Bund und Länder haben nach sich beim Treffen der Ministerpräsidenten mit dem Bundeskanzler am Mittwoch auf Kompromisse zur Strom- und Gaspreisbremse, zur Finanzierung der Versorgung von Flüchtlingen und zur Nachfolge für das 9-Euro-Ticket geeinigt.
Die Gaspreisbremse für Gas und Wärme soll demnach im März 2023 in Kraft treten. "Eine Rückwirkung zum 1. Februar 2023 wird angestrebt", heißt es in dem Beschluss. Für große Industriebetriebe soll ab Januar eine eigene Gaspreisbremse greifen. Ebenfalls soll Januar eine Strompreisbremse und ein so genanntes Deutschlandticket für 49 Euro als Nachfolger des 9-Euro-Tickets kommen.
"Das 49-Euro-Ticket ist ein Schritt in die richtige Richtung, letztendlich aber nichts halbes und nichts ganzes. Viele einkommensschwache Menschen werden sich dieses Ticket nicht leisten können. Auch Pendler in ländlichen Gebieten haben wenig davon.
Aufgrund des massiven Kahlschlags im Regionalverkehr, haben Pendler eben häufig nicht die Möglichkeit, auf den ÖPNV umzusteigen. Die Milliarde an Regionalisierungsmittel, die für den Ausbau der Schieneninfrastruktur bereitgestellt wird, ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Hier wäre ein 'Wumms' notwendig gewesen", kommentiert Dietmar Bartsch den Kompromiss.
Die Gaspreisbremse drohe, zu spät zu kommen, warnt Christian Leye: "Bis in die Mittelschicht gehen die Menschen auf dem Zahnfleisch und stehen nach zweieinhalb Jahren Dauerkrise mit leeren Taschen da. Es ist absehbar, dass die Zeit zwischen Dezemberabschlag und Einsetzen der Gaspreisbremse für viele zu einer existenziellen Herausforderung werden könnte."
Im Sinne der Beschäftigten sei es richtig, "dass die Gaspreisbremse für die Industrie mit einer Standortsicherung verbunden wird", so Wirtschaftsexperte Leye. Es bestehe aber "weiterhin die reale Gefahr, dass Unternehmen Reibach machen, indem sie subventioniertes Gas verticken - während sie die eigene Produktion in den Winterschlaf schicken und die Beschäftigten mit Kurzarbeit abfrühstücken. Der konjunkturelle Nutzen einer subventionierten Produktionsdrosselung wäre höchst zweifelhaft."
Die versprochenen Entlastungen wie die Kosten für die Abschlagszahlung im Dezember sowie Gas- und Strompreisbremse will die Bundesregierung aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) finanzieren. Insgesamt stehen für den "Abwehrschirm" 200 Milliarden Euro zur Verfügung. Ein Teil der Strompreisbremse soll über die Abschöpfung sogenannter Zufallsgewinnen bezahlt werden. Dies ist für März 2023 geplant - rückwirkend zum 1. September 2022. Dietmar Bartsch bemängelt, dass die Abschöpfung von Zufallsgewinnen zweifellos richtig sei, konkretes aber nicht zu hören wäre.
Aus den gerade veröffentlichten Zahlen für das dritte Quartal der Ölkonzerne Shell, bp, Chevron, ExxonMobil und TotalEnergies geht hervor, dass sich deren Profite im Vergleich zum Vorjahresquartal verdoppelt haben. "In Ampel-Sprech heißt das niedlich Zufallsgewinne - als ob ein blindes Huhn auch mal ein Korn findet", kritisiert Dietmar Bartsch und fordert: "Wer so obszön an Krieg und Krisen profitiert, muss Übergewinnsteuer zahlen."