Wie in jedem Jahr sind die Mitglieder der Fraktion DIE LINKE während der so genannten Parlamentarischen Sommerpause viel in ihren Wahlkreisen unterwegs. Vor Ort nehmen sie sich der Sorgen und Nöte der Bürgerinnen und Bürger an, besuchen Betriebe und Vereine, engagieren sich für lokale und regionale Anliegen. Auf linksfraktion.de schreiben die Parlamentarierinnen und Parlamentarier über ihren Sommer im Wahlkreis.
Petra Pau mit einem Mitarbeiter der Bergwacht Oberstaufen
Die Bergwacht Marzahn-Hellersdorf ist offline. Es gibt sie schlicht nicht. Dabei reckt sich in meinem Wahlkreis der fastgrößte Berg Berlins gen Himmel, noch dazu der einzige mit Panoramablick. Vielleicht musste auch deshalb das Landesparlament ein Seilbahngesetz beschließen, obwohl Berlin gar keine Seilbahn hat. Aber es geschah, korrekt, weil die EU dies für alle Bundesländer vorgeschrieben hatte. Auch Bremen und Hamburg waren folgsam. Die Sache mit den Seilbahnen ist also EU-weit geregelt.
Eine richtige Bergwacht gibt es in meinem Urlaubs-Domizil im Allgäu. Also folge ich seit Jahren ihrer Einladung. Landesüblich gibt es dabei bayerische Volksfeststimmung mit Bier und Blasmusik, wie eine Woche zuvor bei der Feuerwehr auch, aber mit ernstem Hintergrund. 365 Tage im Jahr sind solche Kameradinnen und Kameraden bereit, sich für andere zu engagieren - ehrenamtlich. Wussten Sie, dass damit häufig Lohn- und Renteneinbußen verbunden sind? Und folglich Nachwuchsprobleme.
Zur selben Zeit wurde ich bei »Abgeordnetenwatch« gefragt, wie hoch die Kosten für Demokratie seien. Es war eine gut gemeinte Frage. Ich musste dennoch passen - hier nachlesbar. Ich formuliere die Frage mal anders: Was ist für Demokratie wichtiger - die Freiwilligen Feuerwehren, denen tausende Euro fehlen, oder Spekulationsbanken, die Milliarden verschlingen? Ja doch, der Vergleich ist populistisch. Aber ist er deshalb aus der Welt?
»Ihr wollt ja nur Reiche abkassieren!« Das war abfällig gemeint, in Lindenberg, auf dem Marktplatz. DIE LINKE hatte sich mit einem Stand platziert. Ich kam für ein Stündchen hinzu. »Ihre erste Millionen lassen wir unangetastet«, sagte ich dem Bürger. Wohl ahnend, er wollte nicht wirklich etwas über unser Steuerkonzept erfahren. Tage später erhielt ich eine E-Mail von zwei anderen Passanten: »Eine Vizepräsidentin auf einem Markt-Platz im Allgäu, das haben wir noch nie erlebt. Danke! Wir wählen euch wieder!«
»Wir kennen Sie, aber woher?« Ich wiederum kenne diese Ansprache. Nun also auch in Oberstdorf. Dort machte der Info-Truck des Bundestags halt, vor wirklich hohen Bergen. Wer hier Urlaub macht, lebt nicht von Hartz IV. In den Nachrichten war gerade von »Rente ab 70« die Rede. »Was halten Sie davon, Frau Pau«, wurde ich gefragt. »Als Vizepräsidentin: Die einen sagen so und die anderen sagen so. Das ist demokratisch. Als Linke: Alternativen zum Rentenklau finden Sie auf der Webseite meiner Fraktion. Die sind obendrein sozial.«
Aus den Medien vernahm ich zudem, was Linke von anderen Linken halten. Brrr! Ja, so sind die bösen Medien. Immer auf der Suche nach linken Scharmützeln. Und immer fündig. Auch mein Handy signalisierte zunehmende Anfragen. Und dann las ich auch noch das: Die Allgäu-CSU wirbt für die Dokumentation »Die 4. Revolution«. Verrückte Welt. Denn die Botschaft des Films ist global links. Und antikapitalistisch. Gern wäre ich online, wenn die Unionsjugend darüber diskutiert. Aber auch mein Urlaub ist endlich.
Von Petra Pau
linksfraktion.de, 15. August 2010
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