Von Dietmar Bartsch, Zweiter stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
Zum ersten Mal stellt DIE LINKE den Ministerpräsidenten eines Bundeslandes. Herzlichen Glückwunsch, lieber Bodo Ramelow! Eine glückliche Hand und viel Kraft für die Aufgaben der nächsten fünf Jahre wünsche ich dir und deiner Regierungsmannschaft mit den LINKEN Birgit Keller, Birgit Klaubert, Heike Werner und Benjamin-Immanuel Hoff, mit den Sozialdemokraten Holger Poppenhäger, Heike Taubert und Wolfgang Tiefensee und mit den Grünen Dieter Lauinger und Anja Siegesmund.
Der 5. Dezember 2014, der Tag der Wahl von Bodo Ramelow, wird einen Platz in den Geschichtsbüchern der Bundesrepublik Deutschland finden. Es ist ein Tag großer Freude für alle in unserer Partei, gerade auch für jene, die sich vor 25 Jahren auf den Weg gemacht haben, eine Partei des Demokratischen Sozialismus aufzubauen, die linke Volkspartei im Osten wurde und sozialistisches Denken in der westdeutschen Diaspora hochhielt. Überdies ist es nicht nur Zufall, dass mit dem ehemaligen Parteibildungsbeauftragten Bodo Ramelow einer der Architekten des Zusammenschlusses von Linkspartei.PDS und WASG in das hohe Amt gelangte.
Die von LINKER, SPD und GRÜNEN getragene Landesregierung kam nach einem bislang beispiellosen demokratischen Prozess zustande und kann deshalb auf starken Rückhalt in allen drei Parteien bauen. Nach einem fulminanten Wahlkampf ist es den Verantwortlichen der LINKEN in Thüringen gelungen, die Sondierungen und Koalitionsverhandlungen transparent zu führen und immer wieder die Rückkopplung mit der Partei herzustellen. Stellvertretend für viele, die das schafften, bezeuge ich der Landesvorsitzenden Susanne Hennig-Wellsow und dem Wahlkampfleiter Steffen Dittes meinen Respekt. Diese Klarheit und Offenheit war eine Grundlage für die große bundesweite Unterstützung aus der Partei, für die sich die Thüringer in der Stunde des Erfolges herzlich bedankten.
Versöhnen statt spalten, nach Johannes Rau, hat Ministerpräsident Bodo Ramelow als einen der Grundsätze seines Handelns genannt. Er muss und wird auf der Grundlage des Koalitionsvertrages agieren und zuerst die Interessen des Landes und aller in Thüringen lebenden Menschen vertreten. Dafür wird er nicht immer Beifall erhalten, auch aus unserer Partei nicht. Ich sage das nicht als eilfertige Prophylaxe oder Schwarzmalerei, aber schon mit Verweis darauf, dass Solidarität zuerst auf Vertrauen gründet und sich vor allem dann bewähren muss, wenn es schwierig wird oder auch mal knirscht. Eine solidarische Begleitung dieser Landesregierung muss keine unkritische sein, doch sollten wir unsere vielen klugen Ratschläge möglichst zurückhalten, bis sie aus Erfurt angefordert werden.
Ebenfalls im Zusammenhang mit der Regierungsbildung in Thüringen habe ich vor ein paar Wochen an dieser Stelle über Sekt und Multivitaminsaft geschrieben. Just am Tag der Erfurter Regierungsbildung trafen sich die Landes- und Fraktionsvorsitzenden der LINKEN wenige Kilometer von der Landeshauptstadt entfernt zu ihrer jährlichen Tagung in Elgersburg. Natürlich haben wir mit Sekt angestoßen (und das tags darauf mit Bodo Ramelow und Susanne Hennig-Wellsow wiederholt). Aber bei unseren Beratungen über die künftigen Aufgaben stand eben vor allem Fruchtsaft auf dem Tisch, denn für große Anstrengungen werden wir viel Kondition brauchen – in Thüringen und allerorten. Wir in der Bundestagsfraktion bleiben in erster Linie aufgefordert, uns der Großen Koalition entgegenzustellen und das inhaltliche Profil der Oppositionsführerin weiter auszubauen.
1997 wurde die „Erfurter Erklärung“ unterzeichnet. Angesichts der das Land lähmenden Kohl-Regierung wurde damals unter dem Motto „Aufstehen für eine andere Politik!“ zu einem Politik- und Regierungswechsel für mehr soziale Gerechtigkeit aufgerufen. Zu den Politikern, Künstlern, Wissenschaftlern und Kirchenleuten, die diese Erklärung auf den Weg brachten, zählte auch der Landesvorsitzende der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen Thüringen, Bodo Ramelow. Er setzt diesen Weg fort. Gemeinsam mit Politikerinnen und Politikern von SPD und Grünen will er Thüringen voranbringen: sozial, demokratisch und ökologisch. Ich drücke ihm die Daumen.