Caren Lay ist Sprecherin für Verbraucherschutz der Fraktion DIE LINKE, Werner Dreibus deren stellvertretender Vorsitzender und gewerkschaftspolitischer Sprecher. Auf dem Bundesparteitag am 15. und 16. Mai 2010 in Rostock kandidieren sie gemeinsam für die Bundesgeschäftsführung.
Caren Lay, Sie sind seit dem vergangenen Jahr erstmalig Bundestagsabgeordnete. Welche bisherigen politischen und parlamentarischen Erfahrungen helfen Ihnen bei dieser neuen Aufgabe?
Caren Lay: Ich habe bereits fünf Jahre parlamentarische Erfahrung im Sächsischen Landtag gesammelt. Dort war ich arbeitsmarktpolitische Sprecherin und Parlamentarische Geschäftsführerin. Daher weiß ich auch, wie wichtig es ist, immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzukommen, nah dran zu sein an den Alltagsproblemen der Menschen. Das gelingt nur durch eine intensive Arbeit im Wahlkreis, durch viele Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern vor Ort.
Werner Dreibus, Sie absolvieren bereits Ihre zweite Legislaturperiode für DIE LINKE im Bundestag. Was ist das Besondere an der Arbeit in dieser neuen Fraktion?
Werner Dreibus: Dank des guten Wahlergebnisses ist die neue Fraktion deutlich stärker als in der letzten Wahlperiode. Und die neuen Abgeordneten haben uns nicht nur personell verstärkt. Ich habe auch den Eindruck, dass es uns immer besser gelingt, unsere Positionen in die Öffentlichkeit zu tragen.
An welche Positionen denken Sie dabei zuvorderst?
Werner Dreibus: Wir sind die politische Kraft im Parlament, die uneingeschränkt für Frieden eintritt und glaubwürdig für die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der Rentnerinnen und Rentner und der sozial Benachteiligten streitet. Unsere Forderungen nach dem Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan und nach einem gesetzlichen Mindestlohn werden mittlerweile von einem Großteil der Menschen geteilt. Wir setzen damit die anderen Parteien unter Druck und bringen so zum Beispiel die SPD dazu, sich Schritt für Schritt wieder in eine sozialere Richtung zu bewegen.
Sie sind gebürtige Rheinländerin, machen aber seit rund zehn Jahren in Sachsen Politik. Inwiefern vereinfacht Ihre Biografie Ihre Arbeit in der Bundestagsfraktion?
Caren Lay: Ich habe nicht nur West- und Ost-Erfahrung, sondern kenne auch die Unterschiede zwischen ländlicher Region und Stadt ganz gut. Meine Biografie ist geprägt von einer großen Bandbreite verschiedener kultureller und politischer Erfahrungen. Das ist sehr bereichernd und immer hilfreich. Auch in der Fraktion, die ja sehr verschiedene Persönlichkeiten mit unterschiedlicher regionaler und auch politischer Herkunft vereint, ist es gut, die verschiedenen „Sprachen“ zu verstehen und zu sprechen.
Als stellvertretender Fraktionsvorsitzender sind Sie zuständig für Personal und Finanzen. Haben Sie zuvor schon einmal einen solch großen Betrieb gemanagt?
Werner Dreibus: Ich war nie Manager. Im Gegenteil: Als Bevollmächtigter der IG Metall in Offenbach kämpfe ich gemeinsam mit den Beschäftigten in den Betrieben für die Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen - meist gegen den Widerstand der Manager. Gleichzeitig bin ich in der IG Metall für Personal und Finanzen verantwortlich und halte die Verwaltungsstelle seit über 15 Jahren gut am Laufen. Auf diese Erfahrungen kann ich zurückgreifen. Das gibt mir eine gewisse Gelassenheit.
Wie kann die Bundestagsfraktion der Partei bei Kampagnen für den gesetzlichen Mindestlohn oder gegen die Kopfpauschale helfen?
Werner Dreibus: Die Kampagne für den gesetzlichen Mindestlohn ist ein schönes Beispiel dafür, wie die Bundestagsfraktion die Kampagnen der Partei erfolgreich unterstützen kann. Die Fraktion hat Öffentlichkeit für das Thema hergestellt, in dem wir zum Beispiel bereits im Jahr 2006 ein viel beachtetes Hearing im Deutschen Bundestag veranstaltet haben, an dem auch Vertreter der Mindestlohnkommission aus Großbritannien teilnahmen. Ausgerechnet der Vertreter der britischen Industrie bestätigte damals, dass niemand mehr den Mindestlohn abschaffen wolle.
Was hat die Fraktion darüber hinaus getan?
Werner Dreibus: Die Fraktion hat durch dauerndes Nachfragen bei der Bundesregierung viele Daten und Fakten in Erfahrung bringen und so die Argumente für den gesetzlichen Mindestlohn schärfen können. Und wir haben durch zahlreiche Anträge den gesetzlichen Mindestlohn immer wieder ins Gespräch gebracht und die anderen Parteien gezwungen, sich zu positionieren. Im Prinzip hat die Fraktion die Munition für die Kampagne der Partei geliefert. Bei der Kampagne gegen die Kopfpauschale werden wir versuchen, diese guten Ansätze weiter zu verbessern.
Wie kann die Partei die Arbeit der Fraktion unterstützen?
Caren Lay: Die Partei kann immer wieder inhaltliche Impulse setzen. Unsere Mitglieder sind sehr aktiv an der Basis. Sie wissen sehr genau, wo der Schuh drückt, und teilen uns das auch mit. Viele wenden sich direkt an uns Parlamentarierinnen und Parlamentarier und machen Vorschläge. Andere stellen zum Beispiel Anträge auf Parteitagen, in denen sie akute Probleme benennen, Lösungsvorschläge machen oder die Fraktion auffordern, Themen aufzugreifen und parlamentarisch zu bearbeiten. All das tut auch der Parteivorstand, den es meiner Meinung nach zu stärken gilt.
Ist die Partei auch ein Korrektiv für die Bundestagsfraktion?
Caren Lay: Ja. Sie sorgt dafür, dass sich die Fraktion nicht in der Logik und Eigendynamik des Parlamentsbetriebs verfängt. Wichtig ist eine gute Abstimmung zwischen Partei und Fraktion.
Ist die Fraktion inhaltlich und organisatorisch gut genug aufgestellt, um die Opposition gegen die aktuelle Bundesregierung zu führen?
Caren Lay: Wir sind die einzige Fraktion, die sich konsequent gegen die Kriegspolitik der Bundesregierung und gegen Kürzungen im Gesundheitsbereich stellt. In beiden Fragen sprechen wir für die Mehrheit der Bevölkerung. Wir sind angetreten für soziale Gerechtigkeit. Das machen wir in allen Bereichen deutlich. Und so werden wir auch wahrgenommen. Ich denke, das spricht für eine gute inhaltliche und organisatorische Positionierung.
Werner Dreibus: Wer könnte denn sonst die Opposition gegen die schwarz-gelbe Regierung führen? SPD und Grüne haben doch mit ihrer Politik dafür gesorgt, dass Millionen Menschen nur noch für Niedriglöhne schuften, und prekäre Jobs wie Leiharbeit und Minijobs boomen. Sie haben die Finanzmärkte dereguliert und sind damit mitverantwortlich für die Krise. Heute wollen sie davon nichts mehr wissen. Jetzt gibt sich die SPD als Vorkämpferin für den gesetzlichen Mindestlohn, präsentiert aber nur halbgare Vorschläge, die eine Existenz sichernde Höhe nicht sicherstellen können. Also in punkto glaubwürdiger Opposition können die anderen noch viel von uns lernen.
linksfraktion.de, 11. Mai 2010
Fraktion liefert Munition für die Kampagne der Partei
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