Die Beschäftigten in Deutschland haben 2023 laut Bundesregierung 1,33 Milliarden Überstunden geleistet. Davon waren mehr als die Hälfte unbezahlt: 775 Millionen Stunden. Das geht aus der Antwort des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales auf eine Anfrage von Susanne Ferschl hervor.
"Arbeitgeber sparen durch unbezahlte Überstunden Lohnkosten in Milliardenhöhe, während die Beschäftigten unter ausgedehnten Arbeitszeiten und ständigen Flexibilitätsanforderungen leiden. Vor fünf Jahren hat der europäische Gerichtshof entschieden, dass die Erfassung der Arbeitszeit zum Schutz der Beschäftigten verpflichtend ist. Aber die Bundesregierung schläft weiter und bringt kein Gesetz auf den Weg, dass es Beschäftigten erleichtert, ihre Überstunden geltend zu machen und sich vor Lohnraub zu schützen", kommentiert Ferschl die Zahlen und fordert: "Finanzminister Lindner sollte statt 'Lust auf Überstunden' machen zu wollen, sich darum kümmern, dass nicht dutzende Milliarden Euro an Steuerschäden durch unbezahlte Überstunden und Tarifflucht entstehen. Arbeit muss insgesamt neu gedacht und verteilt werden, und zwar im Sinne der Beschäftigten, d.h. kürzere Arbeitszeiten und mehr Zeitsouveränität."
Aus dem Volumen der 2023 geleisteten Überstunden hätte man 835.000 Vollzeitstellen schaffen können. Durch die unbezahlten Überstunden haben Unternehmen zugleich 32 Milliarden Euro an Lohnkosten eingespart. Dieser Wert ergibt sich, wenn man die Anzahl unbezahlter Überstunden in 2023 (775 Millionen) mit den durchschnittlichen Arbeitskosten je geleisteter Stunde multipliziert. Laut Statistischem Bundesamt waren das 41,30 Euro pro Stunde im Jahr 2023.
"Millionen Überstunden bleiben unbezahlt. Arbeitgeberverbände und ihren Politikern ist das egal: Gute Löhne, Acht-Stunden-Tag, Arbeitsbedingungen, die einen nicht kaputt machen? Finden sie veraltet und attackieren das Streikrecht. Das schadet unseren demokratischen Rechten, dem Sozialstaat und dem gesellschaftlichen Zusammenhalt", warnt Gregor Gysi.