Dietmar Bartsch: Anstehende Beratungen zum Nachtragshaushalt geben Koalition die Möglichkeit, die Mittel für die Unterbringung von Flüchtlingen deutlich zu erhöhen / Ulla Jelpke: Erpresserische Methoden gegenüber den Ländern sind völlig daneben
Flüchlingslager Karkosik Erbil in Kurdistan, Foto: Mustafa Khayat
Unionsfraktionschef Volker Kauder spricht sich heute in einer überregionalen Tageszeitung dafür aus, weitere Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen: "In Kurdistan leben fünf Millionen Einwohner mit einer Millionen Flüchtlinge zusammen. Wir können in Deutschland noch deutlich mehr Flüchtlinge aufnehmen. Diese Menschlichkeit müssen und können wir uns leisten."
Fraktionsvize Dietmar Bartsch ist gerade im Nahen und Mittleren Osten unterwegs. Er kommentiert Kauders Vorstoß: "Ich habe gestern in einem Flüchtlingslager bei Erbil gesehen, mit welcher Aufopferung den Flüchtlingen hier Hilfe zuteilwird. Vor diesem Hintergrund ist zu begrüßen, dass der Vorsitzende der Unionsfraktion nun zu der Einsicht kommt, dass Deutschland deutlich mehr Flüchtlinge aufnehmen kann. Angesichts dessen, was die Menschen hier in Kurdistan und beispielsweise im Libanon leisten, wo mehr als eine Million syrische Flüchtlinge leben, wirkt Kauders große Geste der christlichen Nächstenliebe eher klein. Kleinlich ist es zudem, wenn er seine Bereitschaft mit der Aufforderung an die Bundesländer verbindet, mehr abzuschieben."
Forderungen der Bundesländer nach mehr Geld vom Bund für die Unterbringung der Flüchtlinge weist Kauder zurück. Die Kommunen und Länder erhielten jetzt eine Milliarde Euro extra aus Bundesmitteln für die Unterbringung, so Kauder: "Das ist viel Geld. Wenn die Länder weitere Mittel wollen, müssen auch sie ihre Anstrengungen erhöhen und zum Beispiel mehr abgelehnte Asylbewerber abschieben." Erforderlich sei eine Kraftanstrengung aller.
Dietmar Bartsch hält dagegen: "Die Bundesregierung muss beim Thema Flüchtlinge endlich aus dem Kosten-Nutzen-Krämerdenken herauskommen und in der bundesdeutschen Bevölkerung ein Klima humanitärer Hilfsbereitschaft verbreiten. Die anstehenden Beratungen zum Nachtragshaushalt geben der Koalition die Möglichkeit, die Mittel deutlich zu erhöhen."
Auch Innenexpertin Ulla Jelpke fordert vom Bund, endlich seine Verantwortung für die Flüchtlinge zu übernehmen: "Ihre Aufnahme und Unterbringung müssen vom Bund übernommen werden, der auch für einheitliche Standards sorgen muss. Erpresserische Methoden gegenüber den Ländern sind da völlig daneben. Wir reden hier schließlich über Menschen in höchster Not. Die Forderung nach einer Abschiebeprämie, die Herr Kauder jetzt ins Spiel bringt, ist geschmacklos und perfide."