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„Für den Osten nichts Neues“ – Leerstelle Ostdeutschland im Koalitionsvertrag

Nachricht von Ina Latendorf, Sören Pellmann, Bodo Ramelow,

Union und SPD lassen Ostdeutschland im neuen Koalitionsvertrag weitgehend außen vor. Die Bundestagsabgeordneten der Linken Ina Latendorf (Mecklenburg-Vorpommern), Sören Pellmann (Sachsen) und Bodo Ramelow (Thüringen) kritisieren das scharf:

„‚Für den Osten nichts Neues‘ wäre eine treffende Überschrift für das, was Union und SPD im Koalitionsvertrag zu Ostdeutschland schreiben – beziehungsweise nicht schreiben“, so die drei ostdeutschen Abgeordneten.

Bodo Ramelow bemängelt das Fehlen eines eigenen Kapitels zu Ostdeutschland:

„Wird in der Präambel noch wolkig-ungreifbar über die Leistung Ostdeutscher geschrieben, fehlen danach wirkliche Ideen. Kein eigenes Kapitel, keine eigene Überschrift – Ostdeutschland wird nur in homöopathischen Dosen und an einzelnen Stellen erwähnt. In schlechter Tradition setzen Union und SPD auf Worthülsen statt auf ein umfassendes Konzept für gleichwertige Lebensverhältnisse in Ost und West.“

Sören Pellmann macht deutlich, dass DIE LINKE die klaffenden Lücken füllen will:

„Wo die künftige schwarz-rote Bundesregierung Leerstellen lässt, wird DIE LINKE da sein. Wir fordern einen umfassenden Plan zur Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen Ost- und Westdeutschland – mit Blick auf die ostdeutsche Lebenswelt, die bundesweit Vorbild sein kann: längeres gemeinsames Lernen, Gemeindeschwestern für die ambulante Versorgung und eine echte Industriestrategie. Ostdeutschland braucht nicht aufzuholen – es kann den Fortschritt in der Bundesrepublik mitgestalten. Dafür braucht es Anerkennung von Lebensleistungen und Errungenschaften.“

Ina Latendorf unterstreicht die Verantwortung ostdeutscher Abgeordneter in Berlin:

„Wir vertreten Ostdeutschland und machen ostdeutsche Perspektiven im Bundestag sichtbar – klar, konstruktiv und selbstbewusst. 35 Jahre nach der Einheit darf Gerechtigkeit nicht weiter eine Frage des Wohnorts sein. Die Feier des Einheitsjubiläums darf kein Selbstzweck sein – sie ist Verpflichtung. Wir nehmen sie an.“

Auch im Detail bleibt der Koalitionsvertrag hinter den Erwartungen zurück. Zwar enthält er punktuelle Maßnahmen wie eine geringfügige Erhöhung des Bundesanteils an den AAÜG-Kosten (Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz) oder vage Versprechen zur kommunalen Entlastung. Doch eine gezielte Industriestrategie Ost bleibt völlig außen vor – und das, obwohl gerade vor dem Hintergrund globaler Umbrüche und dem Strukturwandel in der Industrie eine gezielte Förderung überfällig wäre.

Bei der Altschuldenregelung für Kommunen bleibt der angekündigte Beitrag des Bundes weit hinter dem tatsächlichen Bedarf zurück. Eine echte Lösung für über 130 Milliarden Euro kommunale Schulden sieht anders aus. Stattdessen sollen bestehende Länderprogramme lediglich kofinanziert werden.

Auch das Bekenntnis zu gleichwertigen Lebensverhältnissen bleibt weitgehend folgenlos. Förderprogramme wie GRW (Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur") oder BULE (Bundesprogramm Ländliche Entwicklung) werden zwar weitergeführt, doch ein strategischer Ansatz fehlt. Die Entwicklung ländlicher Räume bleibt Stückwerk.

Die Linke im Bundestag fordert einen echten Neustart für Ostdeutschland: mit einer strukturellen, sozialen und wirtschaftlichen Strategie, die auf Augenhöhe basiert. Die ostdeutschen Bundesländer dürfen nicht länger im Koalitionsvertrag versteckt werden – sie gehören ins Zentrum der politischen Debatte.