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v.l.n.r. Martin Schirdewan, Heidi Reichinnek, Sören Pellmann, Janine Wissler, Foto: Tim LüddemannFoto: Tim Lüddemann

Für einen sozialen Politikwechsel – 
die Weichen richtig stellen

Nachricht,

Strategiepapier von Janine Wissler, Heidi Reichinnek, Martin Schirdewan und Sören Pellmann

 

Unsere Gesellschaft ist zutiefst ungleich. Ungleich heißt, dass einige Wenige an der Spitze mehr Geld und aufgrund ihres Besitzes auch mehr Macht und politischen Einfluss haben als alle anderen Menschen. Für uns als Linke steht soziale Gerechtigkeit im Zentrum unserer Politik. Die neoliberale Kürzungs- und Privatisierungspolitik der letzten Jahrzehnte hat unsere Gesellschaft immer weiter von diesem Ziel entfernt. Die Gesellschaft ist gespalten: Zwischen denen an der Spitze, die vom aktuellen Kurs profitieren und den Lohnabhängigen mit mittlerem Einkommen und den Beschäftigten im Niedriglohnsektor, die aus dem Hamsterrad nicht mehr herauskommen. Eine Kursänderung drängt, aber die Ampel-Regierung verspielt weiterhin das politische Vertrauen. Stress und Erschöpfung prägen generationsübergreifend den Alltag. In strukturschwachen Gebieten ist das Schrumpfen der öffentlichen Daseinsvorsorge besonders spürbar, während immer mehr Bereiche des Lebens dem Markt unterworfen werden. Das schadet der Demokratie und dem sozialen Zusammenhalt und begünstigt das Erstarken der extremen Rechten.

Ein demokratisch verfasster Sozialstaat muss ein gutes Leben für alle sichern, nicht die Kapitalanhäufung für wenige. Deswegen sind wir als Linke die Partei für die Mehrheit der Gesellschaft. Lösungen liegen auf dem Tisch, doch es mangelt am politischen Willen zur Durchsetzung. Wir setzen uns dafür ein, dass die Reichen und die Mächtigen den arbeitenden Menschen das zurückgeben, was sie ihnen schulden: Reichtum, den die Beschäftigten mit ihrer Arbeit erwirtschaftet haben. Wir setzen uns für eine solidarische Gesellschaft ein, in der kein Mensch zurückgelassen wird, ob erwerbslos, in Rente oder Studium. Wir Linke bieten praktische Lösungen für die Verbesserung des Alltags an und setzen uns dafür auf allen Ebenen, vom Europaparlament bis zur lokalen Ebene ein: für einen sozialen Politikwechsel.

Soziale Gerechtigkeit erfordert Frieden. Eine multi-polare Welt braucht internationale Verhandlungs-formate und eine neue Sicherheits- und Entspannungspolitik. Wir fordern ein Ende von Eskalation und Aufrüstung, von der vor allem die Rüstungskonzerne profitieren. Wir lehnen jede Form von imperialer Machtpolitik und Doppelstandards ab und setzen uns für diplomatische Initiativen, Abrüstung und Entspannung ein.

Als Vorsitzende von Partei und Gruppe im Bundestag wollen wir Die Linke wieder erfolgreich machen – als soziale Opposition zur verheerenden Politik der Ampel und als Kraft gegen die erstarkende Rechte. Wir schlagen gemeinsam ein neues Kapitel der Zusammenarbeit auf. Bis zur Bundestagswahl 2025 werden wir uns in unserer gemeinsamen Arbeit auf folgende inhaltliche und organisatorische Schwerpunkte konzentrieren:

1. Linke Inhalte setzen: Soziale Themen stark machen

Die Ampel-Regierung ist mit großen Zielen gestartet, übrig geblieben ist ein Trümmerhaufen. Wir nehmen die Regierung in die Verantwortung und stellen soziale Gerechtigkeit und Solidarität in den Mittelpunkt. Wir zeigen klare Kante gegen Rechts. Wir treten nicht nach unten, sondern fordern die Reichen zur Kasse. Wir werden in den nächsten Monaten unsere Arbeit insbesondere auf die Bereiche konzentrieren, in denen wir mit unseren Konzepten deutlich machen können: Die Linke macht im Alltag einen Unterschied und zeigt konkrete Alternativen auf.

Gute Arbeit, gute Löhne!

Seit 2020 steigen die Preise schneller als die Löhne, das belastet besonders Personen mit niedrigen und mittleren Einkommen. Eine Entlastung ist dringend nötig, etwa durch höhere Einkommen und Preisdeckel. Die Mittel hierfür sind vorhanden, da Konzerne und Superreiche von den Krisen der letzten Jahre profitierten. Wir stehen bei den Streiks für bessere Arbeitsbedingungen, höhere Löhne und kürzere Arbeitszeiten an der Seite der Gewerkschaften und Beschäftigten.

Neben niedrigen Löhnen belasten schlechte Arbeitsbedingungen wie befristete Verträge, Überstunden und Personalmangel die Menschen. Wir befürworten daher Forderungen der Gewerkschaften nach kürzeren Arbeitszeiten bei vollem Lohnausgleich, z.B. über eine 4-Tage-Woche. Gegen Sozialstaatsabbau und Sanktionen beim Bürgergeld setzen wir uns zur Wehr. Solche Maßnahmen fördern letztlich nur den Niedriglohnsektor. Wir lehnen Bezahlkarten für Leistungsempfänger*innen ab, da sie Ausgrenzung verstärken. Wir fordern einen Mindestlohn von 15 Euro und stärkere Tarifbindung, wovon insbesondere auch Ostdeutschland profitieren würde – nicht zuletzt auch im Hinblick auf das spätere Rentenniveau.
Wir sind die einzige Partei, die stets die Belange Ostdeutschlands im Blick hatte und dies auch weiterhin haben wird, denn auch über 30 Jahre nach der Wende bestehen bis heute Nachteile für die Menschen, die dort leben. In Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern haben wir erreicht, dass die Vergabe öffentlicher Aufträge an die Zahlung eines höheren Mindestlohns gekoppelt ist. In Bremen haben wir einen Ausbildungsfonds eingeführt, der sowohl Ausbildungsinteressenten hilft, die Fachkräfte von morgen zu werden, als auch kleine und mittlere Unternehmen gegen die Macht der Großkonzerne unterstützt. Im Bundestag kämpfen wir gegen sachgrundlose Befristungen, um die Arbeitsplatz­unsicherheit von Millionen Beschäftigter zu beenden und machen uns stark für ein Rentensystem, in das alle Erwerbstätigen einzahlen und mit dem die Menschen deutlich mehr Rente bekämen.

Klimaschutz – natürlich sozial!

2023 war weltweit und in Deutschland das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Die zunehmenden Naturkatastrophen und deren Auswirkungen wie Brände, Fluten oder Ernteausfälle verdeutlichen die drastischen Folgen des Klimawandels. Ein ökologischer Umbau in den Hauptverursachersektoren wie Industrie, Energie, Verkehr und Landwirtschaft ist notwendig.

Dies erfordert ein umfassendes Investitionsprogramm für klimaneutrale Energie, nachhaltige Mobilität und energieeffizientes Bauen. Wir fordern, dass der Öffentliche Nahverkehr ausgebaut und perspektivisch kostenfrei wird. Bahnstrecken – insbesondere im ländlichen Raum – müssen reaktiviert werden, damit die Menschen auch außerhalb der Städte Zugang zu einem verlässlichen ÖPNV haben. Die großen Energiekonzerne wollen wir in öffentliches, demokratisch verwaltetes Eigentum überführen und dezentrale Energiegenossenschaften und kommunale Betriebe fördern. Es braucht einen sozialen Schutzschirm für Mieter*innen, damit die Kosten nicht diejenigen mit kleinen und mittleren Einkommen belasten, u. a. über die Einführung eines gerechten Klimageldes. Die Macht der Agrarkonzerne wollen wir beschneiden und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern. Wir wollen nicht in die Rüstung, sondern in den ökologischen Umbau investieren, um katastrophale Folgen und hohe Kosten zu vermeiden und rund eine Million neue Jobs zu schaffen, besonders in den von der Transformation betroffenen Regionen. Die Politik der Bundesregierung, Zukunftsjobs, z. B. in der Solarbranche, zu riskieren, ist fatal. Stattdessen braucht es jetzt eine Investitionsoffensive.

Der Kampf gegen den Klimawandel darf nicht zu immer weiter steigenden Lebenshaltungskosten führen, während Konzerne hohe Gewinne erzielen.

Daher haben wir im Bundestag beispielsweise einen Antrag gestellt, um Mieter*innen vor Kostenexplosionen zu schützen und im Bedarfsfall zu unterstützen. Bremen ist hier schon mit gutem Beispiel vorangegangen und hat einen Krisenfond für Verbände, Vereine und Privathaushalte gebildet.

Ein funktionierender Sozialstaat für mehr Lebensqualität

Wir wollen einen gut funktionierenden (vor-)sorgenden Sozialstaat, der den Menschen eine soziale Infrastruktur und soziale Dienstleistungen garantiert. Das schafft Erleichterungen im Alltag und erhöht die Lebensqualität. Wir sind überzeugt, dass öffentlich vor privat kommen muss, wenn es darum geht, elementare Güter und Dienstleistungen bereitzustellen, die zu einem guten Leben dazu­gehören.

Das fängt bei der Gesundheitsversorgung an. Das Recht auf Gesundheit ist seit 1966 als Menschenrecht anerkannt, doch in Deutschland wird es nicht allen zuteil. Die Gesundheitsversorgung bleibt trotz hoher Ausgaben europaweit nur mittelmäßig. Armut verschärft gesundheitliche Risiken, begünstigt durch eine Zwei-Klassen-Medizin und bevorzugte Behandlung privat Versicherter. Die Kommerzialisierung des Gesundheitssystems, mit einer Fokussierung auf profitable Behandlungen zuungunsten der Grundversorgung, lehnen wir ab. Wir fordern eine Aufarbeitung der Corona-Pandemie, damit unser Gesundheits­system künftig besser auf Krisen vorbereitet ist und das Vertrauen in die Gesundheitspolitik gestärkt wird. Nötig sind wohnortnahe Versorgung, die Abschaffung von Fallpauschalen und die Einführung ambulant-stationärer Versorgungszentren, unterstützt durch eine solidarische Gesundheits- und Pflegeversicherung ohne Zuzahlungen. Unser Konzept sieht vor, Beiträge für Einkommen bis 6.000 Euro zu senken und Leistungen zu verbessern.

Kinder- und Jugendarmut in Deutschland nimmt immer weiter zu. Eine erhebliche Erhöhung der Ausgaben für Kinder- und Jugendangebote ist dringend erforderlich. In der Corona-Krise haben Kinder und Jugendliche große Einschränkungen erlebt, durch die Schließung der Schulen und dem Wegfall von Angeboten. Wir treten für massive Bildungsinvestitionen und ein gerechteres Bildungssystem ein, das allen Kindern Chancengleichheit bietet. Eine bedürfnisorientierte Kindergrundsicherung ist dabei zentral. Wir setzen uns weiterhin aktiv für die Belange von Kindern ein, sowohl im Bundestag als auch durch die Unterstützung von Initiativen für Kinder und Jugendliche. Daher werden wir einen Antrag stellen, der – im Gleichklang mit den Empfehlungen des Bürgerrates des Deutschen Bundestages – die aktuelle Volksinitiative in Brandenburg unterstützt und ein kostenloses Mittagessen an Grundschulen fordert.

Der Wohnungsmarkt ist zunehmend eine Belastung, besonders in Ballungsräumen, wo steigende Mieten immer mehr Menschen verdrängen. Die Regierung hat beim Mieterschutz versagt. Wir plädieren für eine Offensive beim öffentlichen, nicht profitgetriebenen Wohnungsbau, einen bundesweiten Mietendeckel und einen Stopp der Mietsteigerungen. Energieeffizientes Bauen muss umgesetzt werden, ohne die Kosten auf Mieter*innen umzulegen. Wir haben im Bundestag zahlreiche Vorschläge für bezahlbares Wohnen eingebracht und werden dies weiterhin tun: zur Einführung eines Mietendeckels, für den Ausbau von Sozialwohnungen und für einen gemeinnützigen Wohnungsmarktsektor. Mecklenburg-Vorpommern hat unter unserer Regierungsbeteiligung als erstes Bundesland die vollständige Entschuldung kommunaler Wohnungsbauunternehmen beschlossen, das senkt die Mieten. Zudem sind wir mit Kampagnen vor Ort aktiv, unterstützen Mieter*inneninitiativen und haben einen Volksantrag zum Thema in Baden-Württemberg gestartet.

Es ist genug für alle da – Reichtum umverteilen!

Unsere Konzepte sollen durch Steuergerechtigkeit und die Abschaffung der Schuldenbremse finanziert werden. Unser Einkommenssteuerkonzept entlastet Personen mit einem Einkommen bis zu 6.500 Euro monatlich und beteiligt Höherverdienende stärker an der Finanzierung öffentlicher Aufgaben. Eine Reform der Erbschaftssteuer soll große Erbschaften angemessen besteuern, wobei Stundungen das Fortbestehen vererbter Unternehmen ermöglichen. Wir wollen die Vermögensteuer wieder erheben. Das würde mehr Gerechtigkeit schaffen und den Ländern mehr Geld für Bildung, Jugendarbeit, Gesundheit und Soziales einbringen.

Die Lösung der Schuldenbremse ermöglicht dringend benötigte Investitionen in sozialen Ausgleich, Klima­schutz und öffentliche Infrastruktur.
Wir setzen uns kurzfristig für eine Aussetzung der Schuldenbremse ein, die ein Hindernis für Zukunfts­investitionen ist. Vorschläge zur Überarbeitung haben wir kürzlich im Bundestag vorgelegt. Darüber hinaus fordern wir die Ersetzung der Schuldenbremse durch die „Goldene Regel“, die es erlaubt, Investitionen über Kredite zu finanzieren.

2. Wir machen uns fit für die Wahlkämpfe

Die vor uns liegenden Aufgaben sind groß: In einigen Wochen stehen die Europawahl und Kommunalwahlen in neun Bundesländern an, gefolgt von Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im September. Wir kämpfen dafür, in das Europa- und die Länder- und Kommunalparlamente wieder als starke Stimme für soziale Gerechtigkeit einzuziehen und dafür, dass unser linker Ministerpräsident Bodo Ramelow in Thüringen im Amt bleibt.

Das Jahr 2025 beginnt mit der Bürgerschaftswahl in Hamburg, gefolgt von Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen und der Bundestagswahl im Herbst. Wir bereiten unsere Partei mit Tausenden neuen und Zehntausenden langjährigen Mitgliedern auf diese Herausforderungen vor, unter anderem durch Schulungen, Aufbauprogramme, ein neues Corporate Design, Gestaltungstools, eine eigene App. Als einzige Partei im Bundestag lehnen wir Unternehmensspenden ab und sind unabhängig von Lobbyisten. Unsere Mitglieder sind die Träger*innen unserer Kampagnen. Wir ermutigen jede*n, sich uns anzuschließen, denn bei diesen Wahlen steht viel auf dem Spiel. Unser Ziel ist es, das in den letzten Jahren verlorene Vertrauen zurückzugewinnen und den Menschen deutlich zu machen, dass wir ihre Alltagssorgen im Blick haben. Wir wollen genauso die Stimme derjenigen sein, die von der Ampel Regierungspolitik enttäuscht sind, wie von denen, die sich in den letzten Jahren von der Politik in Gänze nicht mehr wahrgenommen fühlen.   

3. Die Linke hilft, statt nur zu reden

Während die Ampel die Leute im Regen stehen lässt, geht es uns darum, konkrete Hilfestellungen zu geben, u.a. bei Mietfragen oder beim Ausfüllen von Formularen für das Jobcenter. In unzähligen Büros bieten unsere Genossinnen und Genossen Beratungen für verschiedenste Lebenslagen an. In den kommenden Monaten wollen wir das Konzept „Die Linke hilft“ weiter ausbauen, um uns an noch mehr Orten um die Probleme und Sorgen der Menschen mit wenig Geld kümmern zu können. Als Linke im Bundestag haben wir seit Jahren einen Verein, in den alle Abgeordneten aus ihrer Diät spenden und mit dem wir vor Ort soziale Projekte unterstützen. Denn gegen die kapitalistischen Härten sind wir nur gemeinsam stark.  

Vor Ort, in den Kommunen, entscheidet sich die Lebensqualität im Alltag. Die Privatisierung von öffentlichem Eigentum und öffentlicher Daseinsvorsorge haben den Alltag in vielen Kommunen und Nachbarschaften erschwert. Durch eine Stärkung unserer kommunalen Verankerung erhöhen wir den praktischen Gebrauchswert und die Sichtbarkeit der Linken. Wir sind für die Menschen ansprechbar und kümmern uns vor Ort und in den Parlamenten.

Für uns als Partei, aber auch für die ganze Gesellschaft steht bei den kommenden Wahlen viel auf dem Spiel. Wir halten als einzige soziale Gerechtigkeit und Solidarität hoch – Werte, ohne die eine Gesellschaft nicht funktionieren kann. Wir sind bereit!