant ist aber die Finanzierung: Es ist scheinbar okay, wenn im Haushalt mit einer Schuldenaufnahme von mehr als zehn Milliarden Euro an der sonst so heiligen Schuldenbremse vorbeigetrickst wird. Wenn es aber um zusätzlichen öffentlichen Wohnungsbau, Schienen oder neue Schulen geht, werden Schulden verteufelt. Die Ampel macht Politik für die Banken und Fonds anstatt für Leute mit kleinen und mittleren Geldbeuteln."
Die langfristigen Vorausberechnungen der Bundesregierung zeigen, dass eine – wie im Koalitionsvertrag verabredete – dauerhafte Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent ohne gesetzliche Eingriffe nicht erreicht werden kann und es ansonsten bis zum Jahr 2036 auf 44,9 % absinken werden würde. Der Beitragssatz würde im aktuellen Szenario bis 2027 bei 18,6 Prozent eingefroren bleiben und bis 2037 auf 21,1 % ansteigen.
Auch der Sozialverbands VdK meldet Bedenken an. "Eine Geldanlage in Aktien rentiert sich, wenn überhaupt, erst nach etwa 30 Jahren", argumentiert VdK-Präsidentin Verena Bentele. Die so versprochene Stabilisierung der Altersvorsorge käme so wenn überhaupt zu spät, weil schon in den kommenden Jahren zahlreiche Menschen der so genannten Babyboomer-Generation aus dem Arbeitsleben ausscheiden. "Wir brauchen keine spekulativen Investitionen auf dem Aktienmarkt, für die langfristig Milliarden Euro Schulden gemacht und nachfolgende Generationen belastet werden", so Beutele.
Die Linke lehnt die Einbindung des Kapitalmarktes in die gesetzliche Rentenversicherung ab. Mit der geplanten 'Aktienrente' der Bundesregierung - dem sogenannten 'Generationenkapital' - wird es zu keiner langfristigen Stabilisierung der Gesetzlichen Rentenversicherung kommen. Dafür bräuchte es einen riesigen Kapitalstock (über 570 Milliarden Euro) oder eine völlig unrealistische Rendite von jährlich sieben Prozent, um durchschnittlich Verdienende irgendwann Mitte der 2030er Jahre um gerade mal knapp zehn Euro (entspricht einem halben Beitragssatzpunkt) pro Monat (in heutigen Werten) zu entlasten. Und da sind die aktuell steigenden Zinskosten für den staatlichen Kredit noch nicht einmal enthalten.
Der dafür vorgesehene Staatsfonds KENFO (Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung) hat im Jahr 2022 mehr als drei Milliarden Euro Wertverlust an den Aktienmärkten erlitten. Aufwachen, liebe Ampel! Das muss ein Warnzeichen sein und mit diesem Auf und Ab an den Aktienmärkten schafft man kein Vertrauen in die gesetzliche Rente. Das Geld ist auch nicht "generationengerecht", wenn es, wie beim KENFO, in sogenannten illiquiden Anlagen aus Immobilien und Pflege Renditeobjekte macht und damit Mieten und Pflegeheimkosten nach oben treibt. Echte Generationengerechtigkeit in der Rente gibt es nur durch eine Stärkung der Rente für alle Erwerbstätigen.
Deshalb fordert die Linke in einem aktuellen Antrag "die Einführung einer Erwerbstätigenversicherung, in die auch Selbstständige, Freiberufliche, Beamte und allen anderen Berufsgruppen voran die Bundestagsabgeordneten einzahlen mögen. Kombiniert mit einer Verdopplung der heutigen Beitragsbemessungsgrenze und der verfassungsgemäßen Einführung einer Beitragsäquivalenzgrenze auf sehr hohe und höchste Renten wäre die gesetzliche Rente dann deutlich zukunftssicherer", wirbt Linke-Rentenexperte Matthias W. Birkwald.