Auf ihrer 1. Betriebsrätekonferenz am 29. November 2006 eröffnete DIE LINKE. den Dialog mit über 150 Betriebsrätinnen und Betriebsräten. Fraktionschef Oskar Lafontaine kritisierte die Politik der Bundesregierung, die den Interessen der Mehrheit der Bevölkerung entgegenstehe. Zu einer Demokratie gehöre das Recht auf Generalstreik, stellte er unter Beifall der Vertrerinnen und Vertretern der Belegschaften klar. Während der Betriebsratsvorsitzende der Hamburger Hafenbetriebe an den jüngsten Erfolg des politischen Streiks gegen die EU-Richtlinie Port-Package II erinnerte, machten mehrere Betriebsräte deutlich, dass man die Diskussion in den Gewerkschaften auf die Tagesordnung setzen wolle.
Auch Michael Schlecht, ver.di-Chefökonom forderte Gewerkschaften und Betriebsrätinnen und Betriebsräte auf, sich der politischen Auseinandersetzung zu stellen. Im Anschluss an die erfolgreichen Großdemonstrationen am 21. Oktober 2006, seien nun betriebliche Aktionen gegen den geplanten Abbau des Sozialstaates durch die Große Koalition notwendig.
Scharf kritisierte Schlecht die im Grundsatz falsche Beschäftigungspolitik der Regierung. Der von der Koalition als Schlüssel zur Lösung der Arbeitsmarktmisere angepriesene Niedriglohnsektor habe sich in der Realität als untauglich erwiesen: Über 7 Millionen Menschen arbeiten in Deutschland bereits zu Niedriglöhnen - bei gleich bleibend hoher Arbeitslosigkeit.
Er erneuerte die Forderung seiner Gewerkschaft ver.di nach einem gesetzlichen Mindestlohn von 7,50 € in der Stunde und wandte sich gegen die Einführung von Kombilöhnen. Schon die derzeitige Möglichkeit der Aufstockung von Niedriglöhnen durch ALG II würde von Unternehmen genutzt, um Lohnstandards weiter abzusenken.
Auch Janosch Mietle, Betriebsrat bei dem privaten Postdienstleister PIN-AG sprach sich für einen gesetzlichen Mindestlohn aus, weil die branchenüblichen Löhne zum Leben zu niedrig seien. Das Thema Niedriglöhne gehe alle an, war Tenor der Debatte. Um Lohndumping abzumildern sei ein gesetzlicher Mindestlohn dringend geboten.
Dass dies auch für Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer gelte, machte Martina Hopp, Betriebsrätin AutoVision, deutlich und plädierte dafür, deren Interessen ernst zu nehmen. Grundsätzlich dürfe Leiharbeit aber nicht im Normalbetrieb eingesetzt werden, sondern müsse dem Abbau von Auftragsspitzen vorbehalten bleiben. Einig war sie sich mit Sabine Marx, Betriebsrätin Infineon Dresden, dass reguläre Beschäftigung zunehmend durch Leiharbeit ersetzt werde und dabei dem Grundsatz „Gleiches Geld für gleiche Arbeit“ entgegenstehe. Dieser Missbrauch müsse eingedämmt werden, so Sabine Marx, die die Forderung nach einer Neugestaltung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes - gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der IG Metall - zuvor in einem offenen Brief an den Bundestag deutlich gemacht hatte.
Fraktionsvize Werner Dreibus hatte dazu im Vorfeld „Eckpunkte für eine sozial gerechte Regulierung von Leiharbeit“ formuliert und stellte diese, als einen Aspekt des Fraktionsschwerpunktes zur Bekämpfung prekärere Beschäftigung, zur Diskussion.
In Bezug auf die Probleme der Arbeit der Betriebsräte forderten die Anwesenden, die betriebliche Mitbestimmung auszuweiten. Beispielsweise biete das BetrVG in der bestehenden Form nur wenig Handhabe für den Betriebsrat auf die Ausgestaltung individueller Zielvereinbarungen Einfluss zu nehmen. Grundsätzlich müsse außerdem die Vereinfachung von Betriebsratswahlen auf die Agenda gesetzt werden.
Kritik wurde zudem an der Vergabepraxis der Öffentlichen Hand laut, die soziale Standards nicht berücksichtige. Gleichfalls müsste die weit verbreitete Praxis von Unternehmen unterbunden werden, staatliche Subventionen bei der Verlagerung von Unternehmensteilen in Anspruch zu nehmen.
Fraktionsinitiativen zu den angesprochenen Themen würden folgen, betonte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Klaus Ernst abschließend. Auch für die mehrfach geäußerte Forderung nach einer Fortführung des Dialoges mit Betriebsrätinnen und Betriebsräten sei er dankbar. Die prompte Umsetzung der formulierten politischen Ziele konnte er allerdings nicht versprechen. Um dem Sozialabbau Alternativen entgegen zu setzen sei ein langer Atem notwendig. Jede und jeder sei dabei aufgerufen, mitzuhelfen und die Gewerkschaften und die LINKE. zu stärken.
Dialog mit Fortsetzung
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