Skyline der Megastadt Lagos Foto: Flickr.com/OpenUpEd
Durch die Folgen des globalen Klimawandels sind Menschenrechte derer bedroht, die am wenigsten zu einem Anstieg der Treibhausgase beitragen. Etwa 12 Millionen Hektar landwirtschaftlich nutzbare Fläche werden jährlich zur Wüste. Die Megastadt Lagos, in der 21 Millionen Menschen leben, wird Ende dieses Jahrhunderts im Meer versunken sein. Ebenso wie die halbe Staatsfläche Bangladesch mit seinen 150 Millionen Menschen. Die Vereinten Nationen schätzen die Zahl der Menschen, die aufgrund von Desertifikation ihr Land verlassen müssen, auf 700 Millionen Menschen bis zum Jahr 2050.
Klimawandel als Ursache von Migration und Flucht
Den Menschen, die vor den Folgen des Klimawandels fliehen müssen, stehen bislang keine juristischen Schutzinstrumente zur Verfügung, da eine gültige Definition von „Klimawandel" bislang nicht existiert. Nach derzeitiger Rechtslage sind sie keine Flüchtlinge im Sinne des Völkerrechts. Im August 2014 hat Neuseeland erstmalig einem Asylantrag stattgegeben, der aus Furcht vor den Folgen des Klimawandels gestellt wurde. "Friends of the Earth International" erklärte anlässlich der UN-Konferenz im September 2014 zu der Situation der kleinen Inselstaaten (SIDS): „Wir glauben, dass Klimaflüchtlinge ein legitimes Recht auf Asyl haben, von der UN-Flüchtlingskommission anerkannt werden." „Die Industrieländer sind die Hauptverantwortlichen für die Erderwärmung, also sind sie verpflichtet, diese Menschen aufzunehmen“, sagt der Bauern-Aktivist Rahman aus Bangladesch. Nnimmo Bassey, Träger des Alternativen Nobelpreises, spricht von einer „historischen Kolonisation der Atmosphäre durch die Industriestaaten“.
Der Völkerrechtler Gerhard Hafner befürwortet in einer Studie für das deutsche Umweltbundesamt „die freie Länderwahl“ für Flüchtlinge. Dies hätte zur Folge, dass die Nachbarländer, wie z. B. Indien als Nachbarland Bangladeschs, einen Großteil der MigrantInnen aufnehmen würden – und die Verschmutzerstaaten sind fein raus. Die Industriestaaten müssen Klimaflüchtlinge, die Haus und Boden verlieren, finanziell unterstützen – wohin sie auch immer gehen wollen.
„Loss and Damage“ – Wer bezahlt wieviel und an wen?
Die Zerstörung der Lebensperspektiven für viele Menschen aus dem globalen Süden ist unmittelbar mit der Wirtschaftspolitik der Industrie- und Schwellenländern verbunden. Deutschland ist auf der Weltrangliste der CO2-Sünder auf Platz sieben und ist viertgrößter Exportfinanzierer für Kohle. Es geht um die Frage, in wie weit die Hauptemittenten von Treibhausgasen für die finanziellen Folgen nach Völkerrecht haftbar gemacht werden können. Die jüngsten Zusagen von jährlich 100 Milliarden Dollar ab dem Jahr 2020 werden nicht ausreichen. Die Ankündigung von Kanzlerin Merkel, die Finanzhilfen für den Klimaschutz in Entwicklungsländern bis 2020 von jährlich zwei auf vier Milliarden Euro zu erhöhen, ist nichts als Augenwischerei.
Während die Regierungen der Industrieländer und auch die deutsche Bundesregierung nicht ausreichend bereit sind, öffentliche Gelder für Klimaschutz bereit zu stellen, machen Konzerne satte Gewinne – auf Kosten des Klimas. 2013 veröffentliche der „Carbon Majors Report“ die 90 größten Klimasünder, die sog. „Carbon Majors“. Rick Heede hat dafür die Emissionen von 1850-2010 der 90 größten Öl-, Gas- und Kohlekonzerne sowie der Zementproduzenten summiert und errechnet, dass diese für 63 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich sind. In der Liste sind auch drei deutsche Unternehmen, RWE, RAG und HeidelbergCement. Zusammen sind sie für circa 0,6 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich. Ein Diskussionspapier schlägt vor, diese „Carbon Majors“ künftig für den verursachten Schaden bezahlen zu lassen, in Form einer Abgabe auf fossile Energieträger, welche aus den bisherigen und zu erwartenden Emissionen errechnet werden. Zum ersten Mal in der Klimageschichte fordert aktuell ein Landwirt aus Peru Schadensersatz von RWE aufgrund einer drohenden Flutkatastrophe durch die Eisschmelze.
Wege zur Klimagerechtigkeit
Im Dezember 2015 werden auf der Weltklimakonferenz in Paris klimapolitische Entscheidungen getroffen werden. Schon heute zeichnet sich ab, dass aufgrund der Blockadepolitik mächtiger Interessensgruppen die dort ausgehandelten Kompromisse nicht wegweisend sein werden. Dabei ist der Klimawandel nicht nur ein ökologisches Problem, sondern vor allem eine soziale Frage. Er erfordert neue Konzepte für globale Gerechtigkeit und internationale Solidarität für die Länder des globalen Südens. Daher plant die Fraktion DIE LINKE. zusammen mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung am 3./4. Juli in Berlin eine Konferenz, die diese wichtigen Fragen aus linker Sicht beleuchten möchte. Gemeinsam mit ExpertInnen aus dem globalen Süden und Ländern des Nordens wird beraten, welche Aktivitäten und Forderungen kurzfristig für den Schutz von Flüchtlingen und zum Ausgleich von Klimaschäden aus linker Sicht notwendig sind.
Kim Weidenberg
Einladung zur Konferenz „Auf der Flucht vor humanitären Krisen: zur sozialen Dimension des Klimawandels“
Anmeldung zur Konferenz
linksfraktion.de, 23. Juni 2015