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Silhouette eines Fahrradfahrers vor dem Reichstagsgebäude in Morgendunst mit dahinter aufgehender Sonne © picture-alliance/dpa/Rainer JensenFoto: picture-alliance/dpa/Rainer Jensen

Keine Beschneidung der Oppositionsrechte!

Nachricht von Clara Bünger,

Die Bundestagsgruppe Die Linke klagt wegen der Beschränkung ihres Fragerechts vor dem Bundesverfassungsgericht. Die entsprechende Schriftsätze gingen am Montag nach Karlsruhe. Das Fragerecht für Die Linke wurde beschränkt, nachdem sie ihren Fraktionsstatus verloren hatte.

"Wir stellen die Anfragen nicht für uns, sondern um das Funktionieren der Demokratie zu gewährleisten", sagte Rechtspolitikerin Clara Bünger dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel. "Der Weg nach Karlsruhe ist deshalb folgerichtig, weil wir mit dem Kampf um das Fragerecht auch um die Demokratie kämpfen", so Bünger.

Die Linke im Bundestag darf nur noch zehn Kleine Anfragen pro Monat an die Bundesregierung stellen - 120 Anfragen im Jahr. Für Die Linke ist das ein Eingriff in die Mandatsfreiheit. Die vormalige Linksfraktion hatte allein in dieser Wahlperiode (Stand: 01.02.2024) bereits 966 Kleine Anfragen gestellt. In vorangegangenen Wahlperioden wurden pro Jahr im Durchschnitt 700 solcher Kleinen Anfragen durch Linke-Abgeordnete gestellt.

"Die Möglichkeit, Informationen von der Regierung durch Anfragen zu erhalten, ist entscheidend für die parlamentarische Kontrolle und Transparenz, die für eine funktionierende Demokratie unerlässlich sind", argumentiert Clara Bünger: "Eine Begrenzung auf zehn Anfragen pro Monat ist ein Eingriff in die Mandatsfreiheit und damit der Kontrollmöglichkeit gegenüber der Bundesregierung. In Anbetracht des Grundsatzes der Volkssouveränität und der demokratischen Legitimation der wir als Linke gegenüber den Wählerinnen und Wählern gerecht werden müssen, ist die Einschränkung des Zugangs zu Informationen ein Versuch, die Transparenz und damit die demokratische Kontrolle zu untergraben."

Für Bünger persönlich bedeutet die Einschränkung des Fragerechts, dass sie künftig nicht einmal mehr 10 % von den Kleinen Anfragen stellen kann, die sie vor der Beschränkung gestellt hatte. "Vor dem Hintergrund der Veröffentlichungen der correctiv Recherchen und der Gefahr, die für unsere Demokratie von Verfassungsfeinden ausgeht, ist ein Schutz durch parlamentarische Kontrolle einer der wichtigsten Bausteine, den wir insbesondere in Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft nutzen", mahnt die sächsische Abgeordnete Bünger.


Einige wenige Beispiele dafür, wie Die Linke durch ihre Kleinen Anfragen in den letzten Jahren Missstände aufdecken konnte:

Migration: Die Vorwürfe gegen die Leiterin der BAMF-Außenstelle Bremen, bei der Anerkennung von jesidischen Geflüchteten korrumpiert worden zu sein ("BAMF-Skandal"), konnten durch Kleine Anfragen entkräftet werden, das Verfahren wurde letztlich eingestellt. (2018)
Gesundheit: Die Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage von Beschäftigten aufgrund psychischer Erkrankungen und Verhaltensstörungen hat sich innerhalb von zehn Jahren mehr als verdoppelt: 2022 waren es 132 Millionen Tage. Mehr als 40 Prozent der vorzeitigen Renteneintritte wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden mit psychischen Belastungen begründet. (26.12.2023)

Infrastruktur: Aus Sicht der Bundesregierung braucht es bis 2027 Gesamtinvestitionen von rund 88 Milliarden Euro bei der Deutschen Bahn. Nur für etwas weniger als die Hälfte der Summe – rund 43 Milliarden Euro – steht die Finanzierung im Bundeshaushalt bereits. (28.5.2023)

Altersarmut: Jede dritte Frau mit einer Vollzeitstelle in Deutschland steuert auf eine Rente von weniger als 1000 Euro zu, in absoluten Zahlen sind das 2,7 Mio. Frauen. (15.3.2023)

Rechtsextremismus: Bundesweit wurden 2018 467 Rechtsextremisten mit einem Haftbefehl gesucht, der nicht vollstreckt werden konnte, weil die Beschuldigten nicht aufzufinden waren. Jeder vierte Gesuchte galt als gewalttätig. (4.12.2018)

Arbeitszeit: 2017 haben die Beschäftigten in Deutschland 2,1 Milliarden Überstunden angehäuft. Davon ist nur die Hälfte der zusätzlich geleisteten Stunden vergütet worden, etwa eine Milliarde Stunden blieb unbezahlt. (30.11.2018)

Waffenexporte: 2018 lieferte Deutschland Waffen im Wert von 161,8 Millionen Euro an Saudi-Arabien, obwohl laut Koalitionsvertrag keine deutschen Rüstungsgüter mehr an Länder gehen sollten, die am Jemen-Krieg beteiligt waren. (12.4.2018)