Regierung verschärft Vermögenskonzentration weiter - Umverteilung nicht geplant.
Heute wird im Bundestag der Gesetzentwurf zur Reform der Erbschaftsteuer abschließend debattiert. Rund ein Dreivierteljahr dauert die Behandlung bereits.
Ende gut - alles gut? Die schwarz-rote Erbschaftsteuerreform ist treffender mit »Einstieg in den Ausstieg« zu bezeichnen - der Sachverständigenrat monierte in seinem aktuellen Jahresgutachten, dass mit der Reform »Partikularinteressen« bedient werden. Weder wird das der Erbschaftsteuer eigene Potenzial zur Erzielung von Steuermehreinnahmen genutzt, noch das zu einer stärkeren Umverteilung großer Vermögen. So wurden seit 1999 rund 50 Milliarden €jährlich vererbt und verschenkt. Für die nächsten Jahre gehen Ökonomen von einem Erbvolumen bis zu 130 Milliarden pro Jahr aus. Trotzdem fristet die Erbschaftsteuer bezüglich ihres Aufkommens - rund vier Milliarden € jährlich - ein Schattendasein: Im Jahr 2007 lag ihr Anteil am Gesamtsteueraufkommen bei 0,8 Prozent.
Kritiker führen dies auch auf die hohen Freibeträge und geringen Steuersätze für nahe Verwandte zurück. Zur Zeit können hinterbliebene Ehegatten - inklusive dem Versorgungsfreibetrag - Vermögen bis in Höhe von insgesamt 563 000 und Kinder bis 205 000 Euro steuerfrei erben. Betriebsvermögen wird gesondert geschützt. Führt man sich vor Augen, dass rund zwei Drittel weniger als 200 000 Euro erben und sogar die Hälfte aller Erben nicht einmal 100 000 Euro, wird deutlich, warum auf nicht einmal zehn Prozent aller Nachlässe Erbschaftsteuer anfällt. Gerade diese hohen Freibeträge tragen zu einer enormen Vermögenskonzentration und der Konservierung vorhandener Verteilungsverhältnisse bei. Statistisch ist erwiesen, dass besonders Menschen mit ohnehin hohen Einkommen öfter und mehr erben.
Anlass der Reform war ursprünglich die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts, die unterschiedliche Behandlung der Vermögensarten abzuschaffen. Zukünftig wird für die Berechnung der Erbschaftssteuer grundsätzlich der gemeine Wert (Marktwert) zugrunde gelegt. Für die Regierung ist die Neubewertung der Vermögensarten jedoch willkommener Anlass, die Erbschaftsteuer weiter auszutrocknen: Die Freibeträge für hinterbliebene Ehegatten und Kinder werden um rund 200 000 Euro angehoben. Gleichzeitig erben diese selbstgenutzte Immobilien steuerfrei, das Betriebsvermögen wird durch großzügige Verschonungsregeln stärker privilegiert.
Ein hinterbliebener Ehegatte kann ab Januar 2009 einen Betrieb und Geldvermögen bis zu rund 4,5 Millionen, ein Kind bis zu 3,2 Millionen Euro steuerfrei erben. Die Immobilie gibt’s bei beiden Gruppen umsonst. Gerade hier ist die Bundesregierung auf Druck der CSU weit über das verfassungsrechtlich Gebotene hinausgegangen, das »durchschnittliche Gebrauchsvermögen« von Familien zu verschonen und »kleinere Vermögen« steuerfrei zu stellen. Der Durchschnittsbetrag, der in den vergangenen Jahren Erben zufloss, belief sich auf 65 000 Euro, nur 1,5 Prozent aller Erben erhielten mehr als 500 000 Euro.
Die Erbschaftsteuerreform ist ein falsches Signal. Sie führt dazu, dass das Vermögen in den Händen einiger Weniger noch weiter ansteigt. Gleichzeitig verwehrt sie der öffentlichen Hand Steuergelder, die diese benötigt, um die Schulden abzubauen, die durch Rettung diverser Bankhäuser und Konzerne entstanden sind und noch entstehen werden. Auch deshalb muss eine Erbschaftsteuerreform durch Abbau von Privilegien für bestimmte Erben und Vermögensarten, durch die Senkung von Freibeträgen und die Verschärfung des Tarifs für große Erbschaften auf eine Umverteilung und ein Mehr an Steuereinnahmen hinwirken.
Von Barbara Höll und Daniela Trochowski
Neues Deutschland, 27.November 2008
Ende gut, alles gut bei der Erbschaftssteuer?
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