Ausschaltung der Parlamente bei CETA setzte Demokratie außer Kraft und wäre Wortbruch Gabriels
“Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Kommission dem Rat vorschlagen wird, neben der Unterzeichnung von CETA auch die vorläufige Anwendung des Abkommens zu beschließen”, heißt es im dreiseitigen schriftlichen Bericht des Bundesregierung zu CETA, den das Bundeswirtschaftsministerium am 15. März 2016 verfasst und dem Wirtschaftsausschuss des Bundestages vorgelegt hat. Im Klartext: Das zwischen der EU und Kanada geplante Freihandelsabkommen CETA soll in Kraft treten, ohne dass der Bundestag darüber überhaupt abstimmt. Das wäre nicht nur ein Wortbruch von SPD-Chef und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, sondern wohl auch rechtlich fragwürdig.
Gabriel hatte in der Vergangenheit stets betont, dass das Abkommen nur in Kraft treten dürfe, wenn die Parlamente aller EU-Mitgliedstaaten ihm zustimmen. “Jedenfalls werde ich keinem Abkommen im Handelsministerrat zustimmen - und mit Sicherheit auch das Parlament nicht -, wenn dabei etwas aufgegeben wird”, sagte er am 1. Oktober 2015 im Plenum des Bundestages. Das Parlament fordere, “wie ich finde zu Recht -, dass am Ende das Parlament über dieses Handelsabkommen abstimmen muss”, so Gabriel.
Nun will aber die EU-Kommission offensichtlich das CETA-Abkommen ohne die Zustimmung der nationalen Parlamente einführen. Durch einen Beschluss des Rates zur vorläufigen Anwendung soll selbst der umstrittene Investorenschutz in Kraft treten - bevor nationale Parlamente darüber abstimmen konnten. Unklar ist, ob die EU CETA überhaupt als gemischtes Abkommen betrachtet, das auch Themen behandelt, die im Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten liegen - nur dann würden überhaupt die nationalen Parlamente beteiligt werden.
Im erwähnten Sachstandsbericht aus Gabriels Ministerium heißt es: “Handelskommissarin Malmström hat im Gespräch mit dem Wirtschaftsausschuss des Bundestages am 14. Januar erneut darauf hingewiesen, dass die Kommission sich zu der Rechtsfrage, ob es sich bei CETA um ein gemischtes Abkommen handelt, erst mit der Vorlage ihres Vorschlags für die Unterzeichnung und ggf. der vorläufigen Anwendung des Abkommens an den Rat positionieren wird.”
Klaus Ernst fordert: „Die Bundesregierung muss CETA ablehnen, vor allem aber sich einer vorläufigen Anwendung widersetzen. Eine solche würde die Mitwirkungsmöglichkeiten nicht nur des Bundestages und Bundesrates faktisch aushebeln, sondern durch die Ausschaltung nationaler Parlamente die Demokratie außer Kraft setzen.”
Der EU-Ministerrat wird CETA voraussichtlich im Oktober 2016 verabschieden. “CETA und TTIP sind keine Handelsabkommen wie alle anderen. Zigtausende von Bürgern, eine Vielzahl von Organisationen und Verbänden haben sich gegen TTIP und CETA ausgesprochen und erwarten eine demokratische Mitwirkungsmöglichkeit der nationalen Abgeordneten. Wenn zu geheimen Mauscheleien bei diesen Abkommen auch noch Ausschaltung nationaler Parlamente kommt, braucht man sich nicht wundern, dass sich die Bürger Europas von dieser EU abwenden. Es wäre ein politischer Skandal”, kritisiert Klaus Ernst.
Auch Fraktionsvorsitzender Dietmar Bartsch hält es für inakzeptabel, “dass die Bundesregierung so mit dem Parlament umgeht”. Der eigentliche Skandal sei, “dass die Abgeordneten von CDU/CSU und SPD das mit sich machen lassen. Ich lade sie herzlich ein, mit den Grünen und uns gemeinsam eine umgehende und umfassende Beteiligung des Parlaments durchzusetzen”, so Bartsch.