Zum Hauptinhalt springen

Menschenrechtsverletzungen im kongolesischen Nationalpark

Archiv Linksfraktion - Nachricht von Cornelia Möhring,

Seit 1986 finanziert die Bundesregierung den Kahuzi-Biega Nationalpark in der Demokratischen Republik Kongo. In dem Nationalpark leben die vom Aussterben bedrohten Flachlandgorilla und das Gebiet gilt aufgrund seiner reichhaltigen Flora und Fauna als besonders schützenwert. Was für die Natur gilt, trifft aber leider nicht auf die Bewohner:innen des Parks zu. Das zeigt eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. Cornelia Möhring, Sprecherin für Entwicklungspolitik der Fraktion berichtet:

Die Gemeinde der Batwa, die seit Jahrhunderten in dem Gebiet und von der Natur dort leben, ist seit der Gründung des Nationalparks bis heute massiver Gewalt und Menschenrechtrechtsverletzungen ausgesetzt. Die Organisation Minority Rights Group hat die letzten Grausamkeiten – von Vergewaltigungen, Folter, Niederbrennen von Dörfern bis zu gezielten Tötungen von Kindern und Zivilist:innen – in einem umfassenden Bericht dokumentiert.

Gewalt durch Parkwächter

Die Gewalt wird mutmaßlich von Parkwächtern sowie von Soldaten der kongolesischen Armee (FARDC) ausgeübt. Finanziert werden diese Parkwächter – auch durch deutsche Steuergelder. Im Rahmen der „Entwicklungszusammenarbeit“ erhalten sie neben ihren Grundgehalt auch „leistungsbezogene Prämienzahlungen“, an denen sich die Bundesregierung beteiligt, wie ich aus der Antwort auf meine Kleine Anfrage erfahren habe. Leider hat die Bundesregierung aber meine Frage, wofür und wie hoch diese Zahlungen sind, nicht beantwortet. Doch es steht der Verdacht im Raum, dass leistungsbezogene Prämien für Verhaftungen gezahlt werden.

Werden solche Prämien gezahlt, steigt die Anzahl der – oft willkürlichen – Verhaftungen an. Menschenrechtsorganisationen sehen solche Prämienzahlungen daher kritisch oder lehnen sie ab; die Bundesregierung hat damit aber kein Problem, wie sie auf meine Nachfrage hin bestätigte. Auch scheint die Bundesregierung die fragwürdige Rolle der Parkwächter nicht problematisch zu sehen. Noch im Juli letzten Jahres besuchte der deutsche Botschafter im Kongo, Dr. Oliver Schnakenberg, den Park und brachte seine Anerkennung für die Parkwächter zum Ausdruck, wie international berichtet wurde.

Die Anerkennung für die Arbeit der Parkwächter durch deutsche Behörden geht auch weiter, nachdem die Bundesregierung im Januar 2022 die Zahlungen für den Park gestoppt hatte. Denn trotz Zahlungsstopp übergab die Leiterin des GIZ-Büros, Kimberly Todt, der Parkverwaltung noch im März dieses Jahres neue Landcruiser, wie lokale Medien berichteten. Also zwei Monate nach dem mir mitgeteilten Zahlungsstopp.

Untersuchungskommission nicht „unabhängig und neutral“

Zahlungen an die Parkverwaltung sollen erst wieder aufgenommen werden, wenn die Empfehlungen der Untersuchungskommission umgesetzt worden sind, erklärt die Bundesregierung auf meine Nachfrage. Die Untersuchungskommission wurde von der Parkverwaltung (ICCN) eingesetzt, nachdem es zu massiven Menschenrechtsvorwürfen gekommen ist. Ihre Mitglieder: Vertreter der Organisation, die untersucht werden soll (ICCN) und der Organisation Wildlife Conservation Society (WCS), die das Co-Management des Parks übernommen hat. In der Kommission sind keine NGOs vertreten, das einzige neutrale Mitglied, Robert Flummerfelt, hat die Kommission aus Protesten gegen das fragwürdige Vorgehen der Untersuchungen im Mai 2022 verlassen. Seitdem wird er mit dem Leben bedroht und befindet sich auf der Flucht. Die taz berichtete ausführlich darüber. Die Kommission hingegen hat ihren Bericht inzwischen veröffentlicht: er umfasst ganze 12 Seiten.

Immerhin bewertet selbst die Bundesregierung die Zusammensetzung der Kommission als nicht gesichert „unabhängig und neutral“ – die Ergebnisse hingegen sieht sie trotzdem als „belastbar und glaubwürdig“ an. Die Vorwürfe von Robert Flummerfelt, wonach die Kommission Menschen eingeschüchtert, Vorfälle unterschlagen und Lügen im Bericht aufgenommen hätte, scheinen bei ihrer Bewertung keine Rolle zu spielen. Dass die Regierung diese Einschätzung unter den Tisch fallen lässt, könnte auch daran liegen, dass sie die Arbeit der Kommission mit 18.000 US-Dollar finanziert hat, auch wenn Staatssekretär Flasbarth das auf Twitter negiert. Zusätzlich hat sie auch einen „unabhängigen Experten“ für die Kommission bezahlt, der neben dieser Tätigkeit auch für die französische Entwicklungsagentur (AFD) mit einer Machbarkeitsstudie zur Unterstützung des Parks beauftragt war. Das Gehalt für ihn legt die Bundesregierung auf unsere Anfrage hin nicht offen.

Ich bin der Meinung, dass das deutsche Engagement im Kahuzi-Biega Nationalpark aufgrund der zahlreich berichteten Menschenrechtsverletzungen, die auch trotz anders lautender Vereinbarungen und Mediationsversuche bis heute anhalten, nicht mehr zu rechtfertigen ist. Wir bezahlen durch unsere Steuergelder Parkwächter, die unter dem Deckmantel des Naturschutzes schlimmste Verbrechen begehen und Untersuchungskommissionen, die befangen sind und mit unlauteren Methoden arbeiten.

Im Kongo zeigt sich: Naturschutz muss mit der unbedingten Einbindung der lokalen Bevölkerung passieren. Die Zeiten eines ‚Festungsnaturschutzes‘ sind längst vorbei. Im Kongo wie überall auf der Welt.