Bei ihrer Fraktionssitzung hat die Fraktion DIE LINKE im Bundestag beschlossen, den bundesweiten Bildungsstreik zu unterstützen:
Die Fraktion DIE LINKE steht fest an der Seite all derer, die sich für bessere und kostenfreie Bildung für alle einsetzen. Bildung und Ausbildung dürfen nicht dem Sparwahn der Haushaltspolitik zum Opfer fallen - insbesondere, wenn gleichzeitig Hunderte Milliarden für die Rettung von Banken und Konzernen zur Verfügung stehen.
SchülerInnenvertretungen, Studierendenorganisationen, Gewerkschaften und Elternverbände haben seit Jahren immer wieder Kritik am Kurs der Bildungspolitik vorgebracht. Selbst die Kultusministerkonferenz hat große Probleme etwa bei der Personalausstattung der Schulen und der Umsetzung der Bologna-Reformen eingestanden. Wer das ignoriert, provoziert Protest. Mitte Juni 2009 demonstrierten darum über 250.000 Menschen bundesweit ihre Unzufriedenheit mit dem deutschen Bildungssystem. Sie wenden sich gegen Bildungsabbau, Privatisierung, Eliteprogramme und Gebühren.
Die Versäumnisse und Fehlentscheidungen in der Bildungspolitik machen vielen jungen Menschen schwer zu schaffen. Immer mehr verlassen die Schule ohne eine wirkliche berufliche Perspektive. Während die einen in so genannten Warteschleifen festsitzen und auf eine Ausbildung warten, droht den anderen mit der Gebührenwelle und unstudierbaren Studiengängen an den Hochschulen das vorzeitige Studienende und Prüfungsstress.
Fakt ist: In kaum einem anderen Land sind die Bildungschancen so sehr von der sozialen Herkunft abhängig wie in Deutschland. Wer aus einem einkommensschwachen Elternhaus kommt, wird in der Regel früh nach unten abgeschoben. Die zunehmende Bildungsprivatisierung und Kommerzialisierung des Bildungssystems verschärft dies massiv. Die deutsche Bildungspolitik ist ungerecht, sie verschärft die soziale Ungleichheit und lässt viele ohne Zukunftsperspektive zurück. Diese Politik wird den Anforderungen an eine demokratische und solidarische Gesellschaft nicht gerecht. Wissen ist keine Ware, sondern ein öffentliches und kollektives Gut. Und Bildung ist keine Dienstleistung, sondern ein Menschrecht, das allen Menschen in gleichem Maße zusteht.
Die Verantwortung für die Missstände wird abwechselnd zwischen Bund, Ländern, den Hochschulleitungen, der Kultusministerkonferenz oder der europäischen Ebene verschoben. Diese Flickschusterei muss ein Ende haben, wir brauchen ein einheitliches Bildungssystem von Füssen bis Flensburg und transparente, demokratische Zuständigkeiten! Doch außer in Sonntagsreden der Bundes- und Landesregierungen ist seitdem wenig passiert. Die von Angela Merkel ausgerufene „Bildungsrepublik Deutschland“ bleibt weiterhin ein leeres Versprechen. Es wird endlich Zeit zu handeln!
Am 17. November 2009 sollen die erfolgreichen Proteste nun fortgeführt werden. DIE LINKE setzt sich mit dafür ein, dass dieser Protest so laut und so stark wie möglich wird, um das Recht auf Bildung für alle zu verwirklichen. DIE LINKE wendet sich entschieden gegen die Diskreditierung der Bildungsproteste. Wer diese als „gestrig“ abtut, wie es die Bundesbildungsministerin getan hat, der hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt.
Die Fraktion DIE LINKE fordert:
- Länger gemeinsam lernen: Gemeinschaftsschule bis zur Klasse 10 bundesweit mehrheitsfähig machen und als Regelschule etablieren; individuelle Förderung verankern, statt auf private Nachhilfe zu setzen; ein inklusives Bildungssystem auf allen Ebenen für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen; Migrantinnen und Migranten Chancengleichheit sichern und Ausgrenzung beenden;
- Kita- und Studiengebühren abschaffen: die Lehr- und Lernmittelfreiheit sichern, Schul- bzw. Prüfungsgebühren in der beruflichen Bildung abschaffen;
- Der auf dem Wege der Föderalismusreform zum 31. Dezember 2007 erneuerte Art. 91 b GG ist so zu ergänzen, dass auch die Arbeitsbasis für die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung (BLK) wieder hergestellt wird;
- Mitbestimmungsrechte in Bildungseinrichtungen stärken: bundesweite Vertretungen von Schülerinnen und Schülern, Eltern und Studierenden mit allgemeinpolitischem Mandat durchsetzen;
- Gute und umfassende Berufsausbildung sichern: Schmalspurausbildungen und Warteschleifen abschaffen, Betriebe in die Verantwortung nehmen, Berufsausbildung reformieren und Qualität in den Mittelpunkt stellen; Mitbestimmungsrechte für außerbetriebliche Auszubildende stärken;
- Ausbildungsplatzumlage einführen: die Unternehmen an der Finanzierung der Berufsausbildung solidarisch beteiligen; ein auswahlfähiges Ausbildungsplatzangebot sicherstellen;
- Offenen Studienzugang mit einem Hochschulzulassungsgesetz bundesweit ermöglichen: individuelle Auswahlverfahren abschaffen, die lernfeindlichen Restriktionen des Bachelor/Master-Systems überwinden und als ersten Schritt dorthin Zugangsbeschränkungen beim Übergang vom Bachelor zum Master ausschließen;
- BAföG zur elternunabhängigen, bedarfsdeckenden und repressionsfreien Grundsicherung ausbauen; Schritt für Schritt Elternunabhängigkeit ausbauen, die Höchstdauer der Zahlung an die durchschnittliche Studienzeit anpassen;
- Mit einem „Studienpakt II“ gute Studienbedingungen sichern: die Mittel pro Studienplatz erhöhen und sich dabei an den realen Kosten orientieren; bessere Betreuung im Studium; mehr Qualität und Offenheit sowie mehr Frauenförderung durch Regelungen zwischen Bund und Ländern garantieren.