Mehr Betriebsratswahlen, mehr Schutz! Damit es wieder mehr Betriebsräte in Deutschland gibt, muss vor allem – aber nicht nur – die erstmalige Wahl eines Betriebsrats gefördert und geschützt werden. Darum geht es im ersten Teil unseres Mitbestimmungskonzepts, dessen Langfassung hier als PDF heruntergeladen werden kann.
Nur in acht Prozent der Betriebe, die die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Betriebsrat erfüllen, gibt es auch einen (Stand 2020). Das ist entschieden zu wenig. Viele Beschäftigte wissen gar nicht, dass sie jederzeit das Recht haben, einen Betriebsrat zu errichten. Das wollen wir ändern, indem Arbeitgeber einmal im Jahr eine Informationsveranstaltung zu den Rechten und Pflichten nach dem Betriebsverfassungsgesetz durchführen müssen und der Belegschaft anschließend die Möglichkeit zur unbehelligten Aussprache und geheimen Wahl eines Wahlvorstandes gegeben wird. Sollte die Wahl eines Wahlvorstandes scheitern, der Arbeitgeber seiner Pflicht zur Einladung nicht nachkommen oder andere dringende Gründe dafür sprechen, sollen drei wahlberechtigte Arbeitnehmer*innen die direkte Einsetzung eines Betriebsrats beim Arbeitsgericht beantragen können.
Gleichzeitig versuchen manche Arbeitgeber, Betriebsratsgründungen oder die Betriebsratstätigkeit zu behindern. Auch hier braucht es Reformen:
Vorfeldinitiatior*innen brauchen einen umfassenden Kündigungsschutz, so dass mögliche Einschüchterungsversuche durch den Arbeitgeber nicht fruchten.
Um die Arbeitsfähigkeit des Betriebsrats zu stärken – auch angesichts der gewachsenen Herausforderungen durch prekäre Beschäftigungsformen, Globalisierung oder Digitalisierung –, fordern wir unter anderem, dass Betriebsräte grundsätzlich zu jedem Thema eigenständig externen Sachverstand hinzuziehen dürfen. Der Arbeitgeber kann innerhalb von zwei Wochen widersprechen, dann entscheidet die Einigungsstelle. Auch soll das Recht von Betriebsratsmitgliedern auf Befreiung von der beruflichen Tätigkeit gestärkt werden. Der Arbeitgeber muss bei Zweifeln an der Erforderlichkeit in der Beweispflicht sein. Befristete Betriebsratsmitglieder sollen einen Anspruch auf Entfristung haben, wenn sie dies spätestens drei Monate vor Auslaufen des Vertrages schriftlich verlangen.
Weil Arbeitgeber immer wieder vorsätzlich Informations-, Beratungs- und Mitbestimmungsrechte von Betriebsräten missachten und diese ihre Rechte dann mühsam vor Arbeitsgerichten durchsetzen müssen, soll die Rechtsdurchsetzung erleichtert und beschleunigt werden. So soll der Betriebsrat bei einer Verhandlung vor dem Arbeitsgericht auf einen Gütetermin verzichten und direkt einen Kammertermin verlangen können. Gerichtliche Instanz-Entscheidungen sollen vorläufig vollstreckbar gemacht werden, um arbeitgeberseitige Verzögerungstaktiken mittels langwieriger Ausschöpfung aller Instanzen zu verhindern; und mehr Entscheidungen - wie zum Beispiel über Sachverstand, Freistellung und Sachmittel – sollen über die Einigungsstelle laufen, welche deutlich schneller entscheiden kann als das Arbeitsgericht.
Nicht zuletzt muss es ein Ende haben, dass Verletzungen der Regelungen aus dem Betriebsverfassungsgesetz kaum Sanktionen nach sich ziehen. Es braucht Schwerpunktstaatsanwaltschaften, höhere Strafen und ein Melderegister, welches neben Verlauf und Ergebnis von Betriebsratswahlen diesbezügliche Behinderungen, Manipulationen und Beeinflussungen erfasst.